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25.06.2025 15:19

Elektroaktive Polymere zum Heizen und Kühlen

Andrea Schneidewendt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP

    Elektroaktive Polymere reagieren auf Kräfte, Verformungen und Temperaturänderungen mit elektrischen Signalen. Auch können sie sich unter elektrischen Spannungen verformen oder ihre Temperatur ändern. Gezielte Temperaturänderungen sind dabei besonders interessant für Heiz- und Kühlsysteme. Elektrokalorische Polymere sind der Schlüssel dazu. Forschende am Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP entwickeln elektrokalorische Materialien und deren Prozessierung zu funktionalen Komponenten. Als Herzstück eines optimierten Gesamtsystems sind sie eine wichtige Grundlage für die Entwicklung effizienter und kompakter Heiz- und Kühlsystemen, die ohne schädliche Kältemittel auskommen.

    Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Fraunhofer IAP haben elektrokalorische Polymerfolien mit einer sehr geringen Dicke von nur vier Mikrometern entwickelt und zu mehrlagigen Komponenten verarbeitet. In Zukunft sollen sie in unterschiedlichen Systemen zum Heizen und Kühlen eingesetzt werden. Zum Beispiel in Wärmepumpen zur Temperierung von Fahrzeuginnenräumen, Batteriemodulen, elektronischen Komponenten, Schaltschränken oder Lasersystemen. »Geringe Schichtdicken sind entscheidend dafür, die elektrokalorischen Systeme schon mit Spannungen weit unterhalb von einem Kilovolt betreiben zu können.«, erklärt Dr. Michael Wegener, Leiter der Abteilung »Sensoren und Aktoren« am Fraunhofer IAP. Zusammen mit seinem Team entwickelt und verbessert er verschiedene elektroaktive Polymere – kurz EAP – für vielfältige Einsatzbereiche. Zum Beispiel als elektromechanische Sensoren und Aktoren für Anwendungen in der Soft Robotik, in der Automatisierung, als Schall- und Schwingungsdetektoren, als Ultraschallwandler, als pyroelektrische Schichten für Infrarot-Sensoren oder eben auch als elektrokalorische Materialien für das Heizen und Kühlen.

    Elektrokalorische Polymere: Die Temperaturwandler unter den elektroaktiven Materialien

    Elektrokalorische Polymere reagieren auf elektrische Spannungsänderungen mit Temperaturänderungen: So führt das plötzliche Anlegen eines elektrischen Felds zu einer bestimmten, sprunghaften Erhöhung der Temperatur, die umso größer ausfällt, je größer die Änderung des elektrischen Felds ist. Der Grund sind polare Strukturen im Material, die mit dem elektrischen Feld in eine geordnete Ausrichtung gezwungen werden und dabei Energie abgeben. Umgekehrt nehmen sie Energie wieder auf, sobald das elektrische Feld abgeschaltet wird. Das Material kühlt dabei im gleichen Maß sprunghaft ab. Für den technischen Einsatz elektrokalorischer Materialien in Heiz- und Kühlsystemen müssen diese Prozesse hochfrequent wiederholt und so gesteuert werden, dass das Erwärmen und Erkalten in verschiedenen Umgebungen stattfindet. Erst dadurch entsteht eine Wärmepumpe mit nutzbaren, dauerhaft warmen und kalten Bereichen. Für eine hohe elektrokalorische Leistung sind mehrere Eigenschaften des Materials entscheidend, unter anderem eine große Änderung der elektrischen Polarisation, eine hohe dielektrische Festigkeit, geringe thermische Verluste und eine gute mechanische Stabilität.

    Materialentwicklung: Maßgeschneiderte Lösungen für elektrokalorische Anwendungen

    Die Forschenden am Fraunhofer IAP verbessern gezielt die Eigenschaften der elektrokalorischen Materialien und passen die daraus entwickelten Komponenten speziell für individuelle Anwendungen an. Im Fokus stehen dabei chemische und physikalische Modifikationen an PVDF-Terpolymeren sowie die Entwicklung von Komponenten, die aus mehreren Lagen dünner elektrokalorischer Polymerfolien bestehen und für möglichst hohe Temperaturänderungen optimiert sind.

    Hochpräzise Dünnschichttechnologie: Der Schlüssel zur Effizienz

    Elektroaktive Polymere stellen hohe Anforderungen an die Dünnschichtprozessierung sowie an den Aufbau von Mehrlagensystemen. Herausforderungen sind insbesondere die Homogenität der Polymerfolien und das Beibehalten hoher elektrischer Spannungsfestigkeiten sowie der gewünschten Funktionseigenschaften – hier der großen Temperaturänderungen. »Zuerst optimieren wir die Werkstoffe durch chemische Veränderungen, thermische oder strahlungsinduzierte Nachbehandlung oder das Hinzufügen von Füllstoffen. Danach entwickeln wir spezielle Fertigungsmethoden wie Rakel-, Beschichtungs- oder Druckprozesse und optimieren die Herstellungsparameter, um die dünnen Folien mit den gewünschten Eigenschaften herzustellen. Im letzten Schritt konzentrieren wir uns darauf, weitere Verfahren zu optimieren, beispielsweise das mechanische Verstrecken der Folien oder das Auftragen von Elektrodensystemen mit geeigneten thermischen Eigenschaften«, fasst Wegener die Entwicklungsphasen für die elektrokalorischen Polymerfolien zusammen.

    Stapelprozesse: Mehrlagige Strukturen für effiziente Heiz- und Kühlanwendungen

    Ein wesentlicher Aspekt ist das Stapeln der Einzelfolien zu mehrlagigen Strukturen, den sogenannten Komponenten. Das Übereinanderschichten mehrerer Folien mit zwischenliegenden Elektroden erhöht die Menge an elektrokalorischem Polymer, welches mit dem elektrischen Feld interagiert, ohne dass dabei die benötigte Betriebsspannung steigt. Ein derartiger Aufbau sowie der Einsatz vieler solcher Komponenten liefert die geeignete thermische Masse, um die elektrokalorischen Polymere in Heiz- und Kühlsystemen effizient zu nutzen.

    Elektrokalorik: Innovative Technologie im Fokus

    Die neu entwickelten elektrokalorischen Polymerfolien und Komponenten sind das Ergebnis des Fraunhofer-Leitprojekts Elektrokalorische Wärmepumpen (ElKaWe). In diesem Projekt arbeiteten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von sechs Fraunhofer-Instituten zusammen, um innovative polymerbasierte und keramische elektrokalorische Materialien sowie leistungsstarke Ansteuerungselektronik zu entwickeln. Wärmepumpen, die auf elektrokalorischen Materialien basieren, bieten das Potenzial, eine umweltfreundlichere und effizientere Lösung zum Heizen und Kühlen zu werden und herkömmliche Systeme zu ersetzen, welche Kompressoren und klimaschädliche Kältemittel verwenden.


    Weitere Informationen:

    https://www.iap.fraunhofer.de/de/jahresbericht/jahresbericht-2024/polymere-fuer-... Nachhaltig Kühlen und Heizen: die Kraft innovativer Materialien Interview mit Dr. Michael Wegener über die Hintergründe des Projekts ElKaWe und die Fortschritte seiner Forschung.


    Bilder

    Elektrokalorische Polymerfolie mit geringer Schichtdicke für den Aufbau von Heiz- und Kühlelementen
    Elektrokalorische Polymerfolie mit geringer Schichtdicke für den Aufbau von Heiz- und Kühlelementen

    Copyright: © Fraunhofer IAP


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Chemie, Elektrotechnik, Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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