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01.10.2025 09:59

Tierexperimentelle Forschung: DFG-Senatskommission fordert Neujustierung der Genehmigungsverfahren für Tierversuche

Benedikt Bastong Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

    Appell an Ministerien und Behörden in Bund und Ländern, Rechtsunsicherheiten zu beseitigen und Bürokratie zu reduzieren / „Wissenschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen“

    Die Ständige Senatskommission für tierexperimentelle Forschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) hat in einer Stellungnahme eine wesentliche Neujustierung bei den Genehmigungsverfahren für Tierversuche gefordert. Diese sei notwendig, um die in Deutschland geltenden hohen Standards des Tierschutzes in der tierexperimentellen Forschung mit der Förderung von Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftssystems zu vereinen. Nur mit verlässlichen Rahmenbedingungen könne die Wissenschaft ihrem gesellschaftlichen Forschungsauftrag einerseits und der besonderen Verantwortung im Umgang mit Tieren für Forschungszwecke andererseits gerecht werden, heißt es in dem jetzt veröffentlichten Papier.

    Wissenschaftliche Tierversuche tragen wesentlich dazu bei, das grundlegende Verständnis von Vitalfunktionen und Krankheiten zu verbessern und den medizinischen Fortschritt voranzutreiben. Gesetzliche Genehmigungsverfahren stellen dabei sicher, dass in jedem Forschungsprojekt die hohen tierschutzrechtlichen Anforderungen, die in den rechtlichen Vorgaben verankert sind, eingehalten werden. Sie nehmen so eine wichtige Funktion für die Sicherung des Staatsziels Tierschutz ein. Jedoch sind die Genehmigungsverfahren verbreitet mit stetig steigenden administrativen Anforderungen und mangelnder Rechts- und Planungssicherheit verbunden. Dies hat erhebliche negative Auswirkungen auf den Wissenschaftsbetrieb.

    Die Senatskommission appelliert daher nun an die zuständigen Ministerien und Behörden auf Bundes- und Landesebene, Maßnahmen zur Beschleunigung und Harmonisierung der Genehmigungsverfahren, zur Reduzierung des bürokratischen Aufwands und zur Beseitigung von Rechtsunsicherheiten zu ergreifen.

    „Die Genehmigungsverfahren, wie sie aktuell durchgeführt werden, sind ein besonders prägnantes Beispiel für ausufernde Bürokratisierung und Überregulierung“, sagte die Vorsitzende der Senatskommission, Professorin Dr. Brigitte Vollmar. „Als Wissenschaftler*innen bekennen wir uns uneingeschränkt und aus voller Überzeugung zu den sehr hohen Standards des Tierschutzes in Deutschland. Gleichzeitig benötigen wir aber vernünftige Rahmenbedingungen für unsere Forschung. Nur so können wir die Innovationskraft unseres Landes bestmöglich ausschöpfen.“

    Die Stellungnahme der Senatskommission basiert auf Rundgesprächen mit Wissenschaftler*innen und Tierschutzbeauftragten sowie auf einer aufwändigen Datenerhebung im Rahmen einer Pilotstudie, die ebenfalls jetzt veröffentlicht wurde. Die Pilotstudie lässt insbesondere drei Problemfelder erkennen: die Dauer der Verfahren, das hohe Aufkommen von Rückfragen und die großen Verfahrensunterschiede zwischen den Genehmigungsbehörden. Die Stellungnahme leitet daraus konkrete Handlungsempfehlungen ab, die den Abbau des bürokratischen Aufwands, die bundesweite Harmonisierung der Genehmigungsverfahren und die strikte Einhaltung der gesetzlichen Bearbeitungsfrist betreffen. Denn insbesondere die Rundgespräche zeigten: Die derzeit gängige Verfahrenspraxis wird als große Beeinträchtigung der Forschungsarbeit wahrgenommen, Wissenschaftler*innen sehen die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft des Wissenschaftssystems in Deutschland gefährdet und sich selbst durch Strafverfolgung bedroht.

    Nicht zuletzt mit Blick auf die Pilotstudie hält auch DFG-Präsidentin Professorin Dr. Katja Becker Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die tierexperimentelle Forschung für dringend notwendig: „Als das Tierschutzgesetz im Zuge des EU-Vertragsverletzungsverfahrens im Jahr 2021 geändert wurde, erfolgte dies auch unter der Prämisse, im Sinne der EU-Richtlinie Verfahren zu vereinheitlichen und die Wettbewerbsbedingungen anzugleichen. Die Ergebnisse der Pilotstudie zeigen jedoch, dass sich die Situation für die Wissenschaft seitdem eher verschlechtert hat. Ich bin daher froh, dass der Koalitionsvertrag die Rahmenbedingungen der tierexperimentellen Forschung bereits anspricht, und hoffe, dass die Stellungnahme der Senatskommission den anstehenden Gesprächen und Debatten einen wichtigen Impuls gibt.“

    Eine englischsprachige Version der Stellungnahme sowie der Pilotstudie sollen in Kürze veröffentlicht werden.

    Weiterführende Informationen

    Medienkontakt:
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der DFG, Tel. +49 228 885-2109, presse@dfg.de

    Ansprechperson in der DFG-Geschäftsstelle:
    Dr. Christoph Limbach, Gruppe Lebenswissenschaften 2: Mikrobiologie, Immunologie, Neurowissenschaften, Tel. +49 228 885-2865, christoph.limbach@dfg.de

    Zur Stellungnahme „Genehmigungsverfahren für Tierversuche – aktuelle Bestandsaufnahme und Handlungsbedarfe“ der Ständigen Senatskommission für tierexperimentelle Forschung: https://zenodo.org/records/17177763

    Zur „Pilotstudie zur Praxis der Genehmigungsverfahren für Tierversuche in Deutschland – eine kritische Analyse“, Valeska M. Stephan und Ständige Senatskommission für tierexperimentelle Forschung: https://zenodo.org/records/17177713

    Weitere Informationen zur Ständigen Senatskommission für tierexperimentelle Forschung: https://www.dfg.de/sktf


    Weitere Informationen:

    https://zenodo.org/records/17177763
    https://zenodo.org/records/17177713
    https://www.dfg.de/sktf


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    fachunabhängig
    überregional
    Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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