idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.11.2025 11:35

Quantenschlüssel für die technologische Souveränität

Desiree Haak Press & Public Relation
Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF

    Im Rahmen des Förderprojekts QuNET haben Forschende gezeigt, wie Quantenschlüsselverteilung über hybride und mobile Kanäle zuverlässig funktioniert. Die Ergebnisse sind Meilensteine für eine souveräne, quantengesicherte Kommunikation in Deutschland und wurden nun im renommierten Fachmagazin New Journal of Physics veröffentlicht.

    Quantenkommunikation gilt als entscheidende Technologie für langfristige Datensicherheit und damit auch für die technologische Souveränität in Deutschland und Europa. Ihr Kern ist die Verteilung sicherer digitaler Schlüssel auf Basis quantenphysikalischer Prozesse – die Quantenschlüsselverteilung (engl. Quantum Key Distribution, QKD). QKD wird nicht nur für die hochsichere Kommunikation bei Behörden, dem Militär und in Unternehmen wichtig sein, sondern auch helfen, die Daten des täglichen Lebens zu schützen.

    Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) fördert die Erforschung verschiedener Technologien zur Erzeugung und Übertragung von Quantenschlüsseln im Rahmen des Forschungsprojektes QuNET mit 125 Millionen Euro. Beteiligt sind das Fraunhofer IOF zusammen mit dem Fraunhofer HHI, dem Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts Erlangen, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation Oberpfaffenhofen.

    2021 demonstrierten die Projektpartner eine erste quantengesicherte Videokonferenz zwischen zwei Bundesbehörden in Bonn, 2023 folgte die Demonstration einer ad-hoc etablierten Punkt-zu-Punkt-Verbindung in Jena. 2024 wurden personenbezogene Daten im städtischen Glasfasernetz von Berlin an die Bundesdruckerei übertragen, 2025 Quanteninformationen in einem weiteren Experiment mit einem Forschungsflugzeug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt ausgetauscht.

    Jetzt wurde auf Basis dieser Experimente ein wissenschaftlicher Artikel publiziert, in dem die beteiligten Institute zeigen, wie sie eine ganze Reihe verschiedener Technologien für die quantengesicherte Kommunikation nutzen und kombinieren können. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum überregionalen Einsatz der Quantentechnologie.

    Hybride und mobile Quantenkanäle erfolgreich getestet

    Quantensignale sind äußerst fragil, oft bestehen sie aus nur wenigen Photonen (Lichtteilchen). Ihre Übertragung über Glasfasern ist hoch anspruchsvoll, aber erprobt und bietet ein bisher nie dagewesenes Maß an Sicherheit. In Jena wurden inzwischen mehrere Systeme getestet, mit denen die Quantenschlüssel auch durch die turbulente Luft übertragen werden können. Das ist der Weg zu hochmobilen und ad-hoc Verbindungen. Damit können zum Beispiel Lücken in Glasfasernetzen überbrückt werden. Die Herausforderung dabei ist das Verbinden grundverschiedener Hard- und Softwarekomponenten.

    »Wir haben gezeigt, dass sich verschiedene QKD-Protokolle und Linkarten zu einem funktionierenden Gesamtnetz integrieren lassen. Diese Heterogenität wurde weltweit bislang nicht publiziert«, kommentiert Dr. Matthias Goy vom Fraunhofer IOF den Fachartikel, der im renommierten Fachjournal New Journal of Physics veröffentlicht wurde.

    Ein Schwerpunkt der Arbeit sind die technischen Methoden, um selbst bei atmosphärischen Störungen stabile Quantenkanäle im Freistrahlverfahren zu ermöglichen. Darüber hinaus koppelte das Team Freistrahlstrecken in bestehende Fasernetze ein und realisierte so ein urbanes zukunftssicheres Netzwerk im Quantenzeitalter. Die Ergebnisse sind ein zentraler Baustein, um die technologische Souveränität im Bereich Quantenkommunikation als eine Schlüsseltechnologie der Cybersicherheitsforschung aufzubauen. »Damit schaffen wir technologisches Know-how in Deutschland und reduzieren Abhängigkeiten in einem sicherheitskritischen Zukunftsfeld«, betont Dr. Goy.

