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Venenbeschwerden durch starkes Übergewicht lassen sich durch das Tragen von medizinischen Kompressionsstrümpfen effektiv lindern. Das belegt eine kontrollierte klinische Studie unter Federführung von Prof. Dr. Markus Stücker, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, St. Josef-Hospital, Katholisches Klinikum Bochum, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum. Die Proband*innen fanden die Strümpfe gut zu handhaben, komfortabel zu tragen und hilfreich. „Das untermauert den leitliniengerechten Einsatz von medizinischen Kompressionsstrümpfen als Basistherapie bei venösen Beschwerden infolge von Adipositas“, so Markus Stücker.
Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Phlebology“ vom 11. Juli 2025 veröffentlicht.
Warum Übergewicht den Venen schadet
In Deutschland leben circa 37 Millionen Erwachsene mit Übergewicht (Body Mass Index, BMI ≥ 25 kg/m²), 13 Millionen davon sind adipös (BMI ≥ 30 kg/m2). Adipositas ist ein gravierender Risikofaktor für die Adipositas-assoziierte funktionelle venöse Insuffizienz (AA-FVI). Ursache dafür ist die Beeinträchtigung der Venen in der Leistenregion durch Fettgewebsmassen im Unterbauch. Der Druck in der Leiste erhöht sich, was einen erhöhten intravenösen Druck und eine verringerte Blutflussgeschwindigkeit in den Beinen zur Folge hat. Dabei gilt: Je höher der BMI, desto größer das Risiko für eine AA-FVI. Je länger die AA-FVI nicht behandelt wird, desto höher das Risiko morphologischer Veränderungen an den Venen. Dies kann zu schweren venösen Erkrankungen und Komplikationen führen, wie Stauungsekzem, Dermatoliposklerose, Ulkusbildung, tiefe Venenthrombose und andere.
Die Forschenden wollten herausfinden, ob medizinische Kompressionsstrümpfe die Venenbeschwerden bei adipösen Menschen lindern, ob die Betroffenen die Therapie konsequent durchführen und für welche Art Kompressionsstrumpf sie sich entscheiden.
Design der Studie
Insgesamt nahmen 49 Patient*innen, 37 Frauen und 12 Männer, mit einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 bis 40 kg/m² an der Studie teil. Die Teilnehmenden wiesen unterschiedlich schwere Symptome wie Hautveränderungen und Ödeme auf, die auf eine eingeschränkte Funktion der Venen zurückgehen. Das Durchschnittsalter lag bei 54 Jahren. Während die Patient*innen in der ersten Untersuchungswoche zu Kontrollzwecken keine medizinische Kompressionsversorgung trugen, war in der zweiten Woche für alle am linken Bein ein medizinischer Flachstrick- und am rechten Bein ein medizinischer Rundstrickstrumpf Pflicht. Anschließend mussten sich die Patient*innen für die folgenden drei Wochen auf eine Qualität für beide Beine festlegen. Zum Einsatz kamen knielange Strümpfe der Kompressionsklasse II (23 bis 32 mmHg).
Rund- oder Flachstrickstrumpf
Rundstrick-Kompressionsstrümpfe werden in einem Zylinder gestrickt, sodass keine Naht erforderlich ist. Die Änderung der Strumpfweite erfolgt lediglich durch größere und kleinere Maschengrößen. Flachstrick-Kompressionsstrümpfe werden auf flachen Strickmaschinen gestrickt. Hier können Maschen zu- oder abgenommen werden, sodass wesentlich größere Kalibersprünge versorgt werden können. Die flachgestrickten Strümpfe müssen an der Rückseite zusammengenäht werden. Der Vorteil der Flachstrickstrümpfe liegt darin, dass auch atypische Beinformen mit großen Kalibersprüngen versorgt werden können. Ein weiteres Charakteristikum der Flachstrickstrümpfe ist aufgrund der stärkeren Fäden eine höhere Festigkeit und eine höhere Steifigkeit.
Beschwerdescore sank um 42,6 Prozent
Das Tragen medizinischer Kompressionsstrümpfe verringerte sehr rasch und signifikant die venösen Beschwerden. Schon in der ersten Woche gingen Schwellung, Schweregefühl, Schmerzen und Pochen zurück. „Während der vier Wochen, in denen die Probanden die Strümpfe trugen, nahm der zusammenfassende ‚Varicose Veins Symptoms Questionnairé-Beschwerdescore um 42,6 Prozent des Ausgangswertes ab“, berichtet Markus Stücker. Außerdem verringerten sich Ödeme vom 47 auf 15 Prozent. Die Hauttrockenheit sank während der Tragezeit der Strümpfe von 40 auf 23 Prozent.
Tragekomfort, Handhabung und Sitz der Strümpfe bewertete eine deutliche Mehrheit der Patient*innen mit gut oder sehr gut. Sowohl Rundstrick- als auch Flachstrickversorgungen sind medizinisch wirksam. 62,5 Prozent der Proband*innen entschied sich nach der Probewoche für rundgestrickte Strümpfe, 37,5 Prozent für flachgestrickte. Getragen wurden die Strümpfe täglich zwischen neun und zehn Stunden.
„Die Ergebnisse sind für die Behandlung von Adipositas und Venenerkrankungen von hoher Relevanz“, so Markus Stücker. „Eine anhaltende, unbehandelte venöse Insuffizienz kann neben der gefühlten Beeinträchtigung auch zu schwerwiegenden Komplikationen wie Wundheilungsstörungen oder Ulzerationen führen. Zudem ist davon auszugehen, dass die gute Therapieadhärenz der adipösen Patient*innen mit dem hohen Tragekomfort der Strümpfe zusammenhängt und vor allem mit der sehr raschen sowie deutlichen Linderung ihrer venösen Beschwerden.“
Prof. Dr. Markus Stücker
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Universitätsklinikum St. Josef-Hospital
Telefon: +49 234 8792 378
E-Mail: markus.stuecker@ruhr-uni-bochum.de
Markus Strücker, Walter Olbricht: Medical Compression Stockings Reduce the Symptoms of Obesity-Associated Functional Venous Insufficiency, in: Phlebology, 2025, DOI: 10.1177/02683555251358920, https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/02683555251358920
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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