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20.08.2025 15:39

Vertraute Stimmen gegen die Einsamkeit

Josefina Peisl Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden

    Im Projekt HILDE wollen Forschende der HTW Dresden älteren Menschen digitale Kommunikation über haptische Interaktion ermöglichen.

    Ältere Menschen sind oft einsam, insbesondere wenn sie gesundheitlich eingeschränkt oder auf Pflege angewiesen sind. Smartphone oder Tablet bieten zwar Kontaktmöglichkeiten, doch sind viele Ältere nicht in der Lage, die moderne Technik zu nutzen. Hier setzt das Projekt HILDE der HTW Dresden an. Das dreijährige Forschungsvorhaben hat das Ziel, durch leicht handhabbare digitale Kommunikationsmittel die sozialen Kontakte zu verbessern und der Einsamkeit im Alter entgegenzuwirken.

    „HILDE steht für Haptische Interfaces für lebendige, digitale Erfahrungen“, erklärt Projektleiterin Joanna Dauner, Professorin für Gestaltung an der Fakultät Design der HTWD. „Mittels einer einfach anwendbaren, barrierearmen Technologie möchten wir den Austausch mit Nahestehenden über Distanzen hinweg ermöglichen.“ Interaktive Gegenstände sollen die Nutzung leicht machen und dazu verhelfen, selbstbestimmt und spielerisch mit Freundinnen und Freunden oder Verwandten in Verbindung zu treten.

    Suche nach bedarfsgerechter Lösung
    Die Projektidee entstand während der Corona-Pandemie, als jüngere Menschen auf digitalem Weg ihre sozialen Kontakte pflegen konnten, dies vielen Älteren aber verwehrt blieb. Wie ließe sich das mithilfe geeigneter Technik ändern? Um Bedarf und Akzeptanz zu analysieren, wurden Seniorinnen und Senioren in die Forschungsarbeit mit eingebunden. Über persönliche Beziehungen zur Heimleitung gelang es trotz Corona-Einschränkungen, das Gulielminetti Seniorenwohn- und Pflegeheim in Marktoberdorf im Allgäu als Kooperationspartner zu gewinnen. „Zehn Bewohnerinnen und Bewohner der Einrichtung nehmen an dem Projekt teil“, so Joanna Dauner. „Für Angehörige und das Pflegepersonal haben wir im Vorfeld Workshops organisiert und sie in das Projekt einbezogen, weil ihre Erfahrungen und ihr Fachwissen unverzichtbar sind.“

    Ein erster Ansatz bestand darin, ein Tablet mit seniorenfreundlicher Benutzeroberfläche um haptische interaktive Elemente zu erweitern. Es stellte sich jedoch heraus, dass daran kein Interesse besteht, weil diejenigen, die ein Tablet nutzen, mit den vorhandenen Geräten gut klarkommen. Dagegen sind Menschen, die unter Einschränkungen wie fehlender Feinmotorik, kognitiven Störungen oder Demenz leiden, mit dieser Technik generell überfordert. Sie benötigen eine einfachere Lösung.

    Interaktion über einen Gegenstand
    Der neue Ansatz basiert auf einem leicht zu bedienenden Tonabspielgerät ähnlich der von der Firma Tonies für Kinder konzipierten würfelförmigen Toniebox. Die Anwendung ist denkbar einfach: Wird ein kleiner Gegenstand auf diese Lautsprecherbox gestellt, startet die Audiowiedergabe. Die Box erlaubt so eine intuitive Steuerung über eine haptische Interaktion.

    Gemeinsam mit Partnerinnen und Patnern und in enger Zusammenarbeit mit dem Gulielminetti-Haus entwickelte das Team der HTWD eine derartige Box speziell für ihre Zielgruppe. Doch nicht Hörbücher oder Musik sollen aus dem Lautsprecher ertönen, sondern individuelle Aufnahmen mit ganz persönlichen Inhalten unter dem Motto „Weißt du noch?“

    Erfahrungen zeigen, dass kognitiv eingeschränkte Menschen auf Geschichten positiv reagieren. Die Idee ist, dass Kinder, Enkel oder Bekannte von Erlebnissen berichten oder Geschichten erzählen und dies aufnehmen. Beim Abspielen der Audiodatei sind dann die vertrauten Stimmen zu hören, die vielleicht Erinnerungen wachrufen und Nähe zu den sprechenden Personen herstellen. „Wir haben das im Seniorenheim ausprobiert“, berichtet Joanna Dauner. „Ein Sohn hat für seine demente Mutter Gebete gesprochen. Die digitale Aufnahme wurde mit einer kleinen Marienfigur verknüpft, die der alten Frau viel bedeutet. Immer, wenn sie diese auf die Box stellt, hört sie die Stimme ihres Sohnes, was ihr sichtlich Freude macht.“

    Weitere Anwendungsmöglichkeiten
    Bis Jahresende wollen die Partner an der Weiterentwicklung der Demonstrator-Box arbeiten. Die Firma Awesome Technologies stellt das Backend, das die Datenverarbeitung steuert, und gewährleistet den Datenschutz. Auch bietet sie ein eigenes datenschutzkonformes Chat-System für weitere Anwendungsmöglichkeiten wie das Senden und Empfangen von Nachrichten. Das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung entwickelt eine Anzeige am Gerät, die durch Formgedächtnislegierungen – Materialien mit der Fähigkeit, ihre Form zu ändern und ihre ursprüngliche Gestalt wieder anzunehmen – gesteuert wird.
    Mit den ethischen Aspekten der Technik und der Durchführung der Studien beschäftigt sich die Forschungsgruppe Geriatrie der Charitè – Universitätsmedizin Berlin.

    Anfang 2026 soll eine Abschlussstudie zeigen, ob das Gerät die nötige Akzeptanz findet und dabei hilft, Einsamkeit zu überwinden. „Für den mehrwöchigen Test suchen wir noch Teilnehmerinnen und Teilnehmer“, sagt die Projektleiterin. „Erfüllt die Box ihren Zweck, könnte man sie langfristig auf den Markt bringen, zumal die technologische Basis größtenteils vorhanden ist. Wir haben in dem Projekt aber auch viele zusätzliche Erkenntnisse gewonnen, die wir gerne weitergeben möchten.“

    Das Projekt „HILDE” wird vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) gefördert und läuft bis April 2026.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. M.A. Joanna Maria Dauner
    Professorin für Grundlagen der Gestaltung
    joanna.dauner@htw-dresden.de


    Bilder

    Das Projekt HILDE bringt Menschen aller Generationen zusammen
    Das Projekt HILDE bringt Menschen aller Generationen zusammen

    Copyright: © HTW Dresden Severin Göbel-Groß


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Informationstechnik, Kunst / Design
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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