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Wissenschaft
Jan Wolter ist Bevollmächtigter des Präsidiums der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL). Unter seiner Leitung erfährt die Fachgesellschaft seit dem Jahr 2024 eine strategische und kommunikative Neuausrichtung, die in den Medien bundesweit Beachtung findet. Wolter sprach im Rahmen der Serie NACHGEFRAGT über seine strategischen Entscheidungen, die Potenziale von Verbänden – und erklärte im Interview mit dem offiziellen Informationsportal der DGKL, MedLabPortal, warum eine wissenschaftliche Fachgesellschaft ein so erfolgreiches Informationsportal betreibt .
MedLabPortal: Herr Wolter, als Bevollmächtigter des Präsidiums zeichnen Sie seit nunmehr fast zwei Jahren für die Kommunikationsstrategie und strategische Neuausrichtung der DGKL verantwortlich. Was haben Sie bislang erreicht?
Wolter: Ich denke, wir haben in den zurückliegenden knapp zwei Jahren eine ganze Menge erreicht. Es wurden interne Prozesse grundlegend neu aufgesetzt und gleichzeitig die gesamte Kommunikation auf neue Füße gestellt. Um die Labormedizin stärker in die Öffentlichkeit zu tragen und bekannter zu machen, haben wir mit dem MedLabPortal eine Plattform aufgebaut, die uns eine Reichweite verschafft, wie es zuvor kaum denkbar gewesen wäre.
MedLabPortal: Und auf diese Weise ist die DGKL sichtbarer geworden?
Wolter: Allerdings! Wir haben in diesem Jahr bereits mehr als 2 Millionen Views allein auf Google. Bei vielen Suchanfragen belegen wir Spitzenplätze. Auch die Medien greifen unsere Themen auf. Und das MedLabPortal ging erst vor einem Jahr online.
MedLabPortal: Wir rechnen kurz nach: Sie haben im Dezember 2023 angefangen, das Portal ging also 10 Monate nach Ihrem Start online. Das heißt, die Idee gab es schon vor Ihrem Antritt?
Wolter: Nein. Ich habe nach meinem Start die Idee entwickelt, ein Konzept geschrieben, das Präsidium überzeugt, mir eine Agentur gesucht, die das kann, und dann umgesetzt. Parallel wurde auch unsere Webseite relaunched, ein neuer Mitgliederbereich geschaffen, ein neues CRM eingeführt, die Buchhaltung umgestellt und manches mehr.
MedLabPortal: Sie sagten eingangs, Sie hätten auch Prozesse neu aufgesetzt?
Wolter: Ja, wir haben vieles digitalisiert, insbesondere im Mitgliedermanagement. Unser CRM ist mit dem Mitgliederbereich verknüpft, was Prozesse deutlich beschleunigt und vereinfacht. Ziel ist es bei all dem, die Wege für Mitglieder so barrierefrei und einfach wie möglich zu gestalten.
MedLabPortal: Zurück zum MedLabPortal. Informationsportale im Internet gibt es wie Sand am Meer, warum wollten Sie unbedingt ein eigenes für die DGKL aufbauen?
Wolter: Als wissenschaftliche Fachgesellschaft wollte ich mich nicht abhängig machen von anderen Plattformen oder Medien. Unsere Interviews, Hintergrundberichte und täglichen News müssen unverfälscht und zeitnah an die Öffentlichkeit kommen können. Darüber hinaus haben wir das MedLabPortal mit unserem Mitgliederbereich verknüpft, so dass Inhalte aus dem Portal direkt dorthin geteilt werden können. Das MedLabPortal kann damit auch zum Impulsgeber in der Fachgesellschaft werden.
MedLabPortal: Sie sind dafür bekannt, gesellschaftsrelevante Entwicklungen im Sicherheitsbereich zu antizipieren. Beim ASW Bundesverband sagten Sie beispielsweise bereits 2016 voraus, dass Deutschland im Bereich der Cybersicherheit und Desinformation resilient werden muss. Das ist für uns insofern interessant, als zum ASW Partner wie BND, BKA, BSI und der Bundesverfassungsschutz zählen – Sie waren diesen Institutionen gewissermaßen um 10 Jahre voraus. Welche Sicherheitsrisiken bestehen heute für die Labormedizin?
Wolter: Ich sehe neue Technologien immer als Chance, versuche aber auch, sie durch die Brille eines Kriminellen zu betrachten. Als der 3D-Druck rauskam, Social Media sich stärker verbreiteten oder KI erste Erfolge in der Bild- und Videogenerierung feierte, hatte ich jedes Mal Szenarien parat, wie sich all das als Waffe einsetzen lässt. Es sind letztlich Werkezuge, die praktische jedem zur Verfügung stehen. Die Frage ist, wer was erreichen möchte und dafür diese Werkzeuge gegen wen einsetzen wird. Die Labormedizin dürfte bei mehreren „bad guys“ aus unterschiedlichen Feldern auf dem Zettel stehen. Die größten Risiken sehe ich dabei aktuell im Cyber Bereich. Eine unmittelbar physische Bedrohung sehe ich nicht.
MedLabPortal: Und wie sollte sich die Labormedizin darauf einstellen? Der Branche fehlt es ja nicht an Geld – immerhin generiert sie einen Umsatz von rund 10 Milliarden Euro pro Jahr.
