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23.09.2025 13:10

IPK-Forschungsteam entdeckt Schlüssel-Mutation für spätere Blüte der Gerste

Christian Schafmeister Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung

    Ein Forschungsteam unter Leitung des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) hat die entscheidende Mutation eines Gens (PPD-H1) entdeckt, das Gerste in Regionen mit langen Frühlingstagen später blühen lässt und damit letztlich höhere Erträge ermöglicht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die für ihre Studie große Sammlungen von Wild- und domestizierter Gerste analysierten, konnten auch zeigen, dass die Mutation erst nach der Domestizierung in der südlichen Levante aus der Wildgerste hervorging und damit frühere Annahmen zum Ursprungsort widerlegen. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Theoretical and Applied Genetics“ veröffentlicht.

    Das Forschungsteam untersuchte für seine Studie eine Sammlung von Gerstenpflanzen mit mehr als 940 Wildgersten und 1110 domestizierten Gersten (Hordeum vulgare). Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konzentrierten sich bei der Analyse des Erbgutes auf den Bereich rund um das Gen PPD-H1. Sie sequenzierten diesen Bereich, weil sie dort sehr kleine, aber wichtige Veränderungen im Erbgut der Pflanze vermuteten, sogenannte Einzelbasenaustausche (Single Nucleotide Polymorphism bzw. SNP‘s), die für die spätere Blüte verantwortlich sind.

    Parallel dazu maßen sie die Blühzeiten (Tage bis zum Ährenschieben) dieser Pflanzen in Feldversuchen an verschiedenen Orten und führten sogenannte genomweite Assoziationsstudien (Genome-Wide Association Studies) durch, um die Gene zu identifizieren, die die Blühzeit beeinflussen. Darüber hinaus untersuchte das Forschungsteam vertiefend 41 ausgewählte Genotypen unter kontrollierten Langtag- und Kurztagbedingungen. So konnten sie die phänotypische Reaktion auf die Tageslänge erkennen. Außerdem untersuchten sie eine 6.000 Jahre alte Gerstenprobe aus der Yoram-Höhle in Israel, um auch frühe Formen des PPD-H1-Allels zu identifizieren. Durch den Vergleich sämtlicher Daten und der klimatischen Besonderheiten der Sammelorte konnten sie den Ursprung und die Ausbreitung des Gens nachvollziehen.

    Die genetische Änderung, die die späte Blüte ermöglicht, ist die Mutation SNP22. „Unsere Daten zeigen eindeutig, dass diese kleine, aber entscheidende genetische Veränderung im PPD-H1-Gen der Auslöser für die verzögerte Blüte unter Langtagbedingungen ist. Frühere Studien führten zu anderen Annahmen, die wir nun korrigieren konnten“, erklärt Dr. Rajiv Sharma, Erstautor der Studie.

    Das für die späte Blüte verantwortliche ppd-H1-Allel stammt von Wildgersten, die in den trockenen Wüstengebieten der südlichen Levante - also an der Ostküste des Mittelmeeres und des dortigen Hinterlandes wuchsen und auch heute noch wachsen. „Diese so wichtige Eigenschaft entstand überraschenderweise erst nach der initialen Domestikation der Gerste“, sagt Dr. Kerstin Neumann, Leiterin der Arbeitsgruppe „Automatisierte Pflanzenphänotypisierung“ am IPK. „Es war also keine Eigenschaft, welche die kultivierten Gersten von Anfang an hatten, sondern eine spätere Anpassung, die in der Kulturpflanze auftauchte und die Verbreitung der Gerste auch in Europa ermöglichte.“

    Alle modernen spätblühenden Gerstenvarianten lassen sich auf einen gemeinsamen Vorfahren, den Haplotyp H10, zurückführen. Dieser Ursprungshaplotyp wurde in 16 Wildgersten gefunden, hauptsächlich aus Israel. Die spätblühenden Gersten haben sich dann unter dem Druck der Auslese, vermutlich bei ihrer Ausbreitung in Richtung Nordeuropa, stark vermehrt und verbreitet. „Dies war entscheidend, damit Gerste auch in nördlicheren Regionen mit langen Sommertagen gut wachsen kann.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Kerstin Neumann
    Tel.: +49 39482 5571
    neumannk@ipk-gatersleben.de


    Originalpublikation:

    Sharma et al. (2025): On the origin of the late‑flowering ppd‑H1 allele in barley.
    Theoretical and Applied Genetics. DOI: 10.1007/s00122-025-04981-1


    Bilder

    Das Forschungsteam untersuchte für seine Studie eine Sammlung von Gerstenpflanzen mit mehr als 940 Wildgersten und 1.110 domestizierten Gersten (Hordeum vulgare).
    Das Forschungsteam untersuchte für seine Studie eine Sammlung von Gerstenpflanzen mit mehr als 940 W ...

    Copyright: IPK Leibniz-Institut/ K. Neumann


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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