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21.08.2025 10:18

Begleiterkrankungen bei HIV: Big-Data-Studie bringt molekulare Zusammenhänge ans Licht

Dr. Andreas Fischer Presse und Kommunikation
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

    HZI-Forschende analysieren Multi-Omics-Datenschatz

    Warum leiden Menschen, die mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) infiziert sind, häufig an Herzkreislauf-, Leber- sowie anderen Begleiterkrankungen? Dieser Frage gingen Forschende des Zentrums für Individualisierte Infektionsmedizin im Rahmen der 2000HIV-Studie nach, einer Multi-Omics-Kohorte, die von mehreren Forschungszentren in den Niederlanden koordiniert wird. Dabei konnten sie verschiedene Moleküle und Mechanismen identifizieren, die mit der Entwicklung dieser Begleiterkrankungen in Zusammenhang stehen könnten. Die umfangreichen Ergebnisse ihrer Studie stellen die Wissenschaftler:innen frei zur Verfügung. Sie hoffen, dass sie für neue Forschungsansätze genutzt und zu einem besseren Verständnis der Hintergründe sowie zu hilfreichen Therapien führen werden. Ihre Studienergebnisse haben die Forschenden nun im Fachmagazin Nature Medicine veröffentlicht. Das CiiM (Centre for Individualised Infection Medicine) ist eine gemeinsame Einrichtung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH).

    „Menschen mit HIV leiden häufig an Nicht-AIDS-Begleiterkrankungen wie Herzkreislauf-, Leber- oder Krebserkrankungen. Sie haben vermehrt mit chronischen Entzündungen im Körper zu kämpfen, altern dadurch schneller und haben eine geringere Lebenserwartung als andere Menschen“, sagt Prof. Yang Li, Leiterin der Abteilung „Bioinformatik der Individualisierten Medizin“ und Direktorin des CiiM. „Mit unserer Big-Data-Studie wollten wir herausfinden, welche molekularen Player hinter diesen krankmachenden Prozessen stehen.“

    Die Basis der Studie bildeten umfangreiche sogenannte Multi-Omics-Datensätze von über 1300 Menschen mit HIV, die im Rahmen einer in den Niederlanden durchgeführten großangelegten Kohortenstudie (2000HIV Study) erhoben wurden. „Dieser Multi-Omics-Datenschatz aus verschiedensten Daten wie zum Beispiel Gen-Daten, Protein-Daten oder Stoffwechsel-Daten lieferte uns einzigartige Einblicke in unterschiedliche molekularbiologische Ebenen“, sagt Javier Botey-Bataller, Wissenschaftler der CiiM-Abteilung „Bioinformatik der Individualisierten Medizin“ und einer der beiden Erstautoren der Studie. Seine CiiM-Kollegin Nienke van Unen, Co-Erstautorin, ergänzt: „Wir analysierten noch eine weitere wichtige molekulare Datenebene – die Ausprägung der Immunantwort. Sie spiegelt die Fitness des Immunsystems gegenüber Herausforderungen durch Krankheitserreger wider.“

    Die Forschenden setzten die Multi-Omics-Daten mit den vorhandenen Begleiterkrankungen der Studienteilnehmenden – darunter Herzkreislauferkrankungen, Verengung der Halsschlagader durch Plaques, chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) – ins Verhältnis und fahndeten nach Auffälligkeiten, etwa in Genen oder molekularen Signalwegen. „Wir konnten tatsächlich eine ganze Bandbreite bislang verborgener molekularer Muster und Akteure aufdecken, die mit den jeweiligen Begleiterkrankungen in Zusammenhang stehen“, sagt Javier Botey-Bataller. Zudem haben die Forschenden Moleküle identifiziert, die das Potenzial haben, die Stärke der Immunantwort voraussagen zu können. „Eine übermäßige Immunantwort kann zu Entzündungen führen, die die Hauptursache für Begleiterkrankungen bei Menschen mit HIV sind. Daher ist die Stärke der Immunantwort ein ganz wichtiger Parameter”, erklärt Botey-Bataller. „Mit unserer Studie konnten wir eine Art molekulare Landkarte zeichnen, an der sich weiterführende Forschungsprojekte orientieren können, um zum Beispiel der Bedeutung bestimmter Gene oder Proteine in diesem Kontext weiter auf den Grund zu gehen.“ Die Daten und Analyse-Ergebnisse der Studie sind online verfügbar und können für weiterführende Forschungsprojekte genutzt werden.