Wolter: Das muss man differenziert betrachten. Tatsächlich sinkt die Vergütung für Laborleistungen beständig, die Gesundheitsbranche sieht sich insgesamt einem hohen Sparzwang ausgesetzt. Leider werden Investitionen in Sicherheit nicht als das gesehen, was sie sind, nämlich als Geschäftsgrundlage. Sie machen Geschäfte erst nachhaltig möglich. Gelöst wird das Problem zu oft über Versicherungen oder Zertifikate, mit denen man sich enthaftet. Das ist nicht selten leider alles, was zählt. Wir müssen in Punkto Sicherheit grundlegend umdenken! Und dafür braucht es auch Geld.
MedLabPortal: Vor dem ASW Bundesverband waren Sie bei SPECTARIS, einem Verband, der zu den Schwergewichten der Medizintechnik zählt. Warum halten Sie Verbände als Struktur unserer Gesellschaft für so wichtig?
Wolter: Durch Verbände können Sie aus der Gemeinschaft heraus Dinge leisten, die sonst nicht möglich wären. Das Problem bei manchen Verbänden ist jedoch, dass sie zu sehr wie Behörden geführt werden. Sie werden verwaltet. Oder es geht darum, schöne Bilder zu produzieren, Hochglanzpapiere zu drucken oder möglichst viele Pressemitteilungen zu verschicken, in denen das Ehrenamt lang und breit zu Wort kommt. Das ist schade, weil oftmals so viel möglich wäre! Verbände bieten enorme Potenziale – man muss sie nur heben.
MedLabPortal: Wir sind gerne provokativ. Nur weil die Mitglieder eines Verbandes Milliarden Euro generieren, heißt das nicht, dass sie die Verbandsarbeit jenseits der Mitgliedsbeiträge übermäßig stützen. Gilt das auch für die Labormedizin?
Wolter: Zusätzliche Mittel zu generieren ist immer eine Herausforderung.
MedLabPortal: Rechnet sich denn jeder investierte Cent langfristig durch die daraus resultierende Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung?
Wolter: Die Frage ist, was „sich rechnen“ bedeuten soll. Ich bin jedenfalls fest davon überzeugt, dass eine intelligente Kommunikation zu einer besseren Aufklärung führt und damit letztlich Kosten im Gesundheitssystem sparen wird. Letztlich brauchen wir mehr günstige Labormedizin und dafür weniger teure Behandlungen.
MedLabPortal: Was meinen Sie mit „intelligenter Kommunikation“?
Wolter: Bei allen komplexeren, wissenschaftlichen Themen ist es grundsätzlich schwierig, die bereite Bevölkerung zu erreichen. Es ist ja nicht jeder Mediziner oder Physiker – zum Glück! Wir müssen Wissenschaft verständlicher und praxisrelevanter kommunizieren. Dann interessiert das auch jemanden, der nicht vom Fach ist. Und es interessiert auch die Medien, die die Themen gerne aufgreifen.
MedLabPortal: Bei der DGKL ist Ihnen das jedenfalls gelungen. Der Verband – rechtlich ein Verein – hat etwas mehr als 1000 Mitglieder, was zahlenmäßig wenig erscheint. Trotzdem berichten mediale Schwergewichte wie der Tagesspiegel über das, was Sie zu sagen haben. Bei Google und ChatGPT finden Menschen, die nach relevanten Themen der Labormedizin und Medizin suchen, über MedLabPortal die Themen der DGKL. Setzen Sie gezielt auf Klasse statt Masse?
Wolter: Ich würde sagen, durch Klasse erreichen wir Masse. Die Themen der Labormedizin betreffen jeden von uns. Wenn wir sie gut und spannend aufbereitet bekommen (also Klasse), dann interessiert das auch die breite Masse.
MedLabPortal: Verbände vertreten andererseits ihre eigenen Interessen, was gerade im Medizinbereich für die Bevölkerung schwer vermittelbar ist. Wie können Sie mit negativen Imagebildern umgehen? Der jammernde Chefarzt im Porsche wäre so ein Bild….
Wolter: Die DGKL ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft. Uns geht des darum, die Labormedizin weiterzuentwickeln, höchste Standards zu etablieren und damit Menschenleben zu retten. Wir jammern nicht, wir beschweren uns nicht. Wir analysieren und geben daraufhin konstruktive Handlungsempfehlungen – ganz nüchtern und immer auf dem Stand der Wissenschaft.
MedLabPortal: Gesundheitspolitik ist immer ein Minenfeld. Erhalten Sie seitens der Fachgesellschaft die nötige Rückendeckung, oder gibt es intern Stimmen, die des lieben Friedens willen lieber auf weniger Sichtbarkeit setzen?
Wolter: Bei 1.200 Mitgliedern gibt es immer unterschiedliche Stimmen zu einzelnen Themen. Bislang hat mir aber noch niemand gesagt, dass wir leiser werden sollten.
MedLabPortal: Vielen Dank für Ihre Zeit
Die Fragen stellte Vlad Georgescu
Abdruck bei Nennung der Quelle www.medlabportal.de honorarfrei
https://medlabportal.de/nachgefragt-wir-analysieren-und-geben-daraufhin-konstruk...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Informationstechnik, Medizin, Politik
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
Deutsch
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