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Wissenschaft
Ein Team um Giuseppe Caire wird mit dem renommierten „ERC Synergy Grant“ ausgezeichnet und erhält zehn Millionen Euro Fördergeld für die Erforschung einer neuen Methode zur drahtlosen Kommunikation
Schnell noch eine Nachricht über das Mobilfunknetz versenden oder sich per WLAN mit dem Internet verbinden: Drahtlose Kommunikation ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Allerdings verschlingt sie enorme Mengen an Energie. Das soll sich mit einer neuen Technologie ändern, die Prof. Dr. Giuseppe Caire von der TU Berlin, Prof Andrea Alù von der City University of New York, Prof. Marco di Renzo von der Universität Paris-Saclay und Prof. Christoph Studer von der ETH Zürich in den nächsten sechs Jahren erforschen wollen. Für ihr Projekt „Waves, Physics, Information, and Computation“ bekommen die Wissenschaftler den renommierten und mit zehn Millionen Euro dotierten „ERC Synergy Grant“ des Europäischen Forschungsrates.
„Das freut mich natürlich riesig“, sagt Prof. Dr. Giuseppe Caire, der an der TU Berlin das Fachgebiet Theoretische Grundlagen der Kommunikationstechnik lehrt. „Soweit ich weiß, ist das erst der zweite Synergy Grant, der an ein Projekt aus der Elektrotechnik verliehen wird.“ Häufiger gehe die Förderung an öffentlichkeitswirksamere Fachrichtungen wie Medizin oder Klimaforschung. Als einer der weltweit führenden Experten für die Grundlagen der Nachrichtentechnologie und der Informationstheorie hat er allerdings keine Mühe, die enorme Bedeutung seines Forschungsgebietes deutlich zu machen.
„Die größten Datensammler sind heutzutage Smartphones“, sagt der Wissenschaftler. „Allein mit Katzen-Fotos laden Menschen unfassbare Mengen von Daten hoch.“ Bisher wird dabei jedes empfangene Signal sofort digitalisiert und dann über Computer verarbeitet und übertragen. Das hat bisher auch sehr gut funktioniert. Die dazu nötige Technologie ist mit den Jahren immer schneller und leistungsfähiger geworden. „Vor zwanzig Jahren konnten wir damit SMS verschicken, heute führen wir Video-Konferenzen“, erklärt der Forscher. „Das war eine großartige Entwicklung.“
Der Fortschritt hat seinen Preis
Allerdings hatte dieser Fortschritt seinen Preis: Wenn immer mehr Informationen immer schneller an immer mehr Empfänger verschickt werden, verschlingt das auch immer mehr Energie. Mittlerweile gehen schon fünf bis zehn Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen auf das Konto der Telekommunikation. Dabei ist das Ende dieser Entwicklung noch gar nicht in Sicht. Denn je weiter sich die Nutzung von Künstlicher Intelligenz verbreitet, umso mehr wird der Energieverbrauch zunehmen.
„Wir werden da demnächst an eine kritische Grenze kommen“, erklärt der Leibniz-Preisträger Giuseppe Caire. „Deshalb haben wir uns gefragt, ob wir nicht das ganze System der drahtlosen Kommunikation neu denken müssen.“ Die Idee des Teams besteht darin, die Informationen nicht gleich am Anfang zu digitalisieren, sondern sie so lange wie möglich als elektromagnetische Wellen zu übertragen. Erst beim Empfänger sollen sie dann entschlüsselt und in digitalisierter Form auf Smartphones und Computer gebracht werden.
Möglich ist das durch eine neue Technologie, die für die Zukunft der Telekommunikation als sehr vielversprechend gilt. Zum Einsatz kommen dabei sogenannte Metasurfaces. Das sind Materialien, mit denen sich die Eigenschaften von elektromagnetischen Wellen beeinflussen lassen. Ähnlich wie sich die Bilder auf einem Computermonitor aus Zehntausenden von Pixeln zusammensetzen, bestehen die Oberflächen auch in diesem Fall aus zahllosen winzigen Elementen. Und die elektromagnetischen Eigenschaften jedes einzelnen Bausteinchens lassen sich kontrollieren. Der Effekt ist ähnlich wie der einer Kameralinse, die den Blick vom gesamten Gesichtsfeld auf das interessante Motiv verengt: Statt eines riesigen Wusts an Daten werden nur die interessanten Informationen herausgegriffen und weiterverarbeitet.
Industrielle Anwendungen in etwa zehn Jahren
Giuseppe Caire vergleicht das gern mit der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen: „Die bisherige Kommunikationstechnologie hat den gesamten Haufen umgewühlt und jeden einzelnen Halm betrachtet, um das Gesuchte zu finden“, erklärt der Experte. „Bei unserer Technologie leuchten wir dagegen sozusagen mit einer Taschenlampe ins Heu, entdecken so direkt die Nadel und können den ganzen Rest ignorieren.“ Das, so hofft er, dürfte große Mengen Energie sparen.
Mithilfe des „ERC Synergy Grants“ wird das Team diese relativ neue Idee in den nächsten sechs Jahren weiterentwickeln und testen. Dabei wird es zunächst um Grundlagenforschung gehen. Fragen zur Physik elektromagnetischer Wellen sind ebenso zu klären wie solche zur Konstruktion und Kontrolle der Metasurfaces. Bis erste industrielle Anwendungen möglich sind, wird es nach Einschätzung von Giuseppe Caire etwa zehn Jahre dauern: „Wenn die Energieprobleme drängender werden und das Interesse an Lösungen zunimmt, wird unsere Technologie bereit sein.“
Fotomaterial zum Download: https://www.tu.berlin/go239617/n79420/
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Prof. Dr. Giuseppe Caire
TU Berlin
Fakultät IV Elektrotechnik und Informatik
Fachgebiet Theoretische Grundlagen der Kommunikationstechnik
Tel.: 030/314-29668
E-Mail: caire@tu-berlin.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Informationstechnik, Meer / Klima
überregional
Forschungsprojekte, Personalia
Deutsch

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