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In Krisen stehen Rat und Verwaltung unter besonderem Druck. Ein neues Difu-Policy-Paper zeigt Erfahrungen der Kommunen aus der Pandemiebewältigung auf und gibt Handlungsempfehlungen für ein angepasstes Krisenmanagement.
Berlin. Eine Analyse des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) zeigt, dass Kommunalverwaltungen sich bei der Bewältigung der COVID-19-Pandemie – als eine lang andauernde und alle gesellschaftlichen Bereiche umfassende Krise – widerstands- und anpassungsfähig erwiesen haben. Ämterübergreifende Kooperationen und transparente Aufgabenpriorisierungen entlasten Mitarbeitende, und die gezielte Nutzung etablierter Quartiersstrukturen sichert zugleich die Versorgung vulnerabler Gruppen.
„Die Pandemie hat die Strukturen und Abläufe der Kommunen strapaziert und sie teils sogar ausgehebelt. Und die Krise hat sich gerade nicht – wie vielfach erhofft – als Chance für eine nachhaltige Stadtentwicklung erwiesen“, kommentiert Difu-Projektleiter Jan Hendrik Trapp die Ergebnisse. „Unsere Analyse zeigt aber gleichzeitig, dass die Kommunen in der Krise innovative Maßnahmen entwickeln konnten. So sammelten sie wertvolle Erfahrungen, um ihre Handlungs- und Durchhaltefähigkeit in lang andauernden, intensiven und komplexen Lagen zu steigern. Das wird ihnen auch in Zukunft helfen.“
„Die lokale Ebene hat in Deutschland eine überaus wichtige, aber zugleich eingeschränkte Rolle im Bevölkerungsschutz. Denn das kommunale Krisenmanagement ist bisher eher auf die schnelle Bewältigung von zeitlich und räumlich begrenzten Herausforderungen ausgelegt. Vor diesem Hintergrund gab es vielerorts bemerkenswerte und innovative Anpassungen, die auch länger anhaltende Szenarien berücksichtigen,“ so Difu-Wissenschaftler Lawrence Schätzle.
Im Personalmanagement entwickelten beispielsweise die Städte München und Kiel unabhängig voneinander Wege, um Mitarbeitende vorübergehend in verschiedenen Abteilungen einzusetzen und so Belastungsspitzen schnell und effizient abzubauen. In Essen, Dortmund und zahlreichen anderen Kommunen bearbeitete die Verwaltung komplexe Themen in flexiblen Koordinationsformaten, um die klassischen Krisenstäbe über die lange Dauer der Pandemie zu entlasten und zu ergänzen. In Mülheim an der Ruhr wurde die psychosoziale Verfassung der Bevölkerung als fester Bestandteil des Krisenmanagements erfasst und bei der Umsetzung von Maßnahmen berücksichtigt, während Augsburg die Bevölkerung über einen Bürgerbeirat aktiv in die Ausgestaltung des Pandemiemanagements einband.
Schätzle: „Viele dieser Anpassungen können mit Blick auf die Pandemie als Erfolgsgeschichte gesehen werden. Allerdings darf der hochintensive Krisenmodus kein Dauerzustand für das Verwaltungshandeln werden. Kommunen müssen andere Wege finden, um mit Belastungen über längere Zeiträume umzugehen.“
Die Untersuchung zeigt, dass Krisenmanagement als dauerhafter Prozess in die Verwaltungsstrukturen integriert sein muss. „Ein möglicher Weg besteht darin, Krisenmanagement und Verwaltungshandeln nicht als getrennte Arbeitsweisen, sondern als sich gegenseitig stützende und stärkende Komponenten der kommunalen Aufgabenerfüllung umzusetzen“, so Jan Hendrik Trapp. Dazu gehören etwa der Aufbau flexibler Instrumente der Personaldisposition, klare Priorisierungskriterien für Verwaltungsaufgaben und die Sensibilisierung der Verwaltungsmitarbeiter:innen als Teil einer Kritischen Infrastruktur.
Ein ebenfalls häufig genutztes Instrument war der verstärkte Auf- und Ausbau von Kooperationsnetzwerken zwischen der Verwaltung, externen Organisationen und der Stadtbevölkerung, um Bevölkerungsgruppen gezielt ansprechen und versorgen zu können. So konnten Kommunen, die in ihren Quartieren bereits vertrauensvolle Netzwerke pflegten, gerade auch sozial benachteiligte Menschen mit ihren Maßnahmen erreichen und beispielsweise Impfkampagnen umsetzen.
Das Difu-Policy-Paper präsentiert eine Auswahl der innovativen Anpassungen im krisenbezogenen Verwaltungshandeln und wagt einen Ausblick, wie sie sich in die zukünftige Landschaft des kommunalen Krisenmanagements einbetten lassen. Die Ergebnisse basieren auf zwei Forschungsvorhaben, die durch das vormalige Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurden. Die Difu-Veröffentlichung richtet sich vorrangig an kommunale Entscheidungsträger:innen in Rat und Verwaltung und bietet praxisnahe Empfehlungen und Beispiele, wie sich Verwaltungen auf künftige Ausnahmesituationen vorbereiten und ihre Routineabläufe nachhaltig verbessern können.
Der Text ist selbstverständlich frei zur Weiternutzung. Über einen Veröffentlichungshinweis an pressestelle@difu.de würden wir uns sehr freuen.
Kurzinfo: Deutsches Institut für Urbanistik
Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist als größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Ob Stadt- und Regionalentwicklung, kommunale Wirtschaft, Städtebau, soziale Themen, Umwelt, Verkehr, Kultur, Recht, Verwaltungsthemen oder Kommunalfinanzen: Das 1973 gegründete unabhängige Berliner Institut – mit einem weiteren Standort in Köln – bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Ebene praxisnah mit allen Aufgaben, die Kommunen heute und in Zukunft zu bewältigen haben. Der Verein für Kommunalwissenschaften e.V. ist alleiniger Gesellschafter des in der Form einer gemeinnützigen GmbH geführten Forschungsinstituts.
Dipl.-Soz. Jan Hendrik Trapp
+49 30 39001-210
trapp@difu.de
Lawrence Schätzle, M.A.
+49 30 39001-221
schaetzle@difu.de
https://difu.de/19169 Virtuelle Pressemappe
https://difu.de/19162 Publikation
Cover des Difu-Policy Papers "Krisenmanagement als kommunale Daueraufgabe?"
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, jedermann
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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