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13.10.2025 15:22

Neue Verbindung zwischen Peroxid- und Sulfidstoffwechsel entdeckt – Erfolg in der Peroxidase-Forschung an der RPTU

Julia Reichelt Universitätskommunikation
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau

    Peroxidasen bauen in Organismen Wasserstoffperoxid ab. Für Enzyme des „Peroxiredoxin 6-Typs“ war seit der Entdeckung im Jahr 1998 unklar, woher die Elektronen für diese Reaktion stammen. Die Arbeitsgruppe von Professor Marcel Deponte an der RPTU hat die Wissenslücke nun geschlossen. Die Forschenden zeigten an zwei Modellorganismen – Mensch und Malariaerreger –, dass Peroxiredoxin-6-Enzyme schnell mit Hydrogensulfid reagieren. Hydrogensulfid ist das Anion von Schwefelwasserstoff. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Studie ist im Fachmagazin „Advanced Science“ erschienen. Die Erkenntnisse stellen eine neue Verbindung zwischen Peroxid- und Sulfidstoffwechsel her.

    Die Gruppe von Professor Marcel Deponte vergleicht und charakterisiert schon seit vielen Jahren Redoxenzyme, darunter auch Peroxidasen, die Wasserstoffperoxid enzymatisch entgiften oder als Signalmolekül umsetzen. Hierfür benötigen die Enzyme Elektronen, die sie nach dem Prinzip „Geben und Nehmen“ von einem Reduktionsmittel auf Wasserstoffperoxid übertragen. Die Frage, welches Reduktionsmittel Peroxidasen vom Peroxiredoxin 6-Typ nutzen, war seit 1998 eines der ungelösten Rätsel im Forschungsfeld.

    Lukas Lang konnte etwa im Rahmen seiner Promotion in der AG Deponte zeigen, dass Peroxiredoxin 6-Enzyme im Unterschied zu ähnlichen Peroxidasen nicht mit gängigen physiologischen Reduktionsmitteln reagieren (erschienen 2023 im Fachmagazin ACS Catalysis). „Die Idee, Schwefelwasserstoff bzw. die in allen Lebewesen vorkommenden Sulfide als Reduktionsmittel zu testen, nahm bei uns Fahrt auf, als 2024 zwei andere Arbeitsgruppen unabhängig voneinander entdeckten, dass Peroxidasen vom Peroxiredoxin 6-Typ mit Selenwasserstoff reagieren können“, erklärt der Biochemiker aus Kaiserslautern.

    Peroxidstoffwechsel trifft Sulfidstoffwechsel

    Selen- und Schwefelwasserstoff besitzen einerseits ähnliche chemische Eigenschaften. Allerdings verfügen nicht alle Organismen mit diesem weitverbreiteten Peroxidasetyp über einen Selenstoffwechsel, wohingegen alle Lebewesen einen Sulfidstoffwechsel besitzen. Schwefelwasserstoff ist nicht nur ein stinkendes und potenziell giftiges Gas. Es dient auch als Signalmolekül und kommt in deprotonierter Form als Sulfid unter anderem in Eisen-Schwefel-Zentren von Enzymen vor.

    Laura Leiskau und Lukas Lang, Erstautorin und Erstautor der Studie, untersuchten deshalb, ursprünglich aus reiner Neugierde, ob Peroxiredoxin 6-Enzyme mit Schwefelwasserstoff reagieren. „Unsere Forschungsarbeit ergab, dass Peroxidasen des Peroxiredoxin 6-Typs des Menschen und des Malariaerregers Plasmodium falciparum äußerst schnell mit Hydrogensulfid, dem Anion des Schwefelwasserstoffs, reagieren. Dadurch wird Wasserstoffperoxid zu Wasser reduziert und Wasserstoffdisulfid als potenzielle Quelle für Persulfide gebildet. Letzteren wird aktuell eine Schutzfunktion zugeschrieben. Außerdem konnten wir erste Erkenntnisse gewinnen, mit welchen Zwischenstufen der ungewöhnliche Katalyse-Zyklus dieser Enzyme abläuft“, so das Fazit von Doktorandin Laura Leiskau.

    So ist es der Kaiserslauterer Arbeitsgruppe letztlich gelungen, erstmals eine mögliche enzymatische Verbindung zwischen dem Peroxid- und dem Sulfidstoffwechsels darzustellen und so auch zum besseren Verständnis des Persulfidstoffwechsels beizutragen.

    Enzyme aus zwei Modellorganismen liefern vergleichbare Ergebnisse

    Um die schnellen enzymatischen Reaktionen direkt messen zu können, nutzte Laura Leiskau für ihre Forschungsarbeit die sogenannte Stopped-Flow-Methode. Dabei werden die Reaktionspartner, also in dem Fall das Enzym und sein Substrat, sehr schnell in einem Spektrometer miteinander gemischt. Besitzen die verschiedenen Zustände des zu untersuchenden Enzyms voneinander abweichende Fluoreszenzeigenschaften, lassen sich mögliche Änderungen im Verlauf der Katalyse im Bereich von Tausendstelsekunden mithilfe eines Fluoreszenzdetektors zeitaufgelöst verfolgen.

    Als Quellen für Wasserstoffperoxid und Hydrogensulfid dienten kommerzielle Peroxidlösungen und entsprechende Sulfidsalze in hoher Reinheit. Die benötigten Mengen an Peroxiredoxin 6-Enzym aus Mensch und Malariaerreger konnten die Forschenden rekombinant in harmlosen Stämmen des Bakteriums Escherichia coli herstellen und anschließend reinigen. „Mensch und Malariaparasit sind evolutionär nicht verwandt und gehören zu vollkommen unterschiedlichen Gruppen der Eukaryoten. Da die Ergebnisse sehr gut vergleichbar waren, gehen wir davon aus, dass Hydrogensulfid auch sehr schnell mit anderen Peroxidasen vom Peroxiredoxin 6-Typ reagiert“, sagt Marcel Deponte.

    Das Projekt wurde durch die DFG gefördert (DE 1431/19-1 Projektnummer 508372800). Laura Leiskau, Lea Bambach und Marcel Deponte sind Mitglieder der Graduiertenschule 2737 STRESSistance.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Professor Marcel Deponte
    Vergleichende Biochemie
    T: 0631 205-3421
    E: deponte[at]rptu.de


    Originalpublikation:

    Lukas Lang, Laura Leiskau, Lea Bambach, Marcel Deponte (2025): H2S Is a Potential Universal Reducing Agent for Prx6-Type Peroxiredoxins; Advanced Science, https://doi.org/10.1002/advs.202507214


    Weitere Informationen:

    https://doi.org/10.1021/acscatal.2c04896


    Bilder

    Symbolische Darstellung der von der Peroxidase des „Peroxiredoxin 6-Typs“ katalysierten Reaktion.
    Symbolische Darstellung der von der Peroxidase des „Peroxiredoxin 6-Typs“ katalysierten Reaktion.

    Copyright: RPTU, AG Deponte

    Professor Marcel Deponte und Laura Leiskau an einem Stopped-Flow-Spektrofluorometer, wie es bei der Forschungsarbeit zum Einsatz kam.
    Professor Marcel Deponte und Laura Leiskau an einem Stopped-Flow-Spektrofluorometer, wie es bei der ...
    Quelle: Thomas Koziel
    Copyright: RPTU, Thomas Koziel


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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