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Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) hat ihre Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie des Clusterkopfschmerz nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin überarbeitet. Zusammen mit anderen kurzdauernden einseitigen Schmerzattacken bildet der Clusterkopfschmerz darüber hinaus seit einiger Zeit als "trigemino-autonome Kopfschmerzen" (TAK) eine neu definierte Gruppe von Kopfschmerzformen.
Sie kommen wie der Blitz aus heiterem Himmel: stechende, meist starke bis extrem starke Kopfschmerzattacken, die meistens nur mehrere Minuten bis maximal drei Stunden andauern, dafür aber bis zu zehn Mal pro Tag auftreten können. Alle Kopfschmerzsyndrome der neuen Gruppierung "trigemino-autonome Kopfschmerzen" kurz TAK genannt, haben mindestens zwei Gemeinsamkeiten: Die Attacken dauern nur kurze Zeit und gehen mit Beschwerden wie heftiges Tränen, stark laufender oder verstopfter Nase oder Lidschwellung einher. Zu den TAKs zählen der episodische und der chronische Cluster-Kopfschmerz. Das Wort "Cluster" kommt aus dem Englischen und bedeutet "Haufen, Gruppe oder Schwarm". Der Clusterkopfschmerz meldet sich bis zu achtmal täglich mit heftigsten Attacken. Bei vier von fünf betroffenen Menschen tritt er episodisch auf, das heisst, zwischen den aktiven Phasen mit Schmerzattacken kommt es zu längeren inaktiven Phasen ohne Schmerzen. Ebenfalls zu der TAK-Gruppe gehören der anfallsartige einseitige Kopfschmerz (paroxysmale Hemikranie), sowie das sogenannte SUNCT- Syndrom. Hierbei handelt es sich um extrem kurz andauernde und häufige Schmerzattacken im Einzugsbereich eines Gesichtsnervs.
Wenig evidenzbasierte Studien.
Die Deutsche Kopfschmerz- und Migränegesellschaft hat ihre bisherigen Empfehlungen einer kritischen Prüfung unterzogen. Die neuen Empfehlungen beruhen ausschließlich auf Daten, die nach den Kriterien der evidenzbasierten Medizin (EBM) überprüfbar sind. Jede therapeutische Option wird nach EBM-Kriterien beurteilt.
Zum Clusterkopfschmerz und den anderen TAKs liegen bislang allerdings nur wenige gute Studie vor, da die Erkrankungen sehr selten sind. "In der Praxis können wir aber die meisten Schmerzattacken positiv beeinflussen", betonen die Experten.
Späte Diagnostik fördert Fehlbehandlungen.
Bei Patienten mit TAKs vergehen zumeist mehrere Jahre bis eine korrekte Diagnose gestellt wird. "Weil diese Kopfschmerzvarianten relativ selten sind, werden sie häufig viel zu spät diagnostiziert - und das, obwohl beispielsweise der Cluster-Kopfschmerz von allen primären Kopfschmerzarten am leichtesten zu erkennen ist" , stellen die Experten der DMKG fest. Die Verzögerungen bei der Diagnostik führt dazu, dass die Attacken mit den falschen und daher wirkungslosen Medikamenten behandelt werden, was für die Betroffenen aufgrund der Schwere der Schmerzen schlimme Folgen hat.
Wenig zugelassene Medikamente.
Vor einer Selbstbehandlung warnen die Kopfschmerzexperten, zumal die Medikamente verschreibungspflichtig sind und individuell angepasst werden müssen.Weil die Schmerzen von sehr kurzer Dauer sind, setzt die Wirkung von Tabletten nicht rechtzeitig ein. Die Spezialisten empfehlen daher das Inhalieren von reinem Sauerstoff über eine Gesichtsmaske. Die Behandlung ist nebenwirkungsfrei und wirkt bei sechs von zehn Patienten. Eine weitere Option ist das Einträufeln des Lokalanästhetikums Lidocain, einem Mittel zur örtlichen Betäubung, in die Nase. Diese Tropfen helfen jedoch nur jedem dritten Patienten. In Deutschland ist nur ein einziges Medikament für die Behandlung des Clusterkopfschmerzes zugelassen: das Sumatriptan zur Selbstinjektion aus der Gruppe der Triptane, die zur Migränetherapie eingesetzt werden. Bei Problemen kann der Arzt die Substanz auch als Nasenspray verordnen. In dieser Darreichungsform steht neben dem Wirkstoff Sumatriptan auch noch Zolmitriptan zur Verfügung.
Prophylaxe ist wichtig.
Bei chronischen und lange anhaltenden Kopfschmerzphasen ist die Prophylaxe wichtig. Es gibt einige Präparate, die vorbeugend gegen Clusterkopfschmerz wirksam sind, doch nur für ein einziges, nämlich Lithium, liegt in Deutschland eine Zulassung zur vorbeugenden Behandlung von Clusterkopfschmerz vor. Das Medikament der ersten Wahl ist nach Aussage der Experten allerdings das verschreibungspflichtige Verapamil. Dieser Wirkstoff ist jedoch nicht speziell für Clusterkopfschmerz zugelassen. Das Medikament kann zwar im Sinne des sogenannten "Off-label-use" verordnet werden, die Krankenkassen sind jedoch nicht automatisch zur Kostenübernahme verpflichtet. Da der Wirkstoff langsam aufdosiert wird, kann der behandelnde Arzt zur Überbrückung zusätzlich Lithium oder Kortison verordnen.
Für die anderen, sehr seltenen trigemino-autonomen Kopfschmerzen ist in Deutschland überhaupt kein Medikament zugelassen. Bei einigen Formen setzen die Ärzte beispielsweise die Subtanz Indometacin ein. Zur Behandlung des SUNCT-Syndroms setzen Spezialisten seit einiger Zeit das Antiepileptikum Lamotrigen ein.
Die neuen Empfehlungen stehen unter www.dmkg.de zum Download zur Verfügung, ebenso eine zusammenfassende Information für Patientinnen und Patienten.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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