idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.01.1999 11:33

Mit DNA-Forensik gegen Wilddiebe

Joachim Mörke Unternehmenskommunikaton des Forschungsverbundes Berlin e.V.
Forschungsverbund Berlin e.V.

    Berliner Wildtierforscher aus dem IZW unterstützen Wildschutzprojekte in Ostafrika

    Zeit und Ort der Handlung: Afrika, Nord-Ost-Tansania (gegenüber Sansibar). In einem Gebiet, das bezeichnender Weise "The Heart of the Darkness" genannt wird, stellt eine Spezialeinheit zur Wildereibekämpfung im Juni 1998 eine verdächtige Person. Der Mann führt eine Büchse im Kaliber 458 mit sich und gibt die Flucht erst nach Abgabe eines Warnschusses auf. In seinem Gepäck wird ein Jagdmesser mit unscheinbaren Blut- und Gewebespuren gefunden (Abb.). Auf Befragung gibt er an, am Vortag eine Kuh geschlachtet zu haben. Die Anti-poaching Truppe weiß, daß der Mann verdächtig ist, mit früheren Elfenbeindelikten in Verbindung gestanden zu haben, aber er besitzt einen gültigen Waffenschein und seine Behauptung ist zunächst nicht zu widerlegen.
    Kurz darauf wendet sich die tansanische Wildschutzbehörde an das Berliner Institut für Zoo- und Wildtierforschung, das seit einiger Zeit Wildschutzprojekte in Ostafrika unterstützt. Das beschlagnahmte Jagdmesser wird zur Spurenauswertung in das molekulargenetische Labor geschickt. Hier kratzen die Genetiker unter dem Mikroskop angetrocknete Blutreste von der Messerklinge und isolieren daraus winzige DNA-Mengen. Mit Hilfe der Polymerase-Ketten-Reaktion vervielfältigen sie Abschnitte des mitochondrialen Cytochrom b - Gens und bestimmen die Reihenfolge der Nukleinsäurebausteine. Jetzt beginnt der spannendste Teil der Auswertung. Die Forscher vergleichen die Sequenzinformation der Messerprobe mit bekannten Sequenzen von vielen afrikanischen Wild- und Haustieren, die in einer internationalen Genbank gespeichert sind oder im eigenen Labor ermittelt wurden. Während schnelle Rechenprogramme nach Sequenzähnlichkeiten suchen, wird der anfängliche Verdacht zur Gewißheit: der Mann hat gelogen. Das genetische Material aus der Blutproben des Messers kann auf keinen Fall von einer afrikanischen Hausrindrasse stammen, weil sich die Sequenzen sehr stark unterscheiden. Ebenfalls völlig ausgeschlossen ist die Herkunft von einer menschlichen Verletzung oder Verunreinigung. Aber von welcher Tierart stammen die Blutspuren dann? Der Computer konstruiert ein Netzwerk von Sequenzähnlichkeiten und plaziert die Messerprobe ganz dicht neben die Cytochrom b -DNA-Sequenz vom Buschbock (Grafik). Die Forscher schlußfolgern: Da diese Tiere tatsächlich im Saadani-Wildreservat vorkommen, ist es sehr wahrscheinlich, daß das Messer zum Aufbrechen eines (gewilderten) Buschbocks verwendet worden ist.
    Wilderei war und ist eine Hauptursache für den dramatischen Rückgang vieler Tiere (z.B. Nashörner, Tiger, Schildkröten u.s.w.). Um die illegale Verfolgung bedrohter Tierarten zurückzudrängen, führen Naturschützer in der ganzen Welt und zunehmend auch in Deutschland einen hartnäckigen und gefährlichen Kampf gegen Wilderer. Aber nur selten können Wilddiebe auf frischer Tat ertappt werden. Wenn, wie das Beispiel zeigt, moderne DNA-forensische Methoden zur Aufklärung von Straftaten auch im entlegensten Winkel führen können, dürfte es Wilderern, illegalen Tierhändlern und skrupellosen Sammlern in Zukunft schwerer fallen, ihre Schandtaten zu verbergen.

    Hintergrund:
    Im Berliner Institut für Zoo- und Wildtierforschung spielen DNA-Techniken eine herausragende Rolle auf verschiedenen Forschungsfeldern, so bei der Erforschung von Wildtierkrankeiten, in der Reproduktionsbiologie und in der Biodiversitätsforschung. Christian Pitra: "Mit den heutigen DNA-Techniken sind Ausmaß und Muster genetischer Differenzierungen in jedem Organismus, in jeder ökologischen und evolutionären Zeitskala und in jedem biogeographischen Maßstab mit identischen Methoden meßbar. Am IZW nutzen wir das auch, um die genetische Vielfalt in kleinen isolierten Populationen bedrohter Tierarten (Huftiere, Beutegreifer und Trappenvögel) zu bestimmen, evolutive Faktoren (Mutation, Migration, Selektion, genetische Drift) nachzuweisen und laufende Zuchtprogramme zu unterstützen (Somali-Wildesel, Przewalskipferd).

    Weitere Informationen sowie Abbildungen bei Prof. Dr. C. Pitra und Dipl. Biol. D. Lieckfeldt, Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW)Berlin,Tel.: 030-5168501, Fax: 030-5126104, E-mail: pitra@izw-berlin.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).