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12.08.2025 09:10

ICON-Simulationen für den Gordon-Bell-Preis für Klimamodellierung nominiert

Dr. Denise Müller-Dum Kommunikation
Max-Planck-Institut für Meteorologie

    Neu entwickelte Konfigurationen des Klimamodells ICON ermöglichen es, den Klimawandel über Jahrzehnte mit einer Auflösung im Kilometerbereich auf den weltweit leistungsfähigsten Computersystemen zu simulieren. In Anerkennung dieser Leistung wurden zwei Projekte, die ICON nutzen, für den Gordon-Bell-Preis für Klimamodellierung nominiert.

    Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ)

    Das gesamte Erdsystem inklusive Energiehaushalt, Wasser- und Kohlenstoffkreislauf mit einer Auflösung von einem Kilometer über mehrere Jahrzehnte zu simulieren, galt bis vor kurzem als unmöglich: Zu groß sei die Zahl der relevanten Prozesse, zu komplex ihr Zusammenspiel, zu lang die Zeitskalen, zu hoch demnach der Rechenaufwand. Ein vom Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) und dem Deutschen Klimarechenzentrum (DKRZ) geleitetes Team hat eine neue Konfiguration des Klimamodells ICON entwickelt, die dieser Aufgabe gewachsen ist. Indem es diese Konfiguration auf den neuesten Hochleistungsrechnern laufen ließ, konnte das Team nachweisen, dass Simulationen des Erdsystems mit einer Auflösung von 1,25 Kilometern tatsächlich möglich sind – inklusive des gesamten Kohlenstoffkreislaufs und mit einem Rechendurchsatz, der die Untersuchung des Klimawandels über mehrere Jahrzehnte ermöglicht. Für diese Leistung wurden sie nun für den renommierten Gordon-Bell-Preis für Klimamodellierung nominiert.

    ICON-Simulationen auf Alps und JUPITER

    „Bereits die Nominierung für diesen wichtigen Preis ist eine tolle Anerkennung unserer Leistungen“, sagt Daniel Klocke, Gruppenleiter am MPI-M und Erstautor der Arbeit, die die hochaufgelöste ICON-Simulation des Erdsystems beschreibt. Das Team hatte diese im April dieses Jahres auf dem Supercomputer Alps am Swiss National Supercomputing Centre (CSCS) erstellt, der zu dem Zeitpunkt der leistungsfähigste Computer in Europa war. Genutzt wurden 8000 Hochleistungsprozessoren, welche Hauptprozessoren (CPUs) und Grafikprozessoren (GPUs) kombinieren.

    „Unsere Experimente zeigen, dass wir auf 8000 NVIDIA GH200-Superchips pro Tag bis zu 82,5 Tage mit unserer umfassenden und hochaufgelösten ICON-Konfiguration simulieren können“, sagt Klocke. „Das ist ausreichend schnell für Klimastudien über Zeiträume von Dekaden.“ Diese ICON-Konfiguration wird zurzeit für den Hochleistungsrechner JUPITER am Forschungszentrum Jülich vorbereitet und eine der ersten Anwendungen auf diesem mittlerweile größten Supercomputer Europas sein.

    Technische Optimierung

    Um diese Simulationen technisch zu ermöglichen, hatten Claudia Frauen und Jan Frederik Engels am DKRZ einen neuartigen Ansatz entwickelt, der die Heterogenität des Erdsystems nutzt, um die Heterogenität der Supercomputer der neuesten Generation voll auszuschöpfen. Diese Art der Optimierung ermöglichte nicht nur einen beispiellosen Durchsatz, sondern spart, wie Engels betont, „im Vergleich zu den Ansätzen anderer gekoppelter Klimamodelle mehr als das Dreifache an Energie.“

    Weitere Optimierungen gelangen in Zusammenarbeit mit Informatiker*innen der ETH Zürich, die Konzepte der datenzentrierten parallelen Programmierung einführten, um bestimmte Komponenten für bestimmte Hardware zu optimieren. Zusammen mit Kollegen von NVIDIA, dem Jülich Supercomputing Centre und dem CSCS optimierte das Team die Implementierung von ICON auf den neuesten und leistungsfähigsten Rechnersystemen Europas.

