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03.11.2025 08:00

Preisträgerin Anna Feller erforscht das biologische Wer-mit-wem

Medien Abteilung Kommunikation
Schweizerischer Nationalfonds SNF

    Der diesjährige Marie Heim-Vögtlin-Preis geht an die Evolutionsbiologin Anna Feller. Der SNF verleiht ihr die Auszeichnung für ihre wegweisende Forschung zur Artbildung und biologischen Vielfalt.

    Wer verstehen will, wie Biodiversität entsteht und erhalten bleibt, muss auch wissen, warum sich selbst eng verwandte Arten nicht miteinander fortpflanzen. Denn das würde zu einer Vermischung ihres Erbguts und letztlich dem Verschwinden von Arten führen.

    Genau diese Frage erforscht Evolutionsbiologin Anna Feller. Zunächst beschäftigte sie sich mit der artenreichen Familie der afrikanischen Buntbarsche, bevor sie sich den nordamerikanischen Phlox-Wildblumen zuwandte. Diese erforschte sie im Rahmen eines Postdoc.Mobility-Stipendiums des SNF an der Harvard University. Für ihre Arbeit bekommt sie den mit 25‘000 Franken dotierten Marie Heim-Vögtlin-Preis 2025. Die Preisverleihung findet am 25. November 2025 an der ETH Zürich statt.

    Zwei Ansätze – ein schärferes Bild

    Die krautigen Phlox-Arten wachsen in Präriegebieten mit überlappender geografischer Verbreitung – leben also teils Tür an Tür. Dennoch bleiben sie als klar unterscheidbare Arten bestehen. Feller erforschte, woran das liegt: etwa an unterschiedlichen Blüte- und Bestäubungszeiten oder an Unterschieden im Aufbau der Fortpflanzungsorgane. Sie konzentrierte sich auf sieben Arten, die sie in allen Paarkombinationen miteinander verglich, und konnte so zum Beispiel zeigen, dass die unterschiedliche Grösse des Griffels weiblicher Pflanzen eine mechanische Barriere bilden kann, um die Fortpflanzung mit dem eng verwandten Phlox zu verhindern. (*)

    Innovativ an Fellers Arbeit ist, dass sie diese Kreuzungsexperimenten im Gewächshaus mit genetischen Analysen von wild wachsenden Phlox-Pflanzen kombiniert. Denn die Kombination der zwei Ansätze ermöglicht das Hinterfragen einer bisher kaum getesteten Annahme: Geben experimentell gemessene Barrieren wirklich gute Auskunft darüber, wie viel Genfluss in der Natur stattfindet?

    Viel Stoff für weitere Forschung

    Für ihre Arbeit war die Forscherin auch Wochen in Präriegebieten unterwegs, um Pflanzenmaterial zu sammeln – sowohl für die genetische Analyse im Labor als auch für die Anzucht im Gewächshaus. «Das war wichtig, um ein Gefühl für die Lebensräume zu bekommen, in denen die Arten heute vorkommen», sagt Feller.

    Bei der Auswertung der Resultate zeigte sich, dass die beiden Ansätze manchmal gut übereinstimmen: Bei Artenpaaren mit starken experimentell gemessenen Barrieren gibt es oft keine oder wenig Anzeichen für Genfluss. Aber es gibt auch Ausnahmen: «Bei einigen Vergleichspaaren konnte ich trotz starker Barrieren feststellen, dass es sehr wohl genetischen Austausch gibt oder gegeben hat», sagt Feller.

    Eine Erklärung für diese überraschenden Resultate hat die Forscherin noch nicht. Sie weisen aber darauf hin, dass die Kombination beider Aspekte wichtig ist, wenn wir Fortpflanzungsisolation genauer verstehen wollen – und dies wiederum hilft uns zu verstehen, wie Biodiversität entsteht und erhalten bleibt.

    Forscherin wider eigene Zweifel

    Dass Anna Feller jetzt für ihre exzellente Forschung ausgezeichnet wird, zeigt, dass auch ein späterer Einstieg in die Wissenschaft zu einer erfolgreichen Forschungskarriere führen kann: Die heute 41-Jährige arbeitete zunächst als Primarlehrerin – gern, wie sie sagt. Doch der Kindheitstraum, Biologin zu werden, liess sie nie los. Trotz ihrer Zweifel, ob sie den naturwissenschaftlichen Anforderungen gewachsen sei, meldete sie sich für das Studium an der Universität Bern an. «Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, waren Jungs die Mathe-Helden. Wohl, weil sie stärker ermutigt wurden als wir Mädchen», sagt sie. «Aber ich habe mir gesagt: Ich versuche, das erste Jahr zu überstehen. Und wenn das klappt, mache ich weiter.» Sie blieb – bekanntlich mit Erfolg.

    Was sie Schülerinnen und Schülern heute mitgeben würde? «Dass das Talent für Mathe, Chemie oder Biologie nicht vom Geschlecht abhängt. Man kann in allem gut sein, was einen interessiert.» Fakt ist aber, dass gerade Professuren in den Naturwissenschaften noch immer von Männern dominiert werden. Was ihr bei der Karriere half? «Ich habe mir mein Umfeld aktiv gestaltet und mir unterstützende Mentor:innen und weibliche Vorbilder gesucht. Das hat mir Halt gegeben.» Ihr Appell an andere Frauen: «Sucht euch euer Team gezielt aus und vernetzt euch – man muss seinen Weg nicht allein gehen.»

    Nach ihrem Aufenthalt an der Harvard University kehrte Feller mit einem Rückkehrbeitrag in die Schweiz zurück. Heute forscht sie an der ETH Zürich in der Gruppe Ökologische Pflanzengenetik – und möchte den Blick als Nächstes auf alpine Pflanzen richten.

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    Auszeichnung für exzellente Forscherinnen

    Mit dem Marie Heim-Vögtlin-Preis würdigt der SNF jedes Jahr eine hervorragende Forscherin in früher Karrierephase. Die Gewinnerinnen sind inspirierende Vorbilder. Während der Laufzeit ihres SNF-Förderbeitrags konnten sie bemerkenswerte Resultate erzielen und ihre Karriere entscheidend vorantreiben. Seit 2020 geht der Preis an eine ehemalige Beitragsempfängerin der Förderinstrumente MHV, Doc.CH, Postdoc.Mobility, Ambizione oder PRIMA.

    Marie Heim-Vögtlin, die Namensgeberin des Preises, wurde 1868 als erste Schweizerin an der Universität Zürich zum Studium an der medizinischen Fakultät zugelassen. Nach dem Abschluss des Studiums eröffnete sie eine Praxis für Gynäkologie, die sie nach der Geburt ihrer zwei Kinder weiterführte. Sie zählt zu den Vorreiterinnen im Kampf für den Zugang der Frauen zu akademischer Bildung.

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    Der Text dieser Medienmitteilung, ein Downloadbild und weitere Informationen stehen auf der Webseite des Schweizerischen Nationalfonds zur Verfügung.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Anna Feller
    ETH Zürich
    Institut für Integrative Biologie
    Universitätstrasse 16
    8092 Zürich
    Tel.: +41 79 547 39 97
    E-Mail: anna.feller@usys.ethz.ch


    Originalpublikation:

    (*) A. Feller et al.: Mismatch between pollen and pistil size causes asymmetric mechanical reproductive isolation across Phlox species, Evolution (2024).
    https://doi.org/10.3929/ethz-b-000703405


    Weitere Informationen:

    https://www.snf.ch/de/ix78nqjSrtjnYKc0/news/biologische-barrieren-und-artenvielf...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie
    überregional
    Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

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