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Am 25. November machen die Vereinten Nationen mit dem „Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen" auf geschlechtsspezifische Gewalt aufmerksam. Prof. Dr. Simone Emmert forscht an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm (Ohm) zu häuslicher Gewalt. Sie weiß: Die Hemmschwelle, Anzeige zu erstatten, ist meist hoch. Ein neu entwickelter Chatbot soll betroffenen Frauen deshalb die Möglichkeit bieten, sich anonym über die vertrauliche Spurensicherung zu informieren.
Wie groß das Ausmaß häuslicher Gewalt ist, zeigt die Statistik des Bundeskriminalamts: 2024 wurden mindestens 265.942 Menschen in Deutschland Opfer häuslicher Gewalt. In rund 80 Prozent der Fälle handelt es sich um Frauen, betont Prof. Dr. Simone Emmert von der Fakultät Sozialwissenschaften der Ohm. Viele Betroffene erleiden erhebliche körperliche und psychische Verletzungen.
Dennoch zögern viele, den eigenen Partner anzuzeigen – aus Scham oder aus Angst, das Sorgerecht für ihre Kinder zu verlieren. „Mütter werden häufig stigmatisiert oder beschuldigt, den Vätern die Kinder vorzuenthalten“, fügt Emmert hinzu. Traditionelle Rollenverteilungen und eine wirtschaftliche Abhängigkeit tragen häufig dazu bei, dass Frauen in gewalttätigen Partnerschaften verbleiben. Wird die Entscheidung für eine Anzeige erst später getroffen, fehlen die notwendigen Beweise.
Im Rahmen des Projektes „ReGeIT – Recht und Gewalt an der Schnittstelle IT“ entwickelte die Professorin gemeinsam mit Studierenden des Studiengangs Soziale Arbeit an der Ohm, Prof. Dr. Alexander Piazza von der Hochschule Ansbach und Dr. Daniel Alt vom Institut für Innovation und Digitalisierung (IDA) einen Chatbot. Damit können sich Opfer von sexualisierter oder körperlicher Gewalt anonym über die vertrauliche Spurensicherung informieren. Sie erfahren, welche rechtsmedizinischen Untersuchungen erfolgen können, um Beweise einer Gewalttat zu sichern – ohne, dass die Frauen sofort Strafanzeige erstatten müssen.
Seit 1. November 2025 übernehmen bayerische Krankenkassen die Kosten für die vertrauliche Spurensicherung in Krankenhäusern, Arztpraxen und medizinischen Versorgungszentren. Der neue Chatbot existiert bereits in der Rohfassung und wird derzeit am IDA in Bamberg gehostet. Zukünftig könnte er beispielsweise über interessierte Kommunen, Krankenhäuser oder Frauenhäuser online zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt wurde im Rahmen des Ohm-Programms „Lehrforschung – forschendes Lernen 2024“ gefördert. Die Publikation zum Projekt erscheint in Kürze.
„Chatbots sind eine gute Möglichkeit, um betroffenen Frauen eine erste, anonyme Anlaufstelle zu bieten“, erklärt Emmert. Doch darüber hinaus brauche es weitere vielschichtige Hilfsangebote und Aufklärungsarbeit. Vor allem müsse die Hilfe für Opfer häuslicher Gewalt auf der politischen Tagesordnung priorisiert werden. Doch auch die Regelung des Sorgerechts in Deutschland bedürfe einer Anpassung, betont Emmert: „Väter können in Deutschland das gemeinsame Sorgerecht und ein Umgangsrecht mit ihren Kindern haben, obwohl sie der Mutter gegenüber gewalttätig sind.“ Die Istanbul-Konvention, ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, sieht hier Sanktionen wie den Entzug des Sorgerechts oder Umgangsausschlüsse für gewalttätige Elternteile, meistens Väter, vor.
Je besser Frauen informiert sind, desto höher sei auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich aus gewalttätigen Partnerschaften lösen und Strafanzeige erstatten. Aufklärungskampagnen wie der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen seien deswegen sinnvolle Ansätze.
Prof. Dr. Simone Emmert, https://www.th-nuernberg.de/person/emmert-simone/
https://www.th-nuernberg.de/pressemitteilung/6165-haeusliche-gewalt/
Prof. Dr. Simone Emmert von der Fakultät Sozialwissenschaften der Technischen Hochschule Nürnberg Ge ...
Quelle: Matthias Wiedmann
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Gesellschaft, Recht
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch

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