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Wissenschaft
Sechs RUB-Studenten und ein Wissenschaftler ziehen in einem soeben erschienenen Buchum "Vision Impossible. Studierende nach dem Großen Streik" eine Bilanz des Studentenstreiks vom Dezember 1997.
Bochum, 18.02.1999
Nr. 42
Ein Jahr nach dem Streik
Zwischen aufgestautem Ärger und Tatendrang
RUB-Studenten veröffentlichen eine Bilanz
"Politik muß gestalten, wenn sie nicht abdanken will! ... Allen, die an der Universität studieren wollen, muß die Gelegenheit dazu gegeben werden!" fordert Daniel Herms rigoros von der Bildungspolitik. Der Bochumer Geschichtsstudent ist einer von sechs jungen Leuten, die ein Jahr nach dem großen Studentenstreik im Dezember 1997 nun eine Bilanz gezogen haben: "Vision Impossible. Studierende nach dem Großen Streik" ist ein im Januar erschienenes Buch, in dem sie ihrem Ärger und ihren Zweifeln und Hoffnungen Luft machen.
Einschneidende Erfahrung
Geboren wurde die Idee zu einem Buch über das soziale und politische Verhalten von Studierenden in einem Einführungsseminar von Dr. Karsten Rudolph (Institut für die Erforschung der europäischen Arbeiterbewegung der RUB). "Eigentlich wollten wir ein ganz anderes Buch machen", erinnert er sich; aber das Seminar wurde vom Ausbruch des Streiks unterbrochen. Eine einschneidende Erfahrung für alle Beteiligten, zumal die RUB eine der ersten Hochschulen war, die bestreikt wurde. So entstand aus der geplanten Studie ein Buch, das individuelle Eindrücke des Streiks und Überlegungen zur Bildungssituation sammelt.
Überstrapazierter Vergleich zwischen 68ern und 97ern
Die Autoren äußern sich sehr persönlich: Tanja Kerwin z.B. reflektiert ihre Kindheit in einer Sozialarbeiter WG: "Durch die Form meiner Erziehung war ich früher immer nah am politischen Geschehen, im Bann der 68er sozusagen. Aber Studentenbewegung damals und heute - für mich ein großer Unterschied." Der überstrapazierte Vergleich zwischen 68ern und 97ern beschäftigt auch Daniel Molloisch. Vor 30 Jahren gab es ganz andere Ziele, es wurde noch von einer "anderen Gesellschaft" gesprochen, von einer "neuen Freiheit". "Die Ansprüche der Studenten sind erheblich bescheidener geworden": ein Verbot von Studiengebühren, mehr Geld für die Universitäten und eine Hochschulreform, das sind die zentralen Forderungen. Warum diese Zurückhaltung? Warum haben die Studenten so früh aufgegeben? fragt sich Daniel Molloisch. Er sieht die Ursache für die oft beschimpfte Politikverdrossenheit junger Menschen in ihrer Angst vor der Zukunft. Arbeitslosigkeit, Klimakatastrophe und Ausbildungsplatzmangel treibt sie in einen Zweckoptimismus oder in die Resignation, so daß sie sich lieber mit den Umständen abfinden als weiter auf die Barrikaden zu gehen.
Öffentlichkeit nicht informiert
Wie wenig die Öffentlichkeit über die Hintergründe des Streiks informiert worden ist, beweist ein Interview mit Nicht-Studenten, die die Studentin Bianca Patzelt geführt hat: "Ich habe über die Streiks Fernsehberichte gesehen, weiß aber nicht, warum gestreikt wurde", erklärt Björn, ein 22-jähriger Postangestellter. Hier will das Buch den Blick freigeben auf individuelle Bedürfnisse, Wünsche und Meinungen von Studierenden jenseits des Klischees "Generation X".
Plädoyer für politisches Engagement
Auch wenn Daniel Molloisch ein Jahr nach der Protestwelle feststellen muß: "die Versprechungen der Politiker lösen sich in Luftschlösser auf" - das Buch will eine Anregung sein, weiterzudenken, zu diskutieren und auch zu handeln. Heiko Klauke bringt die Sache auf den Punkt: "Viele Menschen verlieren das Vertrauen in die Politik, weil sie täglich vorgeführt bekommen, wie handlungsunfähig Politik zu sein scheint. Dennoch bin ich der Überzeugung, daß sich politisches Engagement lohnt."
Titelaufnahme
"Vision Impossible? Studierende nach dem Großen Streik", Klartext Verlag Essen 1999, 14,80 DM (ISBN 3-88474-740-1)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Organisatorisches, Wissenschaftliche Publikationen, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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