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Medizintechniker arbeiten an der Erforschung des Mechanismus des pulssynchronen Tinnitus und eröffnen neue Wege zur Diagnose und Therapie
Medizintechniker der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg haben erstmals in Computermodellen den Mechanismus für die Entstehung von Ohrgeräuschen beim sogenannten pulssynchronen Tinnitus patientenspezifisch modelliert und simuliert, wie das durch Engstellen im Gehirn entstehende quälende Rauschen im Ohr mit einer Gefäßstütze (Stent) behandelt werden kann. Die Studienergebnisse des Teams um den Ingenieur Janneck Stahl vom Forschungscampus STIMULATE der Universität Magdeburg eröffnen neue Möglichkeiten für eine schonende und nichtinvasive Diagnose und Behandlung der für die Patientinnen und Patienten belastenden Beschwerden.
„Das rhythmische Rauschen im Takt des Herzschlags macht diese Form des Tinnitus zu einer besonders quälenden Erkrankung, für die es bisher noch großen Forschungsbedarf gibt“, so Janneck Stahl, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Medizintechnik der Universität. Aber im Gegensatz zum klassischen Tinnitus lasse sich das Geräusch beim pulssynchronen Tinnitus auf eine körperliche Ursache zurückführen, in diesem Fall die sogenannte Sinusstenose, eine Verengung einer großen Hirnvene nahe am Ohr, so der Ingenieur weiter. „Der krankhaft beschleunigte Blutfluss erzeugt an dieser Stelle Wirbel, die das störende Pulsgeräusch hervorrufen können. Verlangsamen wir den Blutfluss durch die Verbreiterung des Gefäßes mittels eines Stents, verschwinden die auftretenden Komplexitäten im Blutfluss und damit auch die belastenden Geräusche.“
Das Forschungsteam wertete Bilddaten von Patientinnen und Patienten aus, die sie vom Team des US-amerikanischen Neurochirurgen Prof. Ali Alaraj von der University of Illinois in Chicago erhalten haben, und entwickelte daraus detailgetreue Computermodelle des Blutflusses im Kopf. Die Simulationen zeigten: Um die Engstelle steigt die Strömungsgeschwindigkeit an der Gefäßwand sowie der Druckabfall entlang des Gefäßinnenraumes – Faktoren, die das Rauschen im Ohr erklären. Nach dem virtuellen Einsetzen eines Stents beruhigte sich der Blutfluss deutlich. Aufnahmen aus der Rotationsangiographie erwiesen sich dabei als verlässliche Grundlage für die Diagnose des behandlungsentscheidenden Druckabfalls.
„Unsere Ergebnisse liefern einen klaren mechanischen Beleg, dass eine Gefäßstenose den pulssynchronen Tinnitus verursachen kann und dass eine minimalinvasive Intervention Aussicht auf Erfolg besitzt“, so Stahl.
Für die Veröffentlichung der Studie im international renommierten Journal of Neurointerventional Surgery wurde das Magdeburger Forschungsteam soeben beim 17. Kongress der European Society of Minimally Invasive Neurological Therapy ESMINT im französischen Marseille mit dem Award „Best European Publication 2025“ ausgezeichnet.
Die Ingenieurinnen und Ingenieure des Forschungscampus STIMULATE kooperieren auch bei diesem Forschungsprojekt eng mit der Universitätsklinik für Neuroradiologie Magdeburg. Um künftig mehr Patientinnen und Patienten helfen zu können, ist dort eine Spezialsprechstunde für Betroffene von pulssynchronem Tinnitus eingerichtet worden. Ziel sei eine schonende, nicht-invasive Bilddiagnostik, die verlässliche Hinweise für die Therapie gibt.
Janneck Stahl
Institut für Medizintechnik
0391-67-57272
janneck.stahl@ovgu.de
https://jnis.bmj.com/content/early/2025/02/08/jnis-2024-022867.full Studie
Janneck Stahl mit einem Stent in der Hand.
Quelle: Jana Dünnhaupt
Copyright: Uni Magdeburg
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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