    Nächster Schritt: ein hybrides deutschlandweites Quantennetz

    Bislang wurden quantengesicherte Verbindungen über lokale Faser- und Freistrahlnetze erprobt. Im nächsten Schritt steht die Demonstration einer deutschlandweiten Vernetzung von Knoten in Berlin, Jena, Erlangen und Oberpfaffenhofen an. Dafür ist ein verteiltes Netz aus Faser- und Freistrahllinks sowie optischen Bodenstationen für zukünftige satellitenbasierte Quantenkommunikation geplant. »Wir bereiten damit den Übergang von lokalen Teststrecken zu skalierbaren Netzen vor«, sagt Goy. Langfristiges Ziel ist der Aufbau eines souveränen Quantennetzes, das sichere Kommunikation für Staat, Wirtschaft und kritische Infrastrukturen gewährleistet.

    Veröffentlichung

    »Ad-hoc hybrid-heterogeneous metropolitan-range quantum key distribution network«, Matthias Goy et al. 2025 New J. Phys. 27, 114510, DOI 10.1088/1367-2630/ae1864.


    Über die QuNET Initiative

    Zahlen und Fakten zur Initiative QuNET

    • Start: Herbst 2019
    • Laufzeit: 7 Jahre
    • Fördermittelgeber: Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt
    • Volumen: 125 Millionen Euro Förderung (geplant)
    • Webseite: www.qunet-initiative.de

    QuNET (Quantum Network) ist eine vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderte Pilotinitiative zur Erforschung hochsicherer Kommunikationssysteme basierend auf Quantenkommunikationstechnologien. QuNET startete im Herbst 2019 und wurde für eine Dauer von sieben Jahren geplant. Das BMFTR fördert QuNET mit 125 Millionen Euro. Beteiligt sind neben dem DLR-lnstitut für Kommunikation und Navigation auch das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI), das Max-Planck­ Institut für die Physik des Lichts (MPL), sowie die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).

    QuNET will Grundlagen für sichere und robuste IT-Netze schaffen, die bereits heute gegen Cyberangriffe von morgen gewappnet sind. Die Sicherheit von IT­Kommunikationsnetzen beruht aktuell vor allem auf mathematischen Annahmen. Diese bieten gegen Zukunftstechnologien, wie zum Beispiel leistungsfähige Quantencomputer, keinen ausreichenden Schutz mehr.

    Durch die zielgerichtete Einbindung von Unternehmen schafft QuNET ein zentrales Innovationsökosystem in der Quantenkommunikation. Die begleitenden QuNET+ Projekte umfassen 47 Partner, 27 davon aus der deutschen Industrie. So wird der zielgerichtete Transfer der Technologien in die Anwendung vorangetrieben und eine industrielle Wertschöpfung ermöglicht. Darüber hinaus stellt QuNET stellt den deutschen Forschungsbeitrag zu EuroQCI, einer zukünftigen europäischen Quantenkommunikationsinfrastruktur, dar.

    Die Partner der QuNET Initiative

    Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF mit Sitz in Jena forscht an der Weiterentwicklung von Licht als Mittel zur Lösung unterschiedlichster Fragestellungen und Anwendungsszenarien. Die Arbeit des 1992 gegründeten Forschungsinstituts konzentriert sich daher auf die anwendungsorientierte Forschung an der Lichtentstehung, Lichtführung und Lichtmessung. Gemeinsam mit Forschenden aus der Grundlagenforschung und Industrie entstehen innovative Lösungen, die in der Wissenschaft und Wirtschaft einen technologischen Vorteil bedeuten und für die Photonik neue Anwendungsfelder erschließen.

    Innovationen für die digitale Gesellschaft von morgen stehen im Mittelpunkt der Forschungsarbeit des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI) in Berlin. Dabei ist das 1928 gegründete Institut weltweit führend in der Erforschung von mobilen und optischen Kommunikationsnetzen und -systemen sowie der Kodierung von Videosignalen und Datenverarbeitung. Gemeinsam mit internationalen Partnern aus Forschung und Industrie arbeitet das Fraunhofer HHI im gesamten Spektrum der digitalen Infrastruktur – von der grundlegenden Forschung bis zur Entwicklung von Prototypen und Lösungen. Das Institut trägt signifikant zu den Standards für Informations- und Kommunikationstechnologien bei und schafft neue Anwendungen als Partner der Industrie.

