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Wissenschaft
Nachhaltigkeitsforscherin Dr. Maike Gossen erklärt, wie konsumstimulierendes Marketing unser Belohnungssystem im Gehirn triggert und welche Strategien helfen, Impulskäufe zu bremsen und bewusster zu schenken
Der Black Friday ist vorbei, der Weihnachtskonsum läuft an und damit die Fragen nach Sinn, Maßhalten und Nachhaltigkeit. Maike Gossen zeigt in ihrer Forschung am Fachgebiet Arbeitslehre/Ökonomie und Nachhaltiger Konsum der TU Berlin, wie bewusster Konsum Stress reduziert und ökologische wie soziale Vorteile bringen kann.
„In der Vorweihnachtszeit verstärken künstliche Knappheit und vermeintliche Rabatte spontane Käufe, die gezielt das Belohnungssystem aktivieren“, so Gossen. „Gegensteuern können einfache Fragen wie: Würde ich das auch kaufen, wenn es nicht im Angebot wäre?“ Hilfreich sei zudem die 48-Stunden-Regel beim Online-Shopping, um emotionale Impulse in der Zeit rational zu prüfen, und sich erst dann für oder gegen den Kauf zu entscheiden. Wichtig ist Maike Gossen aber auch, die Verantwortung nicht allein bei Verbraucher*innen zu verorten: Unternehmen erzeugen mit Marketing Kaufwünsche, die oft wenig mit echten Bedürfnissen zu tun haben.
Nachhaltig schenken
Wer die Kommerzialisierung des Schenkens als zu viel empfindet, kann den Fokus stärker auf Achtsamkeit, Besinnlichkeit und gemeinsame Zeit legen – ergänzt um wenige, gezielt ausgewählte Geschenke. „Und wer Geschenkbudgets realistisch festlegt und gemeinsame Regeln wie Wichteln oder ein einziges, gut gewähltes Geschenk pro Person einführt, senkt finanziellen Druck und macht das Schenken persönlicher und entspannter“, empfiehlt Gossen. Beispiele für nachhaltige Geschenkideen sind:
• Regionale und fair produzierte Produkte, die lange halten
• Langlebige Alltagsgegenstände, die wirklich gebraucht werden
• Selbstgemachte Geschenke wie Gebäck, DIY-Kosmetik oder Handarbeiten
• Zeit- und Erlebnisgeschenke – etwa ein gemeinsamer Ausflug, Konzert- oder Theaterbesuch
• Spenden für soziale oder nachhaltige Initiativen im Namen der Beschenkten („Geschenke mit Sinn“)
• Wiederverwendete oder reduzierte Verpackungen, um Abfall zu vermeiden.
„Slow Christmas“ und Suffizienz
Der Trend zu „Slow Christmas“ passt zu Erkenntnissen der Nachhaltigkeitsforschung: Viele Menschen erkennen den Zusammenhang zwischen Konsum und Nachhaltigkeit. Privater Konsum trägt wesentlich zum Klimawandel und zur Überschreitung planetarer Grenzen bei. Die Suffizienzstrategie, zu der Gossen promoviert hat, zielt darauf, Bedürfnisse mit weniger Konsum und Ressourcenverbrauch zu befriedigen – etwa durch Konsumreduktion, längere Produktnutzung oder gemeinschaftliche Nutzung. Ziel sei ein gutes Leben innerhalb sogenannter Konsumkorridore mit sozialer Untergrenze und ökologischer Obergrenze, die weder die Lebenschancen anderer Menschen durch die Zerstörung des Planeten noch einen eigenen Mangel bei sozialen Grundbedürfnissen gefährden. Studien zeigen, dass weniger Konsum die Lebenszufriedenheit nicht mindert, sondern das Gefühl von Selbstbestimmung stärken kann. Diese Forderung richtet sich jedoch nur an Menschen, die materiell ausreichend versorgt sind, so die Nachhaltigkeitsforscherin.
Positive Nebeneffekte: Gesundheit und Wohlbefinden
Suffizienter Konsum bringt oft zusätzliche Vorteile: Eine Ernährung mit weniger tierischen Proteinen kann Übergewicht und das Risiko für Herz-Kreislauf- sowie bestimmte Krebserkrankungen senken. Gehen und Radfahren wirken positiv auf körperliche und psychische Gesundheit.
Anti-Black-Friday: Forschung im internationalen Vergleich
Auch einige Unternehmen setzen einen Gegentrend. In einer aktuellen Studie analysiert Gossen Unternehmen, die Anti-Black-Friday-Aktionen umsetzen: Manche schließen an diesem Tag Laden oder Online-Shop, andere rabattieren Reparaturen statt Neuware oder spenden Einnahmen. Die von ihr geführten Interviews zeigen jedoch Zielkonflikte auf: Auch nachhaltige Unternehmen sind in schwierigen Zeiten auf Rabatte angewiesen, um Überproduktion abzubauen. Gossen sieht Vorbestellsysteme als wirksamen Hebel, um Überproduktion langfristig zu vermeiden.
Suffizienz im Alltag – auch nach Weihnachten
Bewusster und gemäßigter Konsum schafft auch mehr Zeit für anderes – ein zentraler persönlicher Nutzen. Nach den Feiertagen empfiehlt Maike Gossen eine kurze Reflexion: Welche Geschenke haben wirklich bereichert, worauf hätte man verzichten können? Wer Konsumreizen durch Werbeblocker oder feste Offline-Zeiten bewusst aus dem Weg geht, gewinnt mehr Raum für das Wesentliche. Und wenn ein Kauf nötig ist, lohnen sich gebrauchte oder besonders langlebige Produkte, die idealerweise zu echten Lieblingsstücken werden.
Weitere Informationen erteilt Ihnen gern:
Dr. Maike Gossen
Fachgebiet Arbeitslehre/Ökonomie und Nachhaltiger Konsum
Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre
Fakultät I Geistes- und Bildungswissenschaften
E-Mail: maike.gossen@tu-berlin.de
Tel.: +49 30 314-78868
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Wirtschaft
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch

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