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Mit Milliarden Einzelorganismen und bis zu 2 Kilogramm Gesamtmasse ist die Mikrobengemeinschaft im menschlichen Darm ein ernstzunehmender Faktor für die Gesundheit. Von Adipositas bis zur Alzheimer-Demenz werden viele Erkrankungen mit einer Störung des mikrobiellen Gleichgewichts in Verbindung gebracht. Aktuelle Studien deuten nun darauf hin, dass der Einfluss des Mikrobioms auch bis ins Auge reichen könnte. Ob und wie die Darmflora die Entstehung und den Verlauf der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) beeinflusst, wird ein Thema auf der Hybrid-Pressekonferenz am 25. September 2025 anlässlich des Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e.V. (DOG) in Berlin sein.
Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist mit rund 7 Millionen Betroffenen in Deutschland eine regelrechte Volkskrankheit. „Schätzungen zufolge betrifft die Netzhauterkrankung rund jeden 4. Menschen über 65 Jahre in Deutschland“, sagt Privatdozentin Dr. Dr. med. Petra Larsen, die an der Universitäts-Augenklinik Bonn tätig ist und das Thema auf der Pressekonferenz vorstellen wird. Im Verlauf der chronisch fortschreitenden Erkrankung büßt der Bereich des schärfsten Sehens im Zentrum der Netzhaut mehr und mehr an Funktion ein. „In den Industrieländern ist die AMD die häufigste Ursache für Erblindung“, streicht DOG-Expertin Larsen die Bedeutung der Erkrankung heraus.
Darmflora kann Entzündungen fördern
Trotz intensiver Forschung ist noch nicht vollständig verstanden, welche Mechanismen bei der Entstehung einer AMD am Werke sind. Als gesichert gilt jedoch, dass neben dem Alter als wichtigstem Risikofaktor auch die familiäre Veranlagung eine Rolle spielt. Auch sind Raucher häufiger betroffen als Nichtraucher. Als weitere bedeutsame Einflussfaktoren haben sich chronische Entzündungen und andere fehlgeleitete Immunprozesse herausgestellt. „Solche Ungleichgewichte und Fehlregulationen in der Immunabwehr werden auch im Zusammenhang mit Störungen des Darmmikrobioms beobachtet“, erläutert Larsen.
Darm-Substanzen können zur Netzhaut vordringen
Zu einer ungünstigen Verschiebung der Mikrobiom-Zusammensetzung, einer sogenannten Dysbiose, kann es unter anderem durch eine ungesunde Ernährung, chronischen Stress, Erkrankungen oder durch die Einnahme von Medikamenten kommen. Die Dysbiose selbst kann dann wiederum weitreichende Folgen für den ganzen Körper haben. Unter ihrem Einfluss kann die Darmwand durchlässiger werden, sodass sowohl bakterielle Bestandteile als auch bakterielle Stoffwechselprodukte und entzündungsfördernde Stoffe in den Blutkreislauf gelangen. „Experimentelle Studien deuten darauf hin, dass diese Substanzen auch in das eigentlich immunologisch geschützte Gewebe der Netzhaut gelangen können“, berichtet die Augenärztin. Die Vermutung liege daher nahe, so Larsen weiter, dass sie auch an degenerativen Prozessen in der Netzhaut beteiligt sein könnten. „Weitere Hinweise auf eine Verbindung von Darmflora und AMD stammen aus Studien, die Unterschiede in der Zusammensetzung des Mikrobioms bei Probanden mit und ohne AMD nachweisen konnten“, fügt die DOG-Expertin hinzu.
Neue Therapieansätze durch Modulation des Mikrobioms?
Viele dieser Studien seien durch kleine Teilnehmerzahlen limitiert, räumt Larsen ein. Größere Studien mit längeren Beobachtungszeiträumen seien notwendig, um die bislang gesammelten Hinweise einer strengeren Prüfung zu unterziehen. „Sollten sich die Zusammenhänge jedoch bestätigen, könnten bestimmte Markersubstanzen im Blut – wie beispielsweise Bakterienbestandteile – künftig auch diagnostisch bedeutsam für frühe AMD-Stadien werden“, führt Larsen aus. „Im Idealfall könnten sich sogar therapeutisch-präventive Ansatzpunkte ergeben, die an der Zusammensetzung des Mikrobioms angreifen.“ Erste Ergebnisse deuteten jedenfalls darauf hin, so Larsen, dass Ernährungsinterventionen, probiotische Nahrungsergänzungsmittel oder ähnliche Maßnahmen die Darmflora gezielt modulieren könnten, um dann womöglich auch die AMD positiv zu beeinflussen.
Die DOG 2025, der Kongress der medizinisch-wissenschaftlichen Augenheilkunde, beginnt am 25. September und läuft bis zum 28. September 2025 im Berliner Estrel. Am 25. September findet auch die Kongress-Pressekonferenz vor Ort und online statt. Das Programm sowie den Link zur Anmeldung finden Sie hier: https://idw-online.de/de/event79990?ipc_year=&ipc_month=
Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.
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Die Woche des Sehens
Bereits zum 24. Mal findet in diesem Jahr die Woche des Sehens statt. Schirmherrin der bundesweiten Aufklärungskampagne vom 8. bis zum 15. Oktober ist die Fernsehjournalistin Gundula Gause. Die Aktionswoche wird getragen vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband, dem Deutschen Komitee zur Verhütung von Blindheit, der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft und der PRO RETINA Deutschland. Unterstützt wird sie zudem von der Aktion Mensch. Weitere Informationen unter: www.woche-des-sehens.de
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege
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Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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