    Vom Nachmittags-Gewitter bis zum Pflanzenwachstum

    Die Konfiguration berücksichtigt alle wichtigen Erdsystemkomponenten – Atmosphäre, Ozean, Land und Meereis – und enthält den gesamten Kohlenstoffkreislauf bei einer Auflösung von 1,25 Kilometern. „Auf kleinen Skalen spielen sich schnelle Wechselwirkungen zwischen Wasser und Energie ab – beispielsweise, wenn sich die Landoberfläche während des Tages erwärmt und dies am Nachmittag zu Gewittern führt“, erklärt MPI-M-Gruppenleiterin Cathy Hohenegger, die das Experiment von wissenschaftlicher Seite leitet. „Diese Gewitter bringen kurzen, lokal begrenzten und heftigen Regen für die Pflanzen, und jetzt können wir sehen, wie sich das auf den Kohlenstoffkreislauf auswirkt.“ Die Effizienz des ICON-Modells bei der Nutzung von aktuellen Hochleistungsrechnern zeige, dass es grundsätzlich möglich sei, solche Simulationen auch für verschiedene Zukunftsszenarien anzufertigen. Diese würden wichtige Informationen liefern, um lokale Strategien zur Anpassung an den Klimawandel zu planen.

    Digitaler Zwilling von Destination Earth

    Andere ICON-Simulationen, unter anderem angefertigt auf dem finnischen Supercomputer LUMI, trugen zu einem weiteren Projekt bei, das nun ebenfalls unter den Finalisten für den Gordon-Bell-Preis für Klimamodellierung rangiert: Destination Earth. Das Projekt, zu dem MPI-M und DKRZ mit ICON beitragen, umfasst auch das integrierte Vorhersagesystem IFS des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) gekoppelt mit den Ozeanmodellen FESOM und NEMO in zwei unterschiedlichen Konfigurationen und wird vom CSC – IT Center for Science in Finnland geleitet. Destination Earth entwickelt digitale Nachbildungen des Erdsystems. Für die Auszeichnung nominiert ist der digitale Zwilling für die Anpassung an den Klimawandel, der Klimainformationen direkt für Anwender*innen abrufbar macht.

    Die amerikanische Association for Computing Machinery vergibt den mit 10 000 US-Dollar dotierten Gordon-Bell-Preis jährlich für herausragende Erfolge im Bereich des Hochleistungsrechnens. Seit 2023 wird er zusätzlich in der Kategorie „Klimamodellierung“ verliehen, um Innovationen auszuzeichnen, die das Verständnis des Klimasystems und des Klimawandels voranbringen. Die Finalist*innen sind eingeladen, einen Artikel, der ihre technischen und wissenschaftlichen Erfolge beschreibt, in der Fachzeitschrift International Journal of High Performance Computing Applications zu veröffentlichen. Verliehen wird der Preis im November 2025 in St. Louis, Missouri, im Rahmen der SC-Konferenz (International Conference for High Performance Computing, Networking, Storage, and Analysis), der weltweit wichtigsten Konferenz zum Hochleistungsrechnen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Cathy Hohenegger, Max-Planck-Institut für Meteorologie: cathy.hohenegger@mpimet.mpg.de
    Dr. Daniel Klocke, Max-Planck-Institut für Meteorologie: daniel.klocke@mpimet.mpg.de
    Dr. Jan Frederik Engels, Deutsches Klimarechenzentrum (DKRZ): engels@dkrz.de
    Dr. Claudia Frauen, Deutsches Klimarechenzentrum (DKRZ): frauen@dkrz.de


    Weitere Informationen:

    https://awards.acm.org/bell-climate


    Bilder

    Fluss von Kohlendioxid zwischen Atmosphäre und Land-/Ozeanoberfläche am 25. Januar 2020 um 12 Uhr UTC, simuliert mit ICON. Grün bedeutet Aufnahme von Kohlenstoff, lila steht dafür, dass Kohlenstoff an die Atmosphäre abgegeben wird.
    Fluss von Kohlendioxid zwischen Atmosphäre und Land-/Ozeanoberfläche am 25. Januar 2020 um 12 Uhr UT ...
    Quelle: MPI für Meteorologie
    Copyright: MPI für Meteorologie


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Geowissenschaften, Informationstechnik, Meer / Klima, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

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