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23.10.2025 10:49

Netzanschlussanspruch für Erneuerbare als Kernelement des EEG: Wie kommt die Anlage ans Netz?

Kristian Lozina Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Stiftung Umweltenergierecht

    Netzbetreiber sind gesetzlich verpflichtet, Erneuerbare-Energien-Anlagen schnellstmöglich an das Stromnetz anzuschließen und die Stromeinspeisung zu ermöglichen. Doch der dafür nötige Netzausbau hinkt in Deutschland hinterher und es kommt nicht selten zu einem „Anschlussstau“. Die Stiftung Umweltenergierecht hat den Rechtsrahmen in einem neuen Bericht für die Praxis eingeordnet – inklusive der Rolle von flexiblen Netzanschlussvereinbarungen.

    Der Netzanschluss von Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) ist entscheidend für die Energiewende. Denn ohne Anschluss an das Netz kann kein Strom eingespeist werden. Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sind Netzbetreiber deshalb verpflichtet, EE-Anlagen an das Netz anzuschließen. Dieser Anspruch gilt vorrangig zu sonstigen Energieanlagen und ist nicht von einem vertraglichen Aushandeln mit dem Netzbetreiber abhängig. Doch fehlende Netzkapazitäten sorgen oftmals dafür, dass Netzbetreiber den Anschluss verzögern oder gar verweigern. Für die Projektierer von EE-Anlagen ist dies eine erhebliche Herausforderung, weil der verlässliche Netzanschluss typischerweise unverzichtbar für die Finanzierbarkeit ihres Projekts ist.

    Die Stiftung Umweltenergierecht hat in ihrem neuesten Würzburger Bericht zum Umweltenergierecht Nr. 60 den Rechtsrahmen für den Netzanschluss von EE-Anlagen untersucht, einschließlich der Frage, welche Rolle flexible Netzanschlussvereinbarungen (flexible connection agreements – FCAs) darin spielen könnten. Der Bericht entstand im Rahmen des Forschungsprojektes EE-Netzintegration.

    Das Netz folgt der Anlage – und nicht umgekehrt

    Wie der Bericht zeigt, ist die Rechtslage eindeutig: Netzbetreiber dürfen den Netzanschluss von EE-Anlagen nur in seltenen Ausnahmefällen verweigern – und jedenfalls nicht unter Verweis auf noch fehlende Netzkapazitäten. Die EE-Anlage muss also in der Regel auch dann umgehend angeschlossen werden, wenn das Netz erst noch ausgebaut oder in sonstiger Weise optimiert werden muss, um die vollständige Stromabnahme zu ermöglichen.

    Das heißt: Das Netz folgt der Anlage – und nicht umgekehrt. „Netzanschluss und Stromeinspeisung müssen getrennt betrachtet werden“, erklärt Dr. Johannes Hilpert, Projektleiter bei der Stiftung Umweltenergierecht. „Probleme für die Netzsicherheit entstehen hierdurch grundsätzlich nicht: Soweit noch keine vollständige Stromeinspeisung möglich ist, regelt der Netzbetreiber die Einspeisung ab. Dies wird als Redispatch bezeichnet.“ Der Anlagenbetreiber hat dann einen gesetzlichen Anspruch auf finanzielle Entschädigung.

    „Der Gesetzgeber hat den Netzanschluss bewusst vom Netzzugang und der gegebenenfalls notwendigen Netzertüchtigung entkoppelt, damit der anschlussbegehrende Anlagenbetreiber nicht vom Netzbetreiber abhängig ist“, so Dr. Tobias Klarmann, Mitautor des Berichts. Das sei wichtig für die Akteursvielfalt, die beim Erneuerbaren-Ausbau benötigt werde.

    Welche Rolle können flexible Netzanschlussvereinbarungen spielen?

    Aufgrund des weitgehend unbedingten Anspruchs auf Netzanschluss ist die Frage, wo eine EE-Anlage an das Netz angeschlossen wird, besonders relevant. „Der Netzverknüpfungspunkt wird aufgrund der Vorgaben des Erneuerbare-Energien-Gesetzes primär anhand der gesamtwirtschaftlichen Kosten bestimmt, die wiederum maßgeblich von den vorhandenen Netzkapazitäten beeinflusst werden“, so Mitautorin Alina Anapyanova. Der gesetzlich vorgesehene Netzverknüpfungspunkt kann daher sehr weit vom Standort der EE-Anlage entfernt sein und dadurch hohe Kosten für den Anlagenbetreiber verursachen.

    Mit flexiblen Netzanschlussvereinbarungen, die seit Februar 2025 gesetzlich geregelt sind, soll das System optimiert werden, wie die Autoren in ihrem Bericht zeigen. „Der anschlussbegehrende Anlagenbetreiber kann sich in einer solchen Vereinbarung freiwillig zu einer entschädigungslosen Beschränkung der Stromeinspeisung bereit erklären. Im Gegenzug kann er dafür einen für ihn günstiger gelegenen Netzverknüpfungspunkt bekommen“, so Dr. Tobias Klarmann.

    Das Fazit: „Ergänzende Flexibilisierungsmöglichkeiten wie freiwillige flexible Netzanschlussvereinbarungen könnten Anlagenbetreibern und Netzbetreibern neue Chancen und Gestaltungspielräume eröffnen, die auch dem Gesamtsystem dienen. Netzressourcen könnten so effektiver genutzt und Kosten gespart werden“, sagt Dr. Yvonne Kerth, Forschungsgebietsleiterin bei der Stiftung Umweltenergierecht. „Bei der weiteren rechtlichen Ausgestaltung solcher Möglichkeiten sollte aber der weitgehend unbedingte Netzanschlussanspruch für EE-Anlagen als zentrales Strukturelement des EEG nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden.“ Ein Verzicht auf die Redispatch-Entschädigung sei aufgrund EU-rechtlicher Vorgaben ohnehin nur auf freiwilliger Basis zulässig.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Johannes Hilpert, Projektleiter, Stiftung Umweltenergierecht, Tel.: +49 931 794077-25, E-Mail: hilpert@stiftung-umweltenergierecht.de


    Originalpublikation:

    Klarmann/Anapyanova, Der rechtliche Rahmen des Netzanschlusses von Erneuerbare-Energien-Anlagen, Würzburger Bericht zum Umweltenergierecht Nr. 60 vom 22. Oktober 2025


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Energie, Recht, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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