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06.08.2025 10:50

EU-Bio-Siegel: Besser, wenn „Bio“ draufsteht

Johannes Seiler Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Um Kaufentscheidungen positiv zu beeinflussen, sollten Nachhaltigkeitslabels ein klares Signal setzen und nicht abstrakt sein. Am Beispiel des „Green Leaf“, des Bio-Siegels der EU, zeigen Wissenschaftlerinnen der Universitäten Bonn, Newcastle (Großbritannien) und Corvinus (Ungarn), dass einfache Änderungen des Designs die Unsicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher verringert, ihr Vertrauen in die Produkte stärkt und damit die Kaufbereitschaft erhöht. Das auf zwei Studien basierende Paper wird im Wissenschaftsjournal „Agribusiness“ veröffentlicht; es ist bereits vorab online zugänglich.

    Die Kennzeichnung nachhaltiger Lebensmittel – etwa mit Bio-, Fair-Trade- oder Tierschutz-Labeln – soll Verbraucherinnen und Verbrauchern die Sicherheit geben, dass Produkte bestimmten sozialen und ökologischen Standards entsprechen. „Viele Label erfüllen diesen Zweck jedoch nicht, weil sie entweder keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, nicht klar genug sind oder sogar irritieren“, sagt Prof. Dr. Monika Hartmann, Leiterin der Abteilung Marktforschung der Agrar- und Ernährungswissenschaft an der Uni Bonn.

    Ein Beispiel dafür ist das Bio-Siegel der EU, auch als „Green Leaf“ bekannt. Es wurde 2010 eingeführt, um einen europäischen Binnenmarkt für zertifizierte Bioprodukte zu schaffen. Obwohl es im Gegensatz zu nationalen Logos für Bioprodukte verpflichtend ist, kennen einer Erhebung aus dem Jahr 2024 zufolge gerade einmal 56 Prozent der EU-Bevölkerung das EU-Bio-Label. Und nur 45 Prozent wissen, dass es die Einhaltung der EU-Bio-Richtlinien bedeutet.

    Studie in 7 Ländern: Schaffen Design-Änderungen mehr Klarheit?

    Gemeinsam untersuchten Forschende der Universitäten Bonn, Newcastle und Corvinus, ob geringe Änderungen am Design die Botschaft und Wirkung des Labels verstärken können. Dafür haben die Forschenden in das grüne, von Sternen umrahmte Blatt je nach Sprachraum den Schriftzug „BIO“ bzw. „ECO“ eingefügt, in einer zweiten Variante obendrein ergänzt um die Information „EU-zertifiziert“. Drei Gruppen mit insgesamt 9500 Testpersonen in sieben EU-Ländern bekamen entweder das originale Logo oder eine der modifizierten Varianten vorgelegt. Die Probanden sollten bewerten, ob sie das jeweilige Logo verständlich und vertrauenswürdig finden und ob es ihnen dabei hilft, eine fundierte Entscheidung zu treffen.

    Das Ergebnis: In allen untersuchten Ländern haben die Befragten die beiden modifizierten Label im Vergleich zum originalen Logo als klarer, verständlicher, vertrauenswürdiger und hilfreicher bewertet. „Interessanterweise hat der Zusatz ‚EU-zertifiziert‘ keinen zusätzlichen Effekt gezeigt“, sagt Monika Hartmann. „Offenbar fehlt es dem ursprünglichen Logo vor allem an dem eindeutigen Signal, dass es sich um ein Bio-Label handelt.“

    Studie in Deutschland: Was sind die Gründe für die Bewertung?

    In einer zweiten Studie mit rund 500 Menschen aus Deutschland untersuchten die Forschenden die Mechanismen hinter der besseren Wahrnehmung der modifizierten Label. Sie stellten den Teilnehmenden zusätzliche Fragen zu Verständlichkeit, Unsicherheit, Vertrauen und Verhaltensabsichten. „Wir konnten zeigen, dass die Signalklarheit deutlich zugenommen hat“, erklärt Monika Hartmann, die auch Mitglied im Transdisziplinären Forschungsbereich (TRA) „Sustainable Futures“ der Uni Bonn ist. „Fast 90 Prozent ordnen das um ‚BIO‘ bzw. ‚ECO‘ ergänzte Logo eindeutig Bioprodukten zu. Das originale EU-Logo hingegen identifizieren weniger als 70 Prozent korrekt.“ Signifikant besser schnitt das neue Label auch bei der Verringerung der Unsicherheit und bei der Stärkung des Vertrauens ab. Ein direkter signifikanter Effekt der Label-Modifikation auf die Kaufabsicht ließ sich nicht nachweisen. Die Ergebnisse zeigen jedoch einen indirekten signifikanten Effekt über die Verringerung von Unsicherheit und den Anstieg des Vertrauens.

    Effekt mit geringem Aufwand

    Die Forschenden ziehen aus den Ergebnissen der Studie den Schluss, dass Labels für nachhaltig erzeugte Produkte besser verständlich sein müssen, um Verbraucherinnen und Verbrauchern bei ihrer Kaufentscheidung unterstützen zu können. Ist dies nicht der Fall, biete die Modifikation eines Labels hin zu größerer Klarheit eine vergleichsweise einfache und kostengünstige Möglichkeit, nachhaltiges Konsumverhalten zu fördern.

    Beteiligte Institutionen und Förderung

    An der Studie waren neben der Universität Bonn die Newcastle University in England sowie die Universität Corvinus in Ungarn beteiligt. Die Studie wurde durch das Horizon 2020-Programm der Europäischen Union gefördert.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Monika Hartmann
    Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik
    TRA „Sustainable Futures“
    Universität Bonn
    Tel. +49 228 73-3537
    E-Mail: monika.hartmann@ilr.uni-bonn.de


    Originalpublikation:

    Monika Hartmann, Ching-Hua Yeh, Matthew Gorton, Barbara Tocco, Áron Török: “Enhancing Sustainability Label Effectiveness Through Logo Design Modification: An Analysis of the EU Green Leaf Logo”. Agribusiness, 2025, https://doi.org/10.1002/agr.70013


    Weitere Informationen:

    https://www.strength2food.eu/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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