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28.10.2025 14:50

Potenzial mikrobiombasierter Therapien: Bakterielles Stoffwechselprodukt stärkt den Körper nach Krebstherapie

Clara Stark Stabsstelle „Strategische Entwicklung“
Leibniz-Institut für Immuntherapie

    Patienten, die Tumortherapien wie Bestrahlung oder Stammzelltransplantationen erhalten, leiden häufig unter schweren Schädigungen der Darmschleimhaut. Sie leiden nicht nur unter den Schmerzen und Komplikationen, sondern haben auch langfristig schlechtere Behandlungsergebnisse. Eine Studie der LIT-Kooperationsgruppe „Innate Immunstimulation bei Krebs und Transplantationen" im Journal „Nature Communications“ zeigt, wie ein bakterielles Stoffwechselprodukt die Darmbarriere schützt und die Regeneration der Darmschleimhaut durch Stammzellen fördert. Die Ergebnisse verdeutlichen zudem, dass das mikrobielle Produkt auch die Immunabwehr gegen Leukämie stärkt.

    Darmbakterien produzieren aus pflanzlicher Nahrung ein Stoffwechselprodukt, das den Darm während der Krebstherapie schützt – und leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Behandlung schwerwiegender Nebenwirkungen von Krebs- und Transplantationstherapien. „Desaminotyrosin stimuliert die Reparatur durch Stammzellen und justiert die Immunreaktion über molekulare Signalwege, die für Ernährung und Immunabwehr wichtig sind“, beschreibt Doktorand Sascha Göttert von der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum Regensburg (UKR) und Erstautor der Studie. Gemeinsam mit Prof. Hendrik Poeck, Leiter der LIT-Kooperationsgruppe „Innate Immunstimulation bei Krebs und Transplantationen“, und Dr. Erik Thiele Orberg, Oberarzt am UKR, leitete er das Forschungsteam.

    Die Studie der LIT-Kooperationsgruppe in Zusammenarbeit mit Forschern der Technischen Universität München (TUM) eröffnet vielversprechende Perspektiven für die Entwicklung mikrobiombasierter Therapien, um die Regeneration und Behandlungsergebnisse nach Stammzelltransplantationen zu verbessern. Das Team wurde vom Sonderforschungsbereich (SFB) 1371 unterstützt, der die funktionelle Relevanz von Mikrobiom-Signaturen verstehen und deren genauen Beitrag zu unterschiedlichen Krankheitsbildern klären will. Support kam auch vom SFB Transregio 221: Dieser Verbund widmet sich den ungelösten Herausforderungen in der Behandlung von Patienten mit Leukämie oder Lymphomen.

    Ein Stoffwechselprodukt von Darmbakterien, das vor Komplikationen schützt

    Desaminotyrosin (DAT) ist ein Abbauprodukt von Darmbakterien nach Verzehr von Obst und Gemüse sowie den darin enthaltenen Flavonoiden. „Die Wirkung von DAT zeigte sich selbst unter der Anwendung von Breitbandantibiotika, die zwar oft unvermeidlich sind, jedoch mit schlechteren Behandlungsergebnissen einhergehen und eine der großen Einschränkungen allogener Stammzelltransplantationen darstellen“, erklärt Dr. Erik Thiele Orberg.

    Bei Patienten, die eine Stammzelltransplantation erhalten hatten, korrelierten höhere DAT-Spiegel mit einer besseren Überlebensrate und weniger Rückfällen. In präklinischen Mausmodellen verhinderte synthetisches DAT sogar die schwere Komplikation Graft-versus-Host-Disease (GvHD), indem es die Darmbarriere stärkte und die Gewebereparatur förderte. Dieser Effekt zeigte sich, obwohl die Tiere aufgrund der Antibiotikabehandlung einen Großteil ihrer gesunden Darmflora verloren hatten.

    Kleine „Mini-Därme“: Moderne Organoidkulturen helfen bei der Analyse

    Die Wissenschaftler untersuchten Gewebeproben von Patienten nach Stammzelltransplantation sowie verschiedene Mausmodelle für strahlen- und therapieinduzierte Darmschäden. Zusätzlich nutzten sie moderne Organoidkulturen - kleine „Mini-Därme“, die im Labor aus menschlichen Stammzellen gezüchtet werden - , um die Wirkung des bakteriellen Stoffwechselproduktes auf die Darmschleimhaut gezielt zu analysieren.

    Darmstammzell-Aktivierung und Anti-Krebs-Effekte: Fortschritt für Therapieoptionen

    DAT wirkt, indem es intestinale Stammzellen aktiviert und diese unter Stressbedingungen stärkt. Zugleich trägt es zu Anti-Krebs-Effekten bei und unterstützt so das Immunsystem. Die wichtige Studie unterstreicht damit die zentrale Rolle der intestinalen Stammzellen als „Meister der Reparatur“. Prof. Hendrik Poeck, Leiter der LIT-Kooperationsgruppe „Innate Immunstimulation bei Krebs und Transplantationen“, betont: „Diese Erkenntnisse eröffnen spannende Wege für neue mikrobiombasierte Therapien, die Nebenwirkungen reduzieren, die Lebensqualität verbessern und die Wirksamkeit lebensrettender Therapien erhöhen könnten.“

    Über das Leibniz-Institut für Immuntherapie (LIT)

    Das LIT ist ein Institut innerhalb der Leibniz-Gemeinschaft mit Sitz in Regensburg, Deutschland. Unsere Mission ist es, innovative Therapien für die Behandlung von Krebs, Autoimmunerkrankungen und chronischen Entzündungen zu entwickeln. Durch die Umschulung von Immunzellen mittels synthetischer und pharmakologischer Strategien entwickeln wir Zellen, die Leben retten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. med. Hendrik Poeck
    Leiter der LIT-Kooperationsgruppe „Innate Immunstimulation bei Krebs und Transplantationen“

    LIT – Leibniz-Institut für Immuntherapie
    c/o Universitätsklinikum Regensburg
    Franz-Josef-Strauß-Allee 11
    93053 Regensburg

    Tel.: +49 941 944-5542
    E-Mail: hendrik.poeck@klinik.uni-regensburg.de

    Geschäftsführender Oberarzt
    Leukämien, Stammzelltransplantation und Immuntherapie
    Klinik und Poliklinik für Innere Medizin III (Hämatologie und Onkologie)
    Universitätsklinikum Regensburg


    Originalpublikation:

    Göttert, S., Thiele Orberg, E., Fan, K. et al. The microbial metabolite desaminotyrosine protects against graft-versus-host disease via mTORC1 and STING-dependent intestinal regeneration. Nat Commun 16, 9282 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-65180-6


    Bilder

    Moderne Organoidkulturen - kleine „Mini-Därme“ - werden im Labor aus menschlichen Stammzellen hergestellt.
    Moderne Organoidkulturen - kleine „Mini-Därme“ - werden im Labor aus menschlichen Stammzellen herges ...
    Quelle: Sascha Göttert
    Copyright: © LIT

    Von links nach rechts: Dr. Erik Thiele Orberg, Sascha Göttert und Prof. Hendrik Poeck
    Von links nach rechts: Dr. Erik Thiele Orberg, Sascha Göttert und Prof. Hendrik Poeck
    Quelle: Clara Stark
    Copyright: © LIT


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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