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26.05.2025 15:16

100 Referenzpersonen für schulisches Handeln im Kontext sexuellen Kindesmissbrauchs ausgebildet

Juliane Groß Hochschulkommunikation
Europa-Universität Flensburg

    Für junge Menschen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind, können Lehrkräfte zu potenziellen Ansprechpartner*innen werden. An der Europa-Universität Flensburg (EUF) wurde eine Zusatzausbildung entwickelt, die Expertise und ein Unterstützungsnetzwerk an die Hand gibt. Schon 100 Referenzpersonen haben sie abgeschlossen.

    Im Jahr 2024 wurden in Deutschland rund 18.100 Kinder unter 14 Jahren Opfer von polizeilich erfasstem sexuellem Missbrauch. Kinder und Jugendliche verbringen viel Zeit in der Schule, hier knüpfen sie soziale Beziehungen mit Mitschüler*innen und Lehrkräften. Letzteren fehlt teilweise die Handlungssicherheit, wenn Schüler*innen sich ihnen anvertrauen. Die Entwicklung eines Präventions- und Interventionskonzepts (kurz: Schutzkonzept) zum Schutz des Kindeswohls, die im schleswig-holsteinischen Schulgesetz inzwischen vorgesehen ist, stellt die Schulen zusätzlich vor eine anspruchsvolle Aufgabe. Beiden Herausforderungen begegnet eine an der EUF entwickelte Ausbildung.

    Lehrkräfte mit Auftrag im Kinderschutz
    Diese Herausforderungen nehmen Wissenschaftler*innen im Rahmen eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts in den Blick. Die Zusatzausbildung zur Referenzperson ist dabei in Zusammenarbeit mit Fachkräften aus Schule, Kinderschutz und Strafverfolgung an der Europa-Universität Flensburg entwickelt worden. „Wir halten es für sinnvoll, dass jede Schule ein bis zwei entsprechend fortgebildete Fachkräfte haben sollte, die über Expertise im Umgang mit Verdachtsfällen auf sexuelle Gewalt verfügen.“, erklärt Prof. Dr. Simone Pülschen, Leiterin der Nachwuchsforschungsgruppe, die das Konzept der Ausbildung entwickelt hat, „Diese Referenzpersonen sollen die schulische Schutzkonzeptentwicklung gemeinsam mit einer Fachberatungsstelle und der Schulleitung unterstützen, Kontakte zum regionalen Netzwerk im Kinderschutz pflegen und über Expertise zu möglichen Handlungsschritten im Verdachtsfall auf sexuelle Gewalt und dem Einleiten einer Intervention im Kinderschutz verfügen.“

    Netzwerke im Kinderschutz unterstützen Schulen und Lehrkräfte
    Die Zusatzausbildung zur Referenzperson richtet sich an Studierende und Lehrkräfte aller Lehrämter und steht weiteren Fachkräften im Kinderschutz (bspw. Schulpsycholog*innen und Schulsozialarbeiter*innen) ebenfalls offen. Mittlerweile wurden 100 Fachkräfte, die Hälfte davon Lehramtsstudierende der EUF, zur Referenzperson ausgebildet. Um ihnen Handlungssicherheit zu bieten, haben sie zum Ende der Ausbildung die Möglichkeit, sich mit Fachkräften im Kinderschutz aus der Region zu vernetzen. Dabei wird das Projektteam von einem regionalen Expertennetzwerk unterstützt. Mit dabei sind:
    - Pro Familia Flensburg (Wagemut, Löwenherz, Männerberatung, Childhood-Haus)
    - PETZE Institut für Gewaltprävention
    - Allgemeiner Sozialer Dienst Flensburg, Stadt Flensburg
    - Beratung zum Kinderschutz, Fachbereich Jugend, Stadt Flensburg
    - Zentralstelle Polizeiliche Prävention des Landespolizeiamts
    - Anlaufstelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen, Der Kinderschutzbund, Region Schleswig e. V.
    - Betroffenennetzwerk Sexueller Missbrauch S-H BLINKFÜÜR
    Sie unterstützen die Ausbildung nicht nur mit fachlichem Input, sondern stellen sich den Referenzpersonen auch vor, um so direkt ein Netzwerk der Unterstützung im Verdachtsfall zu etablieren.

    Neue Ausbildungsgruppe ab Herbst 2025 und Trainer*innenschulung ab Frühjahr 2026
    Im Rahmen des Projekts wird die Zusatzausbildung stetig weiterentwickelt. So begleiten die Forschenden einige der Referenzpersonen über ein Jahr hinweg bei der Schutzkonzeptentwicklung in ihren Schulen und überführen aus den Erfahrungen weitere Handlungsempfehlungen in die Ausbildung. Im Herbst 2025 besteht erneut die Möglichkeit, an der Zusatzausbildung teilzunehmen.
    Um die Ausbildung auch an anderen Standorten anbieten zu können, ist die Weitergabe der im Projekt entwickelten Ausbildungsmaterialien geplant. 2026 sollen dann Fachkräften im Kinderschutz und fachlich vorqualifizierte Hochschuldozierenden als Trainer*innen ausgebildet werden, um die Ausbildung auch überregional zu ermöglichen. So können zukünftig noch mehr Schulgemeinschaften von den qualifizierten Referenzpersonen profitieren.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Simone Pülschen
    Juniorprofessur für Pädagogik und interdisziplinäre Kooperation im Kontext sexueller Gewalt
    Tel. 0461 805 2056
    Mail: simone.puelschen@uni-flensburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Pädagogik / Bildung
    regional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Schule und Wissenschaft
    Deutsch


     

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