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Wissenschaft
Verbundprojekt der sozial-ökologischen Forschung des BMBF präsentiert
Ergebnisse zu den Auswirkungen der Agrarwende
"Mit der Politik der 'Agrarwende' wurden Bio-Lebensmittel gesellschaftlich deutlich aufgewertet
und haben damit endgültig die Nische verlassen. Dies eröffnet viele Chancen für die Bio-
Branche, stellt sie jedoch vor zahlreiche neue Herausforderungen". Mit diesen Worten fasst
Prof. Dr. Karl-Werner Brand die Ergebnisse des von ihm geleiteten BMBF- Projekts "Von der
Agrarwende zur Konsumwende?" zusammen. Das Forschungsprojekt, an dem die TU
München, die Universitäten Gießen und Göttingen, die Wirtschaftsuniversität Wien sowie die
Münchner Projektgruppe für Sozialforschung beteiligt waren, untersuchte in den vergangenen
drei Jahren die Wirkungen der von der früheren Verbraucherschutzministerin Renate Künast
angestrebten "Agrarwende" auf den verschiedenen Ebenen der Bio-Wertschöpfungskette.
Die quantitative Ausweitung des Öko-Landbaus und der Umsatz an Bio-Lebensmitteln bleiben
zwar erheblich hinter der anvisierten Zielgröße zurück. Entscheidender ist aber die in Gang
gesetzte Entwicklungsdynamik. Eine wesentliche Rolle spielt dabei das neue Bio-Siegel, das
die Ausweitung und Europäisierung der Beschaffungsmärkte für Bio-Lebensmittel erheblich
beschleunigt hat. Bio-Supermärkte verzeichnen ein rasantes Wachstum. Auch der
konventionelle Lebensmittel-Einzelhandel, einschließlich der Discounter, ist verstärkt in das
Bio-Segment eingestiegen und stellt inzwischen den wichtigsten Vertriebsweg für Bio-
Lebensmittel dar. Auch Bio-Fertiggerichte sind auf dem Vormarsch. Mit der Ausdifferenzierung
des Bio-Markts verschwimmen die bisherigen Grenzen zwischen der ganzheitlich orientierten
Öko-/Naturkost-Szene und dem konventionellen Lebensmittelsektor.
"Die beabsichtigte Ausweitung des Bio-Landbaus und Bio-Markts hat damit auch kritisch
bewertete Nebenfolgen und bleibt in zentralen Aspekten hinter den eigenen Ansprüchen
zurück" so Prof. Dr. Brand. Hierzu gehören beispielsweise:
o Die rasche Ausweitung des Angebots und die Europäisierung des Bio-Handels erhöhen
den Wettbewerbsdruck auf die Öko-Landwirte und erzwingen eine stärker ökonomischpragmatische
Orientierung. Auch im Handel verschärft sich der Verdrängungswettbewerb
im Naturkostbereich.
o Die Anpassung an konventionelle Strukturen und eine verstärkte ökonomische
Orientierung bedrohen die Glaubwürdigkeit und das spezielle Qualitätsprofil von Bio-
Produkten. Ferner wird der mit ihnen verbundene Zusatznutzen in Bezug auf
Umweltschutz, artgerechte Tierhaltung, Landschaftspflege und Förderung der regionalen
Wirtschaft in Frage gestellt. Die Konventionalisierung des Bio-Bereichs gefährdet somit
zugleich ihr anhaltendes Wachstum.
o Das mit der Einführung des Bio-Siegels verknüpfte Ziel, die besonderen Qualitäten von
Bio-Produkten klarer und glaubwürdiger zu kommunizieren, wurde bislang - aus Sicht der
KonsumentInnen - nicht erreicht. Viele mögliche Anknüpfungspunkte und Motive für Bio-
Konsum werden darüber hinaus in der Ernährungskommunikation zu wenig und nicht
genügend zielgruppengerecht aufgegriffen. So ist von einer Konsumwende i. S. einer
neuen Qualitätsorientierung und der Verbreitung nachhaltiger Ernährungsstile noch wenig
zu bemerken.
Um die unerwünschten Effekte zu minimieren und das Wachstum der Bio-Branche unter dem
Leitbild nachhaltiger Entwicklung zu verstetigen, wurden im Rahmen des Forschungsprojekts
die folgenden Optimierungsstrategien entwickelt:
o Entlang der gesamten Wertschöpfungskette (von der Produktion über Verarbeitung
und Handel bis zum Konsum) sollten differenzierte, auf die Bedürfnisse und
Handlungsmöglichkeiten der jeweiligen Zielgruppen zugeschnittene Kommunikationsund
Beratungsformen entwickelt werden;
o Ein wichtiger Schritt in Richtung einer Konsumwende ist es, alltagsnahe Leitbilder
nachhaltiger Ernährung öffentlichkeitswirksam zu vermitteln;
o Die Vielfalt der verschiedenen Betriebstypen und Angebotsformen in der Bio-Branche
sollte erhalten werden, um die Balance zwischen ideeller Orientierung und
ökonomischer Pragmatik wahren und den Zusatznutzen, d.h. die besondere Qualität
von Bio-Produkten, glaubwürdig kommunizieren zu können. Hierfür sollten geeignete
Maßnahmen, wie finanzielle Förderung, Netzwerkbildung, Wertemanagement und
Labelling, ergriffen bzw. verstärkt werden.
Zentrale Ergebnisse des Verbundprojekts "Von der Agrarwende zur Konsumwende?" sind in
einer Broschüre zusammengefasst, die während der Pressekonferenz vorgestellt wurde und
ab sofort bei der Münchner Projektgruppe für Sozialforschung (MPS) bestellt werden kann.
Ansprechpartner: Prof. Dr. Karl-Werner Brand & Astrid Engel, Münchner Projektgruppe für
Sozialforschung, , Dachauerstr. 189, 80637 München, Tel.: 089-155760/14839713, E-Mail:
astrid.engel@sozialforschung.org, Projekt-Homepage: http://www.konsumwende.de (mit download-
Texten der einzelnen Teilprojekte)
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Gesellschaft, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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