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Wissenschaft
Prof. Julian Prell erforscht, wie sich die Nervenfunktionen während komplexer Hirnoperationen optimal überwachen lassen. Seit dem 1. August ist er als Professor für Neurophysiologische Neurochirurgie an die Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) berufen. Mit der Professur entsteht ein gleichnamiger klinisch-wissenschaftlicher Arbeitsbereich an der Universitätsmedizin Halle.
Bei der Behandlung von Tumoren ist die Neurochirurgie mit einem Dilemma konfrontiert: „Unser Ziel ist stets eine vollständige, also eine radikale Tumorentfernung. Dabei dürfen jedoch wichtige Hirnfunktionen nicht gefährdet werden“, betont Prof. Julian Prell. Zur Überwachung solcher Operationen nutzt er spezielle Techniken, die die unter dem Begriff „Intraoperatives Neurophysiologisches Monitoring“ zusammengefasst werden. Bereits seit 20 Jahren entwickelt und verfeinert er diese Verfahren kontinuierlich weiter und hat maßgeblich zur Standardisierung in Deutschland hingewirkt.
Am häufigsten kommen dafür sogenannte evozierte Potenziale zum Einsatz. Hierbei löst man gezielt elektrische Reize im Gehirn aus, um die Leitfähigkeit und Funktion der Nerven zu testen. „Durch diese Reize können wir die Lage zentraler Nervenbahnen ausloten und abschätzen, wie nah wir uns während der Operation an kritischen Gehirnfunktionen befinden. So kann man motorische Funktionen überwachen, aber auch die Augen mit Lichtblitzen oder die Ohren mit Tönen reizen und die Reaktionen im Gehirn auf diese Reize messen“, erklärt der Neurochirurg das Grundprinzip. Bei manchen Patient:innen bietet es sich an, nur die Spontanaktivität zu überwachen oder eine Wachoperation durchzuführen.
Neurochirurgie und Neurophysiologie erforschen und standardmäßig zusammenführen
Unter seiner Leitung soll in einem neuen Arbeitsbereich „Neurophysiologische Neurochirurgie“ eine Gruppe von Expert:innen mit bestimmten Fähigkeiten aufgebaut werden: „Idealerweise sind die Kompetenzen für Neurochirurgie und Neurophysiologie in einer Person vereint. Ich setze mich dafür ein, dass sich dieses Modell künftig als Standard durchsetzt“, so der 49-Jährige.
Seine Berufung sieht er als Chance, die Evidenz für neurophysiologische Überwachungsverfahren auszubauen und diese somit stärker in den Leitlinien zu verankern. Eine persönliche wissenschaftliche Herausforderung liegt für ihn dabei im Einsatz moderner Datenverarbeitungsmethoden: „Wir haben über Jahre petabyteweise Daten gesammelt und schon viele Informationen herausgeholt – aber da stecken noch viel mehr Erkenntnisse drin, an die wir mit herkömmlichen Methoden nicht rankommen. Künstliche Intelligenz hat hier ein großes Potenzial, das ich ausschöpfen möchte.“
In seinen Forschungsprojekten befasst er sich mit der Überwachung der Gesichtsmuskulatur mittels Elektromyographie (EMG), um einschätzen zu können, wieviel weiteres Risiko bei bestimmten Operationen an der Schädelbasis noch eingegangen werden kann. In einem anderen Projekt untersucht er, wie sich das Risiko lebensbedrohlicher Embolien in der Neurochirurgie minimieren lässt, indem die Blutzirkulation in den Beinen stimuliert wird. Darüber hinaus möchte er das Potenzial der neurophysiologischen Überwachung auch außerhalb der Neurochirurgie ausschöpfen, um beispielsweise die Nervenfunktionen bei endovaskulären Eingriffen optimal zu schützen.
Julian Prell studierte Humanmedizin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und promovierte im Jahr 2007 mit der bestmöglichen Bewertung „summa cum laude“. Während seiner Facharztweiterbildung wechselte er an die MLU, wo er im Jahr 2010 die Prüfung zum Facharzt für Neurochirurgie ablegte und als Oberarzt tätig wurde. 2014 habilitierte er sich für das Fachgebiet Neurochirurgie. Seit 2015 ist er als Leitender Oberarzt und stellvertretender Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Neurochirurgie in Halle tätig.
Prof. Dr. Heike Kielstein, Dekanin der Medizinischen Fakultät der MLU, erklärt: „Mit Prof. Julian Prell haben wir einen Pionier der intraoperativen Neurophysiologie berufen. Deutschland ist das erste Land, das eine entsprechende Zertifizierung für diese Art der Operation entwickelt hat, wobei Prof. Prell diesen Prozess im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie persönlich koordiniert hat. Sein neuer Arbeitsbereich wird die Versorgung von Patient:innen bei komplexen neurochirurgischen Eingriffen auf ein neues Niveau heben und gleichzeitig wichtige internationale Forschungsimpulse für die Neurochirurgie setzen.“
http://www.umh.de/neurochirurgie Universitätsklinik und Poliklinik für Neurochirurgie an der Universitätsmedizin Halle
https://www.umh.de/einrichtungen/kliniken-und-departments/neurochirurgie/klinisc... Weitere Informationen zur Intraoperativen Neurophysiologie an der Universitätsmedizin Halle
Prof. Dr. Julian Prell
Copyright: Universitätsmedizin Halle
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Deutsch
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