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Deutsch, Englisch und Mathe im Wald? Das wird für eine Klasse der Mittelschule Würzburg-Heuchelhof einmal die Woche Wirklichkeit. Diese Form des Unterrichts zu analysieren, hat sich ein Forschungsteam der Uni Würzburg vorgenommen.
Es ist kein Geheimnis: Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland bewegen sich zu wenig, verbringen immer mehr Zeit mit digitalen Medien und weisen mitunter psychische Auffälligkeiten auf. Auch Lehrkräfte spüren den Druck. Stress, Lärm und Bewegungsmangel prägen den Schulalltag. Ein innovativer Ansatz rückt nun immer mehr in den Fokus – der Draußenunterricht verspricht Entlastung und neue Impulse für Lernen und Wohlbefinden.
Für eine sechste Klasse der Mittelschule Würzburg-Heuchelhof wird der Wald nun einmal pro Woche zum Klassenzimmer mit Schulgarten, Atrium und Toilette. Den Bau übernahmen 17 Manager der Siemens AG zusammen mit dem bayerischen Landesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) und studentischen Hilfskräften des Lehrstuhls für Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU). Die Schülerinnen und Schüler bekamen ihren neuen Unterrichtsort am 16. Oktober 2025 offiziell von Simon Tangerding, SDW-Geschäftsführer für den Landesverband Bayern, übergeben.
Per Kamera den Draußenunterricht analysieren
Am Projekt beteiligt ist der JMU-Lehrstuhl für Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen. Er nimmt den Unterricht der Schülerinnen und Schüler in den Fokus. Und zwar per Kamera. „In unserem Projekt filmen wir den Unterrichtstag der Kinder im Freien, um die spezielle Lehr- und Lernsituation des Draußenunterrichts untersuchen zu können“, erklärt Professor Stephan Ellinger, Leiter des Lehrstuhls und gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Lukas Kleinhenz Projektleitung.
Aber nicht nur das: Gleichzeitig filmt das Team einen Tag in der Woche den standardmäßigen Unterricht im Klassenzimmer. Somit können sie die beiden Situationen über das Schuljahr 2025/2026 hinweg vergleichen. „Für uns stehen mehrere Fragen im Raum, unter anderem: Wie verändert sich der Unterricht? Was passiert mit dem Lernen? Lassen sich die Schülerinnen und Schüler womöglich leichter ablenken? Oder wirken sie weniger gestresst und lassen sich von der Natur auf bestimmte Art und Weise ansprechen? Wie gehen sie und die Lehrkräfte mit der neuen Situation um?“, so Kleinhenz.
Draußenunterricht als alternative Unterrichtsform anbieten
Die Forschenden haben dafür im Vorhinein keine festen Parameter, wie zum Beispiel die Anzahl der Schüler-Meldungen, zur Analyse festgelegt. Sie betreiben qualitative Forschung: „Uns ist wichtig, unvoreingenommen an die Sache heranzugehen“, so Ellinger. Es gelte, das Videomaterial zu transkribieren, auszuwerten und die jeweilige Situation genau zu beschreiben.
Nach der Analyse soll ein Konzept für den Draußenunterricht entstehen. „Wir wollen mit unseren Erkenntnissen Lehrkräften ermöglichen, den Draußenunterricht als zuverlässige alternative Unterrichtsform anbieten zu können“, so Kleinhenz. Die Forschenden wollen das Konzept gemeinsam mit den Partnern der Technischen Universität München auf einer Webseite präsentieren.
Zum Verbundprojekt
Das JMU-Projekt ist Teil des Verbundprojekts „Entwicklung und Erprobung eines Rahmenunterrichtskonzepts in urbanen und ländlichen Naturräumen“. Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat fördert diese mit über einer Million Euro für den Zeitraum vom 1. Oktober 2024 bis zum 30 September 2027. Kooperationspartner sind die JMU, die Technische Universität München und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Landesverband Bayern. Beteiligt sind außerdem mehrere Schulen in ganz Deutschland – ein Großteil in Bayern.
Das JMU-Teilprojekt läuft unter dem Namen „Lernraumanalyse im Kontext des Lernens, Lehrens und der sozialen Interaktion unter besonderer Berücksichtigung von Ausdrucksgestalten schulischen Resonanzerlebens“. Das Forschungsteam kooperiert dafür mit drei unterfränkischen Schulen:
• Mittelschule Würzburg-Heuchelhof
• Pestalozzischule Hösbach
• Adolph-Kolping-Schule Würzburg
An jeder Schule untersucht das Team verschiedene Formen des Draußenunterrichts: An der Mittelschule findet der Unterricht in einem Waldstück statt, in Hösbach im Schulgarten auf dem Schulgelände und an der Kolping-Schule um einen bereitgestellten Bauwagen auf einer nahegelegenen Freifläche.
Die Siemens AG beteiligte sich im Aufbau des Wald-Klassenzimmers im Rahmen der Firmen-Stiftung, die 2008 als unabhängige und gemeinnützige Organisation gegründet wurde. Seitdem realisiert sie Projekte, die einen Beitrag zu nachhaltiger gesellschaftlicher Entwicklung leisten.
Prof. Dr. Stephan Ellinger, Leiter des Lehrstuhls für Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen, T. +49 931 31-85486, stephan.ellinger@uni-wuerzburg.de
Lukas Kleinhenz, Lehrstuhl für Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen, T. +49 931 31-87724, lukas.kleinhenz@uni-wuerzburg.de
https://www.sonderpaedagogik.uni-wuerzburg.de/l/team/ellinger/forschung/draussen... Zur Webseite des Teilprojekts:
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Pädagogik / Bildung
überregional
Forschungsprojekte, Schule und Wissenschaft
Deutsch
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