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Wissenschaft
Am 4. Oktober 2021 kam es für rund sechs Stunden zu einem weltweiten Ausfall aller Dienste des Tech-Konzerns Meta, zu dem unter anderem auch WhatsApp, Instagram und Facebook gehören. Eine aktuelle Studie des ZEW Mannheim analysiert auf Basis hochauflösender Verhaltensdaten für die USA und Spanien erstmals umfassend, wie sich das digitale Nutzungsverhalten während und nach dem Ausfall veränderte. Die Ergebnisse der Studie geben Hinweise auf Verbesserungspotenzial für die Umsetzung des Digital Markets Act (DMA) der EU sowie anderer ähnlich gelagerter Regulierungsvorhaben.
„Für die Umsetzung des DMA hat die Europäische Kommission die Dienste großer Plattformunternehmen nach Ihrer Funktionalität kategorisiert. Beispielsweise werden Facebook und Instagram als soziale Netzwerke und Youtube als Videodienst eingeordnet. Die EU sieht den Wettbewerb zwischen den Plattformunternehmen maßgeblich innerhalb dieser Kategorien. Unsere Studie zeigt nun, dass Nutzerinnen und Nutzer die ausgefallenen Meta-Services aber durch andere Dienste und Anbieter über diese Kategoriegrenzen hinweg ersetzten. Die gezogenen Abgrenzungen stimmen also nicht zwingend mit der Lebensrealität der Verbraucherinnen und Verbraucher überein. Die Marktabgrenzungen sollten in dieser Form kritisch hinterfragt werden“, erklärt Dr. Dominik Rehse, Ko-Studienautor und Leiter der ZEW-Nachwuchsforschungsgruppe „Design digitaler Märkte“.
„Unsere Untersuchung ist eine Fallstudie, die detaillierte Einblicke in das Nutzerverhalten erlaubt. Für belastbare Aussagen zur langfristigen Ersetzbarkeit digitaler Dienste braucht es jedoch weitere Daten und systematische Analysen vergleichbarer exogener Schocks. Das erfordert weitere Forschung“, ergänzt Sebastian Valet, Ko-Autor aus derselben Nachwuchsforschungsgruppe.
Verhaltensreaktionen fallen unterschiedlich aus
Die Studie belegt, dass viele Nutzer/innen während des Meta-Ausfalls zu anderen Angeboten wechselten. Dazu zählten nicht nur andere Messaging-Dienste und soziale Medien, sondern auch Streaming-Dienste und E-Mail-Anwendungen sowie traditionelle Telefonate. Auch zwischen verschiedenen Altersgruppen gab es klare Unterschiede: Jüngere Nutzer/innen der Meta-Dienste tendierten dazu, intensiver auf Alternativen umzusteigen. Dabei wählten sie teilweise auch andere Dienste als ältere Nutzer/innen.
Zu Beginn des Ausfalls nutzten viele Menschen ihre Endgeräte auch insgesamt weniger: Insbesondere in den USA war in den ersten Stunden deutlich weniger digitale Aktivität zu beobachten als zu erwarten gewesen wäre. Erst im weiteren Verlauf des Ausfalls kam es verstärkt zur Nutzung alternativer Dienste.
In Spanien fiel die Nutzungsverlagerung nicht nur stärker, sondern auch vielfältiger aus. Während in den USA von Meta überwiegend auf andere soziale Medien und Messenger-Dienste ausgewichen wurde, zeigt sich in Spanien zusätzlich eine erhöhte Nutzung von Streaming-Diensten und klassischeren Kommunikationskanälen wie E-Mails oder Telefonate.
„Die unterschiedlich ausfallenden Verhaltensreaktionen deuten darauf hin, dass einheitliche Marktabgrenzungen entlang üblicher Dienstkategorien sowohl innerhalb und als auch zwischen den Ländern zu kurz greifen. Künftige Regulierungsansätze sollten die Zusammensetzung der Nutzergruppen eines Dienstes stärker berücksichtigen“, sagt Valet.
Über den DMA
Der Digital Markets Act ist ein EU-Gesetz, das große Online-Plattformen wie Google, Apple oder Meta verpflichtet, fairen Wettbewerb zu ermöglichen und ihre Marktmacht nicht zu missbrauchen. Große Plattformen dürfen z. B. eigene Dienste nicht bevorzugen. Die dort definierten Marktabgrenzungen sind grundlegend in der Betrachtung, welche Dienste miteinander in Konkurrenz stehen. Ziel des DMA ist es, die Kontrolle über digitale Märkte stärker im Sinne von Innovation, Verbraucherrechten und fairem Wettbewerb zu regulieren. International ähnliche Vorhaben gibt es beispielsweise im Vereinigten Königreich mit dem „Digital Markets, Competition and Consumers Act“ sowie in den Vereinigten Staaten mit dem „American Innovation and Choice Online Act“ und dem „Open App Markets Act“.
Dr. Dominik Rehse
Leiter ZEW-Nachwuchsforschungsgruppe „Design digitaler Märkte“
Tel.: +49 (0)621 1235-378
E-Mail: Dominik.Rehse@zew.de
Sebastian Valet
Wissenschaftler in der ZEW-Nachwuchsforschungsgruppe „Design digitaler Märkte“
Tel.: +49 (0)621 1235-357
E-Mail: Sebastian.Valet@zew.de
https://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp25015.pdf
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter
Informationstechnik, Politik, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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