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02.02.1999 16:13

Psychologen erforschen die Grundlagen des Lernens

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Der erste Gang am Morgen führt in die Küche. Kaffee will aufgesetzt werden. Nach der Kanne greifen, Wasserhahn aufdrehen, Kaffeefilter wechseln - all diese Handlungen laufen in einer festgelegten Reihenfolge ab, jeder Schritt ergibt sich aus dem vorhergehenden: Routine, die auch "im Halbschlaf" funktioniert und bei der sich sogar noch über die Aufgaben des Tages nachdenken läßt.

    Solche sequentiellen Abläufe bestimmen einen großen Teil der täglichen Verrichtungen des Menschen. Er führt solche Handlungsabläufe durch Wiederholung immer reibungsloser aus und benötigt immer weniger Aufmerksamkeit dafür: Letzten Endes wird die Handlungssequenz automatisiert. An der Universität Würzburg untersuchen Psychologen, wie solche Handlungssequenzen erlernt werden und welche Randbedingungen dafür gegeben sein müssen.

    Zu diesem Zweck greifen die Wissenschaftler auf sogenannte "serielle Wahlreaktionsaufgaben" zurück. Dabei sehen Versuchspersonen Signale, auf die sie möglichst schnell mit einer bestimmten Handlung, in der Regel mit einem Tastendruck, reagieren sollen. Bei den Signalen handelt es sich beispielsweise um Sternchen, die an bestimmten Orten auf einem Bildschirm auftauchen können. Je nachdem, wo ein Sternchen erscheint, soll dann jeweils eine zugeordnete Taste gedrückt werden. Wenn die Sternchen in einer festgelegten Abfolge an verschiedenen Orten erscheinen und sich diese Abfolge häufig wiederholt, reagieren die Versuchspersonen immer schneller: Sie lernen, den Ablauf der Sequenz vorherzusagen und die von ihnen geforderte Handlungsfolge immer schneller auszuführen.

    Mit dieser Methode sind im vergangenen Jahrzehnt zahlreiche Fragen untersucht worden. Unter anderem ging es darum, wie unstrukturiert oder "unordentlich" eine Verhaltenssequenz sein darf, um noch erlernt werden zu können. Am Lehrstuhl für Psychologie III der Universität Würzburg laufen unter der Leitung von Prof. Dr. Joachim Hoffmann zwei Projekte, die mit der seriellen Wahlreaktion arbeiten. Beide werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

    Diplom-Psychologe Christian Stöcker untersucht, ob Verhaltenssequenzen besser erlernt werden können, wenn jede Handlung einen eindeutigen und wahrnehmbaren Effekt hat. Erste Experimente hätten gezeigt, daß Versuchspersonen eine Verhaltensfolge dann schneller lernen, wenn jedem Tastendruck ein bestimmter Ton folgt. Laut Stöcker ist es anscheinend leichter zu lernen, Sequenzen von Effekten herzustellen als nur Sequenzen von Reaktionen auszuführen.

    Dies entspreche den Erfahrungen im Alltag: Wenn der Mensch etwas tut, dann normalerweise nicht nur als Reaktion auf einen bestimmten Reiz, sondern auch, um einen Effekt zu erzielen - zum Beispiel um Kaffee trinken zu können. Der Würzburger Psychologe will nun überprüfen, ob diese Alltagserfahrung einen grundlegenden Mechanismus menschlichen Lernens und menschlicher Verhaltenssteuerung widerspiegelt. Dem liegt die Annahme zugrunde, daß Verhalten nicht in erster Linie von Umweltreizen gesteuert wird, sondern auf der "geistigen Vorwegnahme" von Handlungseffekten beruht.

    In dem anderen von der DFG geförderten Projekt untersucht Dr. Claudia Bett-Martin statistische Eigenschaften beim Lernen von Verhaltensabläufen. Dafür hat sie Experimente in einer Versuchssituation durchgeführt, bei der Karten eines gewöhnlichen Kartenspiels gezeigt werden und die Versuchsteilnehmer entsprechend der Farbe oder Zahl der Karten verschiedene Tasten auf einer Tastatur betätigen müssen.

    Dabei können, gemäß dem Prinzip der seriellen Wahlreaktion, einerseits die Darbietungsart der Spielkarten und die Handlungsweisen verändert werden. Variiert wird die Auftrittswahrscheinlichkeit - manche Karten erscheinen dann häufiger als andere - oder die Übergangswahrscheinlichkeit, wobei zum Beispiel die Pik 7 immer nach der Herz 8 und die Herz 8 immer vor der Pik 7 gezeigt wird.

    Andererseits untersucht Dr. Bett-Martin unabhängig voneinander auftretende Unterschiede bei den Lernprozessen in den Reizfolgen (Spielkarten) und den Reaktionsfolgen (Tastendrücke). Erste Ergebnisse zeigen, daß Auftritts- und Übergangswahrscheinlichkeiten das Lernen stark beeinflussen und daß beim Lernen in Reaktionsfolgen deutlichere Lerneffekte als beim Lernen in Reizfolgen auftreten. Das Projekt zielt insgesamt auf Einblicke in allgemeine Mechanismen des menschlichen Lernens.

    Weitere Informationen: Prof. Dr. Joachim Hoffmann, T (0931) 31-2645, Fax (0931) 31-2815, E-Mail:
    hoffmann@psychologie.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Pädagogik / Bildung, Psychologie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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