    Das Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL) in Erlangen deckt ein breites Forschungsspektrum ab, darunter nichtlineare Optik, Quantenoptik, Nanophotonik, photonische Kristallfasern, Optomechanik, Quantentechnologien, Biophysik und – in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin – Verbindungen zwischen Physik und Medizin. Das MPL wurde im Januar 2009 gegründet und ist eines der über 80 Institute der Max-Planck-Gesellschaft, die Grundlagenforschung in den Natur-, Bio-, Geistes- und Sozialwissenschaften im Dienste der Allgemeinheit betreiben. Heute arbeiten knapp 400 Menschen aus rund 40 Nationen am Institut. Die Forscherinnen und Forscher verfügen zum Teil über jahrzehntelange Erfahrung im Bereich der Quantenkommunikation. Dabei verwenden sie auch Telekom-Technologie für den Austausch von Quantenschlüsseln, was erlaubt, die Verfahren schnell kommerziell zu nutzen. Darüber hinaus untersucht das Institut seit mehr als zehn Jahren, wie sich die Schlüssel am Boden mit Laserlicht über mehrere Kilometer übertragen lassen (Freistrahlverbindung genannt) oder per Satellit über größere Distanzen. Dabei ist das MPL – auch in Zusammenarbeit mit der nationalen Industrie – an vielen großen nationalen und internationalen Projekten maßgeblich beteiligt.

    Das DLR-Institut für Kommunikation und Navigation widmet sich der missionsorientierten Forschung in ausgewählten Bereichen der Kommunikation und Navigation. Seine Arbeiten reichen dabei von den theoretischen Grundlagen bis hin zur Demonstration neuer Verfahren und Systeme im realen Umfeld. Das Institut hat Standorte in Oberpfaffenhofen und Neustrelitz. Es erarbeitet Lösungen zur globalen Vernetzung von Mensch und Maschine, zur hochpräzisen und zuverlässigen Positionierung für zukünftige Navigationsanwendungen sowie Verfahren für autonome und kooperative Systeme im Verkehr und in der Exploration. Darüber hinaus befasst sich das Institut mit der Cybersicherheit. Zu den Schwerpunkten in diesem Bereich zählen u. a. die Post-Quantum-Kryptografie und die Übertragung von Quantenschlüsseln per Satellit.

    Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), gegründet 1743, ist mit rund 40.000 Studierenden, über 600 Professorinnen und Professoren und etwa 16.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine der größten Universitäten in Deutschland. Das forschungsstarke Department Physik betreibt eine enge Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL). Der Lehrstuhl für Optische Quantentechnologien geleitet von Prof. Dr. Christoph Marquardt, beschäftigt sich mit der Implementierung von Quanten-Protokollen. Weltweite Quantenkommunikation erfordert die Integration der QKD-Geräte in existierende Infrastrukturen, bestehend aus Glasfasernetzen, Verschlüsselungs-Hardware und Satellitenverbindungen. Der Lehrstuhl gehört zu den weltweit führenden Gruppen in der Satelliten-basierten Quantenkommunikation.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Matthias Goy
    Fraunhofer IOF
    Abteilung Laser- und Fasertechnologie

    Telefon: +49 (0) 3641 807 - 120
    Mail: matthias.goy@iof.fraunhofer.de


    Originalpublikation:

    »Ad-hoc hybrid-heterogeneous metropolitan-range quantum key distribution network«, Matthias Goy et al. 2025 New J. Phys. 27, 114510, DOI 10.1088/1367-2630/ae1864.


    Bilder

    Hochsichere und mobile Quantennetze herstellen – das ist u.a. möglich dank eines speziellen Container-Moduls mit integriertem Teleskop zum Versenden und Empfangen von Quantenschlüsseln, entwickelt am Fraunhofer IOF.
    Hochsichere und mobile Quantennetze herstellen – das ist u.a. möglich dank eines speziellen Containe ...

    Copyright: Fraunhofer IOF

    Im Projekt QuNET arbeiten Forschende der Fraunhofer- sowie der Max-Planck-Gesellschaft mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zusammen.
    Im Projekt QuNET arbeiten Forschende der Fraunhofer- sowie der Max-Planck-Gesellschaft mit dem Deuts ...

    Copyright: Fraunhofer IOF


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Informationstechnik, Physik / Astronomie, Politik, Verkehr / Transport, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).