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06.07.1999 16:06

Geologen simulieren Gebirgsbildung am Computer

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Wer Unterfranken kennt, wird kaum glauben wollen, dass es sich in der geologischen Vergangenheit schon einmal als Hochgebirgslandschaft präsentierte - und zwar lange bevor sich im Muschelkalkmeer die Gesteine ablagerten, welche heute das Landschaftsbild entlang des Mains bestimmen.

    Überreste der Varisciden, wie die Geologen das im Erdzeitalter Karbon vor 370 bis 320 Millionen Jahren aufgefaltete Gebirge nennen, sind unweit von Aschaffenburg im Vorspessart zu finden. Die dort zutage tretenden Gesteine waren einmal bis zu 20 Kilometer tief in der Erdkruste versenkt und Temperaturen von bis zu 650 Grad Celsius ausgesetzt, bevor sie an die Erdoberfläche aufstiegen. Die Geowissenschaftler sprechen in diesem Fall von metamorphen Gesteinen.

    Diesen Mechanismus der Versenkung und Anhebung von Gesteinen bei der Gebirgsbildung untersuchen PD Dr. Andreas Henk und Diplom-Geologe Michael Seyferth an der Universität Würzburg im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes. Die Wissenschaftler setzen leistungsfähige Rechner und Computerprogramme ein, wie sie in der Autoindustrie für Crash-Tests verwendet werden.

    Gebirge entstehen, wenn Platten der kontinentalen Erdkruste miteinander kollidieren. Die Geschwindigkeit einer solchen Kollision beträgt zwar nur wenige Zentimeter im Jahr, doch kann sich die dabei auftretende Krustenverkürzung über geologische Zeiträume hinweg zu mehreren hundert Kilometern aufsummieren. In der Knautschzone zwischen den Platten verdickt sich die Erdkruste und türmt sich zu einem Gebirge auf. Da die Platten wie Eisberge im zähflüssigen Erdmantel schwimmen, bildet sich an der Krustenbasis aber auch eine gewaltige Verdickung nach unten - die sogenannte Gebirgswurzel.

    Es mag zunächst paradox erscheinen, aber die Prozesse der Gebirgsbildung liefern nicht nur einen Mechanismus, um Gesteine in große Tiefe zu versenken, sondern auch, um sie danach wieder ans Tageslicht zu befördern: Wer vom sommerlichen Alpenurlaub die riesigen Schuttfächer am Fuß der Berge kennt, kann ermessen, wie schnell und effizient die Erosion im Hochgebirge arbeitet. Dabei werden die oberen Krustenbereiche abgetragen, die gesamte Kruste steigt auf und die Erosion kann sich in immer tiefere Schichten einschneiden. Die Erosion ist jedoch nicht der einzige Prozess, der eine Anhebung von metamorphen Gesteinen bewirkt: Auch durch die Schwerkraft kann ein langsames Zerfließen eines Hochgebirges unter seinem eigenen Gewicht erreicht werden.

    Kollision zwischen Krustenplatten, Versenkung von Gesteinen, Erosion und Auseinanderfließen - all diese Prozesse finden in rascher Reihenfolge statt und beeinflussen sich gegenseitig. Erst mit Computerprogrammen lassen sie sich zu einem einheitlichen Modell integrieren, mit dem die Bildung eines Gebirges simuliert werden kann: Im Computer wachsen die Gebirge im Zeitraffer und man kann am Bildschirm verfolgen, wie Gesteine tief in die Krustenwurzel hineingepresst werden und sich dabei stark aufheizen. "Wir können aber auch zeigen, wie die Gesteine danach schnell wieder an die Erdoberfläche gelangen", erläutert Dr. Henk. Aus der Verteilung solcher metamorpher Gesteine in verschiedenen deutschen Mittelgebirgen wollen die Forscher nun mit dreidimensionalen Modellen Rückschlüsse auf Form, Höhe und Ausdehnung der karbonischen Hochgebirge ziehen. So lässt sich vielleicht auch die Frage beantworten, wie hoch die Spessartberge einst tatsächlich waren.

    Weitere Informationen: Diplom-Geologe Michael Seyferth, T (0931) 31-2695, Fax (0931) 31-2378, E-Mail:
    michael.seyferth@mail.uni-wuerzburg.de


    Bilder

    Die Erdkruste (im Schnitt) während einer Gebirgsbildung im Computermodell: In der Mitte zeigt sich eine deutliche Verdickung in Form einer tiefen Gebirgswurzel.
    Die Erdkruste (im Schnitt) während einer Gebirgsbildung im Computermodell: In der Mitte zeigt sich e ...

    None

    Schema einer Gebirgsbildung.
    Schema einer Gebirgsbildung.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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