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21.11.2025 13:55

Magnetsinn: Tauben nehmen Magnetfelder über ihr Innenohr wahr

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Neurobiologen der LMU haben einen neuronalen Signalweg identifiziert, der für die Verarbeitung magnetischer Informationen aus dem Innenohr zuständig ist.

    Im Jahr 1882 gehörte der französische Naturforscher Camille Viguier zu den Ersten, die die Existenz eines magnetischen Sinnes vermuteten. Seine Vermutung erwies sich als richtig: Viele Tiere – von Fledermäusen über Zugvögel bis hin zu Meeresschildkröten – nutzen das Magnetfeld der Erde zur Orientierung. Doch trotz jahrzehntelanger Forschung wissen Wissenschaftler noch immer erstaunlich wenig über den Magnetsinn. Wie nehmen Tiere Magnetfelder wahr? Welche Schaltkreise im Gehirn verarbeiten diese Informationen? Und wo im Körper befindet sich dieses sensorische System?

    Viguier stellte die gewagte These auf, dass die magnetische Wahrnehmung im Innenohr auf der Erzeugung kleiner elektrischer Ströme beruhen könnte. Die Idee wurde ignoriert und geriet in Vergessenheit – eine historische Überlegung, die im Laufe der Zeit verloren ging. Heute, mehr als ein Jahrhundert später, wurde sie von Neurowissenschaftlern der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) in einem im Fachmagazin Science veröffentlichten Artikel wieder aufgegriffen. Ein Team unter der Leitung von Professor David Keays untersuchte die Gehirne von Tauben, die Magnetfeldern ausgesetzt waren, mit einem unvoreingenommenen Ansatz.

    „Dank modernster Mikroskopie konnten wir spezielle Schaltkreise identifizieren, die magnetische Informationen verarbeiten. Darüber hinaus lieferte sie einen entscheidenden Hinweis auf die Lage der primären Magnetsensoren.“ Die Doktoranden Grégory Nordmann und Spencer Balay beobachteten eine starke Aktivierung in einer Hirnregion namens Vestibularkern, die mit dem Innenohr verbunden ist. Die genetische Analyse des Innenohrgewebes ergab Zellen mit hochempfindlichen elektrischen Sensoren, wie sie auch Haie zur Ortung ihrer Beute verwenden.

    „Die von uns beschriebenen Zellen sind ideal dafür geeignet, Magnetfelder mithilfe elektromagnetischer Induktion zu erkennen – so finden Tauben ihren Weg nach Hause nach dem gleichen physikalischen Prinzip, das auch das kabellose Laden von Mobiltelefonen ermöglicht.“ In beiden Fällen wird ein Magnetimpuls in ein elektrisches Signal umgewandelt. Bei Tauben ermöglicht dies die Nutzung ihres natürlichen GPS.

    Die Forscher betonen, dass dies wahrscheinlich nicht die einzige Strategie zur Magnetfeldwahrnehmung in der Natur ist. „Unsere Daten deuten darauf hin, dass es im Innenohr einen sogenannten ‚dunklen Kompass‘ gibt, während andere Studien auf einen lichtabhängigen Kompass im visuellen System hinweisen“, erklärt Keays. „Aller Wahrscheinlichkeit nach hat sich die Wahrnehmung von Magnetfeldern in verschiedenen Organismen konvergent entwickelt. Es gibt also noch viel zu entdecken!“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. David Keays
    Sensory and Developmental Neuroscience
    Faculty of Biology
    Ludwig-Maximilians-Universität-München
    Tel.: +49 (0)89-2180-74814
    Keays@bio.lmu.de


    Originalpublikation:

    Gregory C. Nordmann, Spencer D. Balay et al.: A global screen for magnetically induced neuronal activity in the pigeon brain. In: Science https://www.science.org/doi/10.1126/science.aea6425


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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