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17.05.1999 18:48

Wachstumsfaktoren und Kollateralen

Peter Pietschmann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universität Ulm

    Wachstumsfaktoren und Kollateralen
    Stimulation von Umgehungskreisläufen am minderdurchbluteten Herzen

    Eine eindrucksvolle Jahresbilanz zieht PD Dr. Johannes Waltenberger als Leiter der Arbeitsgruppe »Molekulare Kardiologie« in der Abteilung Innere Medizin II (Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Vinzenz Hombach) der Universität Ulm: fünf Forschungspreise haben er und sein Team in den vergangenen 12 Monaten für ihre durch das Land Baden-Württemberg und die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Studien erhalten.

    Dr. Jens Kroll hat - noch als Doktorand - die molekulare Signalübertragung in Herzgefäßen durch den Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) beschrieben und bekam dafür den Oskar-Lapp-Preis der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Den Präventionspreis der Deutschen Herzhilfe konnte Waltenberger gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe der Universität Münster entgegennehmen. Sie hatten den Einfluß von Wachstumsfaktoren auf Gefäßverschluß und postinterventionelle Wiederverengung (Restenose) untersucht und darauf aufbauend neue Ansatzpunkte für die Therapie beziehungsweise Prävention der Restenose erörtert. Das Poster, auf dem Dipl.-Biol. Andrea Kranz diese Problematik zusammengefaßt und illustriert hatte, wurde von der Südwestdeutschen Gesellschaft für Innere Medizin mit dem Ludolf-Krehl-Preis belohnt; im März dieses Jahres gelang ihr außerdem der beste Vortrag auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Arteriosklerose-Forschung, wofür sie den Gotthard-Schettler-Preis erhielt. Den Posterpreis der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin schließlich erwarb sich Gruppenleiter Waltenberger auf deren 105. Kongreß mit einer Arbeit über die Rolle von Stickstoffmonoxid (NO) bei der Regulation von Gefäßspannung und Gefäßneubildung durch den Wachstumsfaktor VEGF-A.

    Kollateral versorgt

    Mit ihren Studien bearbeiten die Ulmer Forscher ein medizinisch dauerhaft aktuelles Thema: der Myokardinfarkt ist die häufigste Todesursache in den westlichen Industrieländern. Inzwischen ist bekannt, daß die Chancen des Betroffenen, ohne gravierende Folgeschäden zu überleben, deutlich besser stehen, wenn das verschlossene Blutgefäß am Herzen während der Akutphase durch neugebildete kollaterale, das heißt Umgehungs-Gefäße teilweise ersetzt, das minderdurchblutete Herzmuskelareal auf diesem Wege zumindest notversorgt und damit die Sauerstoffschuld gemindert wird. Welche molekularen Prozesse die Ausbildung solcher Kollateralen aus bereits bestehenden Gefäßen heraus in Gang setzen, ist bislang erst ansatzweise erforscht. Fest steht aber, daß bestimmte Wachstumsfaktoren und ihre Empfängerstellen (Rezeptoren) in der Gefäßwand beteiligt sind, und es gibt bereits vielversprechende Versuche, diesen Angiogeneseprozeß durch Anwendung von Wachstumsfaktoren zu stimulieren. Voraussetzung für solche therapeutischen Konzepte sind genaue Kenntnisse über die zugrunde liegenden molekularen Abläufe.

    Zu den ersten Erfolgen Waltenbergers und seiner Arbeitsgruppe gehörte die Identifkation mehrerer Rezeptoren, die ausschließlich in den Innenwänden der Gefäße ausgebildet werden und von denen sich zwei - mit »KDR« und »Flt-1« bezeichnet - als Empfängerstellen für den Vascular Endothelial Growth Stimulating Factor (VEGF) erwiesen. Die Bindung von VEGF an seine Rezeptoren setzt das Startsignal für die Angiogenese - und zwar, auch das brachten die Ulmer ans Licht, teilweise bedarfsgesteuert: unter Sauerstoffmangel, namentlich im minderdurchbluteten Areal des Herzens beim Infarkt, wird der Nachschub an VEGF und KDR hochreguliert, wird also das System zur Stimulation der Gefäßneubildung aktiviert.

    An Zellkulturen von Herzgefäßzellen konnten die Ulmer zeigen, daß als Reaktion auf die Anregung des Rezeptors KDR vermehrt neue Zellen gebildet werden - Voraussetzung für den Gefäßaufbau. Wann genau dieser Prozeß in Gang kommt, läßt sich an der Aktivität eines Enzyms ablesen, der Mitogen-aktivierten Protein-Kinase (MAP-Kinase). Sie wird »angeschaltet«, wenn Phosphatgruppen an bestimmte Bausteine ihrer Moleküle (Tyrosin und Threonin) binden. Das aktivierte Enzym kann nun seinerseits als Katalysator für andere Proteine wirken und so eine Signalkette auslösen. Die Signale wandern unter anderem in den Zellkern und setzen dort den Zellteilungszyklus in Gang. Da die Aktivierung der MAP-Kinase mit der proliferativen Aktivität der Gefäßinnenwand korreliert, verfügt Waltenberger, dem erstmals die Durchführung eines exakten quantitativen Bestimmungsverfahrens gelang, über einen hochempfindlichen Test für die Messung der Angiogenese-Kapazität von Herzgewebszellen.

    Stickstoffmonoxid scheint im Prozeß der Gefäßneubildung ein Schlüsselmolekül zu sein. Daß NO als Signalmolekül im Herzkreislaufsystem fungiert, hatten die Amerikaner Ferid Murad, Robert Furchgott und Louis Ignarro entdeckt und 1998 dafür den Nobelpreis für Physiologie und Medizin bekommen. Die Bildung von NO, soviel ist nun auch bekannt, wird in Herzgefäßzellen über VEGF-A vermittelt. Waltenberger und Mitarbeiter entdeckten, daß der Wachstumsfaktor dabei auf den Rezeptor KDR angewiesen ist. In Versuchen an Zellen aus der menschlichen Nabelschnur und an Gefäßzellen aus der Hauptschlagader vom Schwein stellte sich nämlich heraus, daß die Aktivierung des anderen, »Flt-1« getauften Empfängers offenbar nicht in die Bildung von NO und seiner für die Gefäßneubildung unentbehrlichen Folgereaktionen mündet. Die Ulmer Forscher haben mit diesen Ergebnissen wichtige Bausteine für künftige Therapiekonzepte unter Einsatz von VEGF geliefert.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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