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22.12.2025 10:25

Dresdner Studie entschlüsselt neuen zentralen Mechanismus in Krebszellen

Benjamin Griebe Pressestelle
Technische Universität Dresden

    Eine Studie der Mildred-Scheel-Nachwuchsforschungsgruppe unter der Leitung von Dr. Mohamed Elgendy an der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität Dresden (TUD) liefert grundlegende Erkenntnisse zur Krebsbiologie. Die in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichte Arbeit zeigt erstmals, dass das Protein MCL1 nicht nur den programmierten Zelltod hemmt, sondern zugleich eine zentrale Rolle im Tumorstoffwechsel spielt.

    Den Forschenden ist es gelungen, zwei klassische Kennzeichen von Krebs – das Umgehen der Apoptose (einer Form des programmierten Zelltods) und die Fehlregulation des Energiestoffwechsels – auf einen gemeinsamen molekularen Mechanismus zurückzuführen.

    Im Mittelpunkt der Studie steht das Protein MCL1, das in vielen Tumorarten stark überexprimiert ist und bislang vor allem als anti-apoptotischer Faktor der Bcl-2-Proteinfamilie galt. Die Dresdner Forschenden zeigen nun, dass MCL1 direkt den zentralen Stoffwechselregulator mTOR beeinflusst und somit die Bioenergetik von Krebszellen steuert. Damit wird MCL1 erstmals als aktiver Regulator zentraler Signal- und Stoffwechselwege beschrieben.

    „Unsere Ergebnisse zeigen, dass MCL1 weit mehr ist als ein reiner Überlebensfaktor für Tumorzellen“, sagt Dr. Mohamed Elgendy. „Das Protein greift aktiv in zentrale Stoffwechsel- und Wachstumssignalwege ein und verbindet damit zwei fundamentale Krebsmechanismen.“

    Mechanistisch identifizierte das Team eine direkte funktionelle Verbindung zwischen MCL1 und dem mTORC1-Komplex in verschiedenen Krebsmodellen. Dieser neu entdeckte Signalweg erweitert das bisherige Verständnis der Rolle von MCL1 grundlegend und eröffnet neue therapeutische Perspektiven.

    Neben genetischen Analysen untersuchte die Studie auch die Wirkung von MCL1-Inhibitoren, die derzeit als vielversprechende neue Krebstherapeutika in der klinischen Entwicklung sind. Dabei zeigte sich, dass diese Wirkstoffe ebenfalls die mTOR-Signalübertragung hemmen. Dieser Befund ist von hoher klinischer Relevanz, da mTOR-Inhibitoren bereits routinemäßig in der Krebstherapie eingesetzt werden.

    Besonders bedeutsam ist zudem die Aufklärung eines bislang ungelösten Problems: Mehrere klinische Studien mit MCL1-Inhibitoren mussten aufgrund schwerer kardiotoxischer Nebenwirkungen abgebrochen werden. Die Dresdner Forschenden identifizierten erstmals einen zugrunde liegenden molekularen Mechanismus und entwickelten darauf aufbauend einen diätetischen Ansatz, mit dem sich die Herztoxizität deutlich reduzieren lässt. Dieser protektive Effekt wurde in einem innovativen humanisierten Mausmodell bestätigt.

    „Mit dieser Arbeit gelingt ein bedeutender Fortschritt im Verständnis der molekularen Grundlagen von Krebs“, sagt Prof. Esther Troost, Dekanin der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden. „Diese hochrangige Publikation mit enormem klinischen Potenzial zeigt einmal mehr, dass die gezielte Förderung herausragender Nachwuchswissenschaftler:innen, wie sie im Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum erfolgt, Voraussetzung ist für Innovationen und die Krebstherapie von morgen.“

    Prof. Uwe Platzbecker, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Dresden, ergänzt: „Diese herausragende Forschungsarbeit zeigt exemplarisch, wie exzellente Grundlagenforschung direkten Nutzen für unsere Krebspatientinnen und -patienten schaffen kann. Besonders bedeutsam ist aus klinischer Sicht die Lösung des Kardiotoxizitätsproblems der MCL1-Inhibitoren. Die Identifizierung des zugrunde liegenden Mechanismus und die Entwicklung eines diätetischen Schutzansatzes können nun den Weg für sicherere Therapien ebnen."

    Die Studie ist das Ergebnis einer interdisziplinären Zusammenarbeit verschiedener Forschungsgruppen und Institutionen. Die Arbeitsgruppe von Dr. Mohamed Elgendy am Standort Dresden fungierte dabei als federführender Partner und wurde von Expertinnen und Experten aus nationalen und internationalen Partnerinstituten in Tschechien, Österreich und Italien unterstützt.

    Die Bedeutung der Arbeit wurde auch von den Herausgeber:innen der Fachzeitschrift Nature Communications anerkannt: Die Publikation wurde als eines der herausragenden Forschungsarbeiten zum Thema Krebs auf der „Editors’ Highlights“-Webseite ausgewählt, die die 50 besten, aktuell veröffentlichten Studien in diesem Forschungsfeld präsentiert.

    Hintergrund:

    Dr. Mohamed Elgendy leitet seit 2019 eine Forschungsgruppe zum Krebsstoffwechsel am Mildred-Scheel-Nachwuchszentrum in Dresden. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf molekular- und zellbiologischen Methoden, Genomeditierung sowie der Analyse des Tumorstoffwechsels in Zell- und Mausmodellen. Dr. Elgendy koordiniert das Projekt METRICs im Rahmen des ERA-NET (European Research Area Networks) und wird zugleich durch einen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats gefördert.

    Das Mildred-Scheel Nachwuchszentrum unterstützt mit Mitteln der Deutschen Krebshilfe (DKH) in Dresden und an vier weiteren universitären Standorten seit 2018 die Karriereentwicklung von forschenden Ärzt:innen und Wissenschaftler:innen im Bereich der Krebsforschung.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Mohamed Elgendy
    Mildred-Scheel Nachwuchszentrum (MSNZ P2 Dresden)
    Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, TU Dresden
    E-Mail: mohamed.elgendy@ukdd.de


    Originalpublikation:

    https://www.nature.com/articles/s41467-025-66831-4


    Bilder

    Die Forschungsgruppe um Dr. Mohamed Elgendy (4.v.l.).
    Die Forschungsgruppe um Dr. Mohamed Elgendy (4.v.l.).
    Quelle: Mildred-Scheel Nachwuchszentrum
    Copyright: Mildred-Scheel Nachwuchszentrum


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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