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Neue Werte des IMK Inflationsmonitors
Inflation für 7 von 9 Haushaltstypen leicht über Zielrate der EZB, doch Rückgang ist absehbar
Die Inflationsrate in Deutschland ist im September auf 2,4 Prozent gestiegen und liegt damit aktuell über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2,0 Prozent. Der Anstieg um 0,2 Prozentpunkte gegenüber August beruhte aber vor allem darauf, dass der Rohölpreis im Referenzmonat September 2024 seinen Jahrestiefpunkt erreichte. In der Folge lagen nicht nur die Kraftstoffpreise ebenfalls auf einem Jahrestiefstand, sondern auch die Preise für Pauschalreisen und Flüge waren auf niedrigem Niveau.
Die entsprechend starke Teuerung von Pauschal- und Flugreisen im September 2025 erklärt zusammen mit zeitlich begrenzten Sondereffekten wie einem für die Saison untypischen Anstieg der Hotelpreise im Bundesland Nordrhein-Westfalen größtenteils den Anstieg der Teuerung bei Dienstleistungen. Bereits im laufenden Oktober dürfte die Inflation wieder sinken und „sehr nah am Inflationsziel der EZB liegen“, prognostiziert Dr. Silke Tober, Geldpolitikexpertin des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Von neun verschiedenen Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, hatten im September sieben eine haushaltsspezifische Teuerung etwas oberhalb des EZB-Zielwerts. Lediglich Alleinlebende mit geringen Einkommen lagen mit 1,8 Prozent haushaltsspezifischer Teuerungsrate etwas darunter, Familien mit niedrigen Einkommen genau bei 2,0 Prozent, zeigt der neue Inflationsmonitor des IMK.*
Insgesamt reichte die Spannbreite der haushaltsspezifischen Inflationsraten im September von 1,8 bis 2,3 Prozent, der Unterschied lag also bei relativ geringen 0,5 Prozentpunkten (siehe auch die Abbildung in der pdf-Version dieser PM; Link unten). Zum Vergleich: Auf dem Höhepunkt der Inflationswelle im Herbst 2022 betrug die Spanne 3,1 Prozentpunkte. Während Haushalte mit niedrigen Einkommen, insbesondere Familien, während des akuten Teuerungsschubs der Jahre 2022 und 2023 eine deutlich höhere Inflation schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, war ihre Inflationsrate in den vergangenen Monaten etwas unterdurchschnittlich. Im langfristigen Vergleich über die vergangenen sechs Jahre hatten einkommensschwache Familien mit zusammengenommen 22,8 Prozent seit September 2019 gleichwohl die höchste Teuerungsrate zu verkraften. Das liegt daran, dass in ihren Warenkörben Güter des Grundbedarfs wie Lebensmittel und Energie ein hohes Gewicht haben, die nach der russischen Invasion in die Ukraine 2022 für längere Zeit die stärksten Preistreiber waren. Familien mit mittleren Einkommen folgten mit 22,6 Prozent kumulierter Teuerung.
Dagegen war die Inflation bei Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen mit 20,7 Prozent im Gesamtzeitraum am niedrigsten, während sie im September 2025 mit 2,3 Prozent etwas höher lag als bei den anderen Haushalten. Genauso hoch war im September die Teuerungsrate von Familien mit hohen Einkommen. Ein wichtiger Faktor dafür ist, dass die konsumstarken Haushaltstypen mit hohen Einkommen stärker Dienstleistungen nachfragen, die sich derzeit noch merklich verteuern, etwa Versicherungsdienstleistungen und soziale Dienstleistungen.
Paarfamilien und Paare ohne Kinder mit jeweils mittleren Einkommen verzeichneten im September eine Inflationsrate von 2,2 Prozent. Bei Alleinlebenden und Alleinerziehenden mit mittleren Einkommen sowie bei Alleinlebenden mit höheren Einkommen verteuerte sich der jeweilige Warenkorb um je 2,1 Prozent.
-Inflationslage entspannt, trotz des kurzfristigen Anstiegs-
Die Inflation in Deutschland und im Euroraum werde wieder etwas sinken und im weiteren Jahresverlauf sehr nahe am EZB-Inflationsziel von 2,0 Prozent und 2026 sogar darunter liegen, erwartet Inflationsexpertin Tober. Gleichzeitig belasteten US-Zölle, weiterhin hohe Energiepreise und die starke Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar seit Jahresbeginn die Wirtschaft – im ganzen Euroraum, der insgesamt von Investitionsschwäche geprägt sei, aber insbesondere in Deutschland. „Bis die staatlichen Investitionen in Deutschland an Breite gewinnen, wird auch die Unsicherheit hoch bleiben“, warnt die Ökonomin „Daher sollte die EZB die Zinsen erneut senken und damit einen Beitrag zur Stärkung der Investitionstätigkeit insgesamt leisten.“
-Lebensmittel um gut 39 Prozent, Energie um knapp 36 Prozent teurer als im September 2019-
Das IMK berechnet seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden (mehr zu den Typen und zur Methode unten). In einer Datenbank liefert der IMK Inflationsmonitor zudem ein erweitertes Datenangebot: Online lassen sich Trends der Inflation für alle sowie für ausgewählte einzelne Haushalte im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken abrufen (Link unten).
Zwar dürfte die in den Jahren 2022 und 2023 entstandene Kaufkraftlücke bei den meisten Haushalten mittlerweile durch Lohnsteigerungen und wirtschaftspolitische Entlastungen weitgehend geschlossen sein, analysiert Tober. Unabhängig davon dokumentiert der längerfristige Vergleich von Preisen, den die Forscherin in ihrem neuen Bericht ebenfalls anstellt, die seitdem stark erhöhten Preisniveaus gerade von Waren des Grundbedarfs: Die Preise für Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke lagen im September 2025 um 39,3 Prozent höher als im September 2019, also vor Pandemie und Ukrainekrieg. Damit war die Teuerung für diese unverzichtbaren Basisprodukte mehr als dreimal so stark wie mit der EZB-Zielinflation von kumuliert 12,6 Prozent in diesem Zeitraum vereinbar. Energie war trotz der Preisrückgänge in den vergangenen beiden Jahren um 35,8 Prozent teurer als 2019, darunter Haushaltsenergie um 45,4 Prozent und Kraftstoffe um 22,6 Prozent.
-Informationen zum Inflationsmonitor-
Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.
Dr. Silke Tober
IMK-Expertin für Geldpolitik
Tel.: 0211-7778-336
E-Mail: Silke-Tober@boeckler.de
Rainer Jung
Leiter Pressestelle
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de
*Silke Tober: IMK Inflationsmonitor: Inflation steigt im September auf 2,4 %, vorübergehende Effekte dominieren. IMK Policy Brief Nr. 199, Oktober 2025. Download: https://www.boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-009255
Die PM mit Abbildung (pdf): https://www.boeckler.de/data/pm_imk_2025_10_20.pdf
Ergebnisse des Inflationsmonitors in interaktiven Grafiken: https://www.imk-boeckler.de/de/imk-inflationsmonitor-51365.htm
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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