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22.12.2025 10:32

Wie gesund sind Paranüsse wirklich: Neue Studie klärt über Spurenelemente in der Schalenfrucht auf

Simon Schmitt Kommunikation und Medien
Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf

    Paranüsse gelten als wahre „Selen-Bomben“ und werden gern als natürliche Nahrungsergänzung konsumiert. Doch sie enthalten nicht nur den lebenswichtigen Nährstoff, sondern auch Spuren potentiell problematischer Metalle wie Barium und radioaktives Radium. Forschende des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) und des VKTA – Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e.V. haben nun erstmals systematisch untersucht, wie viel dieser Elemente beim Verdauungsprozess tatsächlich in den Körper gelangen können. Für Liebhaber des Schalenobstes hat das Team gute Neuigkeiten (DOI: 10.3390/ijms26178312).

    Paranüsse sind eine besonders nährstoffreiche Nahrungsquelle: Sie enthalten wichtige Mineralstoffe wie Kalzium und Magnesium, essenzielle Aminosäuren sowie ungesättigte Fettsäuren. Besonders hervorzuheben ist ihr hoher Gehalt an Selen, einem essenziellen Spurenelement, das das Immunsystem unterstützt und Zellen vor oxidativem Stress schützt. Schon eine einzige Paranuss kann den empfohlenen Tagesbedarf von 55 bis 70 Mikrogramm decken.

    „Unsere Studie bestätigt den außergewöhnlich hohen Selengehalt in Paranüssen. Gleichzeitig konnten wir zeigen, dass etwa 85 Prozent des Selens während der Verdauung gelöst werden und dem Körper zur Aufnahme zur Verfügung stehen “, fasst Dr. Astrid Barkleit vom Institut für Ressourcenökologie am HZDR eine Kernaussage der Studie zusammen.

    Mittels Kernspinresonanz-Spektroskopie (NMR) identifizierten die Forschenden die Hauptform des Selens in den Nüssen: Selenomethionin, eine Aminosäure, die besonders gut vom Körper aufgenommen wird. Damit liefern Paranüsse tatsächlich eine für den menschlichen Organismus sehr hochwertige Selenverbindung.

    Unerwartete Begleiter

    Neben den gesunden Inhaltsstoffen nehmen Paranussbäume aus dem Boden aber auch andere Elemente auf und speichern sie. Da die Böden im südamerikanischen Regenwald – die Heimat der Bäume – vergleichsweise arm an Kalzium sind, ersetzen chemisch ähnliche Elemente wie Barium und Radium teilweise das Kalzium. Ähnlich wie Kalzium können diese Elemente in Knochen eingebaut werden, was potenziell gesundheitsschädlich sein kann. Radium etwa ist radioaktiv und steht im Verdacht, Knochenschäden oder Krebs zu verursachen. Die Untersuchung zeigte jedoch, dass beide Stoffe im Verdauungstrakt nur sehr schwer löslich sind: Lediglich etwa zwei Prozent des im Nussmaterial enthaltenen Bariums und Radiums sind bioverfügbar, das heißt werden im Verdauungstrakt freigesetzt.

    „Selbst bei täglichem Verzehr einer Paranuss ergibt sich laut Berechnung durch die sehr geringe Bioverfügbarkeit eine Strahlendosis von nur etwa 2,4 Mikrosievert pro Jahr. Das ist nur rund ein Tausendstel der natürlichen jährlichen Strahlenbelastung in Deutschland, die vom Bundesamt für Strahlenschutz mit durchschnittlich 2,1 Millisievert pro Jahr angegeben wird. Davon wiederum werden rund zehn Prozent mit der Nahrung aufgenommen. Damit ist die Strahlenbelastung, die vom Radium in Paranüssen ausgeht, deutlich geringer als bisher angenommen“, erläutert Dr. Diana Walther vom VKTA.

    Die Forschenden vermuten, dass die geringe Löslichkeit mit pflanzlichen Speicherstoffen zusammenhängt: In den Paranüssen fanden sie Phytinsäure, die Mineralstoffe und Metalle stark bindet und dadurch deren Aufnahme verhindert.

    Mit Strontium, Lanthan und Europium analysierten sie weitere Spurenelemente. Strontium verhält sich chemisch ähnlich wie Kalzium und ist zu etwa 50 Prozent bioverfügbar, allerdings in so geringen Mengen, dass keine toxikologische Relevanz besteht. Lanthan und Europium gehören zu den sogenannten Seltenen Erden und waren nur in geringsten Mengen nachweisbar. Ihre Bioverfügbarkeit liegt bei rund 25 Prozent – die Aufnahmemengen bleiben jedoch weit unterhalb der festgelegten Grenzwerte.