    Yang Li: „Unsere Studie ist im Bereich der Forschung zu Begleiterkrankungen bei HIV die bislang erste mit Multi-Omics-Ansatz. Einzelne molekularbiologische Ebenen geben schon Vieles preis. Doch erst durch die vergleichende Zusammenschau der unterschiedlichen molekularbiologischen Ebenen konnten wir gänzlich neue Player und Zusammenhänge aufdecken, die künftig als Ansatzpunkte für die Entwicklung neuartiger Therapien genutzt werden können.“

    Im Rahmen ihrer Untersuchungen machten die Forschenden noch eine interessante Entdeckung: Sie fanden heraus, dass eine bestimmte Variante des Gens NLRP12, das in die Regulation zellulärer Entzündungsprozesse involviert ist, für besonders hohe Entzündungswerte sorgt. „Das war bei den Studienteilnehmenden, die mit dem HI-Virus infiziert waren, der Fall, aber auch bei einer Vergleichskohorte, bei der die Teilnehmenden kein HIV hatten“, erklärt Nienke van Unen. „Menschen mit dieser Genvariante scheinen also generell anfälliger für hohe Entzündungswerte und damit einhergehenden Erkrankungen zu sein.“

    Text: Nicole Silbermann

    Diese Pressemitteilung finden Sie auch auf unserer Homepage unter dem Link https://www.helmholtz-hzi.de/media-center/newsroom/news-detailseite/begleiterkra....

    Das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
    Wissenschaftler:innen am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen in Braunschweig und an anderen Standorten in Deutschland bakterielle und virale Infektionen sowie die Abwehrmechanismen des Körpers. Sie verfügen über fundiertes Fachwissen in der Naturstoffforschung und deren Nutzung als wertvolle Quelle für neuartige Antiinfektiva. Als Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) betreibt das HZI translationale Forschung, um die Grundlagen für die Entwicklung neuartiger Therapien und Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten zu schaffen. http://www.helmholtz-hzi.de

    Das Zentrum für Individualisierte Infektionsmedizin (Centre for Individualised Infection Medicine, CiiM):
    Das CiiM ist eine gemeinsame Initiative des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und ist das erste Forschungsinstitut, das sich explizit der Entwicklung einer personalisierten Medizin für Infektionen widmet. Die Abteilungen und Gruppen des CiiM arbeiten an der Vision, Infektionspatient:innen angepasst und optimiert nach den spezifischen Bedürfnissen und Anforderungen jeder und jedes Einzelnen zu behandeln. Um dies zu erreichen, widmet sich das CiiM der Erforschung individueller Merkmale und deren Einfluss auf die Anfälligkeit für Infektionen oder den Behandlungserfolg mit verfügbaren Therapien. https://www.ciim-hannover.de

    Ihre Ansprechpersonen am HZI:
    Susanne Thiele, Pressesprecherin
    susanne.thiele@helmholtz-hzi.de
    Dr. Andreas Fischer, Wissenschaftsredakteur
    andreas.fischer@helmholtz-hzi.de

    Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH
    Presse und Kommunikation
    Inhoffenstraße 7
    D-38124 Braunschweig
    Tel.: 0531 6181-1400; -1405


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Jennifer Debarry
    Koordination CiiM
    +49 511 22002 7226
    jennifer.debarry@helmholtz-hzi.de


    Originalpublikation:

    Botey-Bataller, J., van Unen, N., Blaauw, M. et al.: Genetic and molecular landscape of comorbidities in people living with HIV. Nature Medicine, 2025, DOI: 10.1038/s41591-025-03887-1


    Weitere Informationen:

    https://Pressemitteilung auf der CiiM-Homepage: https://www.ciim-hannover.de/aktuelles/news/detailansicht/begleiterkrankungen-be...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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