    Denn nicht jedes Element, das in einem Lebensmittel enthalten ist, wird auch tatsächlich vom Körper aufgenommen. Entscheidend ist, wie viel davon während der Verdauung aus der jeweiligen Nahrung freigesetzt wird – dieser Anteil gilt als „bioverfügbar“. Um das zu testen, simulierten die Forschenden den Verdauungsprozess im Labor mit künstlichem Speichel, Magensaft und Verdauungsenzymen bei Körpertemperatur. So konnten sie feststellen, welche Stoffe in Lösung gehen und theoretisch im Dünndarm aufgenommen werden.

    Hochmoderne Analytik für ein uraltes Lebensmittel

    Zur Bestimmung der Konzentrationen nutzte das Team Massenspektrometrie, Gamma- und Alpha-Spektrometrie für die radioaktiven Isotope sowie NMR- und Laser-Fluoreszenz-Methoden für die Charakterisierung der chemischen Bindungsform der Elemente.

    Darüber hinaus interessierten sich die Forschenden dafür, ob Bestandteile der Paranuss die Wirksamkeit sogenannter Dekorporationsmittel beeinflussen – Verbindungen, die eingesetzt werden, um radioaktive Stoffe nach einer Kontamination aus dem Körper zu entfernen. Das Ergebnis: Die Zusammensetzung der Paranuss hatte nur minimale Auswirkungen auf die Wirksamkeit dieser Substanzen.

    „Unsere Ergebnisse bestätigen, dass Paranüsse ein wertvolles Lebensmittel sind – insbesondere als natürliche Selenquelle“, resümiert Barkleit. „Gleichzeitig zeigen sie, dass die enthaltenen toxischen Elemente aufgrund ihrer geringen Löslichkeit beim Verzehr kaum eine Rolle spielen.“

    Diese Arbeit wurde vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) über das Verbundprojekt RADEKOR (FKZ 02NUK057A und D) gefördert.

    Publikation:
    A. Barkleit, J. Eum, D. Walther, D. Butscher, S. Friedrich, K. Müller, J. Kretzschmar, In Vitro Bioaccessibility and Speciation of Toxic and Nutritional Trace Elements in Brazil Nuts, in International Journal of Molecular Sciences, 2025 (DOI: 10.3390/ijms26178312)

    Weitere Informationen:
    Dr. Astrid Barkleit
    Institut für Ressourcenökologie am HZDR
    Tel.: +49 351 260 3136 | E-Mail: a.barkleit@hzdr.de

    Dr. Diana Walther
    VKTA - Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e. V.
    Tel.: +49 351 260 2124 | E-Mail: Diana.Walther@vkta.de

    Medienkontakt:
    Simon Schmitt | Leitung und Pressesprecher
    Abteilung Kommunikation und Medien am HZDR
    Tel.: +49 351 260 3400 | Mobil: +49 175 874 2865 | E-Mail: s.schmitt@hzdr.de

    Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) forscht auf den Gebieten Energie, Gesundheit und Materie. Folgende Fragestellungen stehen hierbei im Fokus:
    • Wie nutzt man Energie und Ressourcen effizient, sicher und nachhaltig?
    • Wie können Krebserkrankungen besser visualisiert, charakterisiert und wirksam behandelt werden?
    • Wie verhalten sich Materie und Materialien unter dem Einfluss hoher Felder und in kleinsten Dimensionen?

    Das HZDR entwickelt und betreibt große Infrastrukturen, die auch von externen Messgästen genutzt werden: Ionenstrahlzentrum, Hochfeld-Magnetlabor Dresden und ELBE-Zentrum für Hochleistungs-Strahlenquellen.
    Es ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, hat sechs Standorte (Dresden, Freiberg, Görlitz, Grenoble, Leipzig, Schenefeld bei Hamburg) und beschäftigt fast 1.500 Mitarbeiter*innen – davon etwa 700 Wissenschaftler*innen inklusive 200 Doktorand*innen.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Astrid Barkleit
    Institut für Ressourcenökologie am HZDR
    Tel.: +49 351 260 3136 | E-Mail: a.barkleit@hzdr.de

    Dr. Diana Walther
    VKTA - Strahlenschutz, Analytik & Entsorgung Rossendorf e. V.
    Tel.: +49 351 260 2124 | E-Mail: Diana.Walther@vkta.de


    Originalpublikation:

    A. Barkleit, J. Eum, D. Walther, D. Butscher, S. Friedrich, K. Müller, J. Kretzschmar, In Vitro Bioaccessibility and Speciation of Toxic and Nutritional Trace Elements in Brazil Nuts, in International Journal of Molecular Sciences, 2025 (DOI: 10.3390/ijms26178312)


    Weitere Informationen:

    https://www.hzdr.de/presse/brazil_nut


    Bilder

    Mit spektroskopischen Methoden, wie der Laserfluoreszenzspektroskopie, lässt sich die chemische Bindungsform von Metallionen an verschiedene anorganische und organische Substanzen aus den Paranüssen und den Verdauungssäften des Körpers bestimmen.
    Mit spektroskopischen Methoden, wie der Laserfluoreszenzspektroskopie, lässt sich die chemische Bind ...
    Quelle: B. Schröder
    Copyright: B. Schröder/HZDR


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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