idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
12.07.2012 13:01

Wie beeinflussen sich Religionen gegenseitig?

Dr. Josef König Pressestelle
Ruhr-Universität Bochum

    Ein gelungenes Beispiel für interdisziplinäre Forschung liefert ein neues Projekt am Centrum für Religionswissenschaftliche Studien der Ruhr-Universität Bochum (CERES): Unterstützt von Computerlinguisten und Informatikern versuchen Religionswissenschaftler herauszufinden, wie sich in der Antike verschiedene Religionen gegenseitig beeinflusst haben. Dazu werten sie altägyptische Texte und den buddhistischen Pali-Kanon aus Indien mit moderner Software aus. Vor allem suchen sie nach Hinweisen auf jeweils andere Religionen.

    CERES plus Universität Trier

    Das Projekt „Semantisch-soziale Netzwerkanalyse als Instrument zur Erforschung von Religionskontakten“ (SENEREKO) wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 750.000 Euro gefördert. Das interdisziplinäre Verbundforschungsprojekt hat der Bochumer Religionswissenschaftler Prof. Dr. Volkhard Krech (CERES) in Kooperation mit Prof. Dr. Claudine Moulin (Center for Digital Humanities der Universität Trier) eingeworben; koordiniert wird es von Frederik Elwert M.A. Das Projekt ist Anfang Juli gestartet und läuft drei Jahre lang bis Ende Juni 2015.

    Relationale Religionsforschung

    Zentrales Element der Studie ist die Netzwerkanalyse. Diese Methode wird häufig in der empirischen Sozialforschung eingesetzt. Sie soll soziale Beziehungen und Netzwerke erfassen und analysieren, u.a. den Informations- oder Wissensaustausch. Mithilfe neuer computergestützter Techniken wollen die Religionswissenschaftler mit der Netzwerkanalyse Fragen nach dem Verlauf von historischen Religionskontakten und deren Folgen beantworten. Dazu werten sie antike indische und ägyptische Texte aus. Sie wollen u.a. auch die in Bochum bereits theoretisch etablierte Perspektive einer relationalen Religionsforschung weiter vorantreiben. Demnach ist Religion als ein Geflecht aus zahlreichen Verknüpfungen zu verstehen: Eine religiöse Tradition formiert sich durch die interne Verknüpfung von Komponenten sowie durch Beziehungen zu anderen religiösen Traditionen; und ein religiöses Feld konstituiert sich intern durch die Verknüpfung verschiedener religiöser Traditionen sowie durch Bezüge zu seiner Umwelt.

    Innovative Analyse

    In diesem Sinne suchen die Religionswissenschaftler in den Texten nach semantischen und sozialen Elementen, die Hinweise auf Wechselwirkungen mit fremden Religionen geben. Beim buddhistischen Pali-Kanon, der etwa um die Zeitenwende zusammengestellt wurde, könnten dies u.a. Hinweise auf damalige religiöse Konkurrenten wie brahmanische Priester sein. In den ägyptischen Texten, die bis ins 3. vorchristliche Jahrtausend zurückreichen, geht es z.B. um mögliche Religionskontakte zu Libyern, Kuschiten, Assyrern, Persern, Griechen und Römern. Die bisherige Forschung zu Religionskontakten hat zudem gezeigt, dass es notwendig ist, innerhalb der religionswissenschaftlichen Komparatistik qualitative und exemplarische Untersuchungen mit quantitativen Analysen zu kombinieren. Durch die computergestützte Netzwerkanalyse können Prozesse religiösen Austauschs somit auf innovative Weise untersucht werden.

    eHumanities: IT in den Geisteswissenschaften

    Das Ziel des Trierer Teilvorhabens besteht darin, eine virtuelle Forschungsplattform zur Verfügung zu stellen. Sie soll den gesamten Arbeitsprozess von der Aufnahme der digitalisierten Texte, über deren Analyse bis hin zur Visualisierung der Ergebnisse unterstützen. Unter anderem geht es darum, die entwickelten Algorithmen und Verfahren generisch zu konzipieren, so dass sie leicht auf vergleichbare Fragen und weitere Texte übertragbar sind. Durch diese technische Lösung ist es möglich, wesentlich größere Datenmengen zu verarbeiten, als es mittels manueller Analysen möglich wäre. Des Weiteren werden in Trier neue Verfahren zur Analyse von außereuropäischen Sprachen (Altägyptisch, Pali) entwickelt, für die bisher nur wenige bzw. keine Softwaretools vorliegen.

    Interdisziplinarität stärken

    Die angestrebten Ergebnisse sollen nicht nur die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Geisteswissenschaften und Informatik im Bereich der eHumanities stärken, sondern auch die Grundlagenforschung in den Philologien befruchten. Darüber hinaus soll die Methodik Eingang in die universitäre Lehre finden, um Studierende frühzeitig an Fragen und Techniken der eHumanities heranzuführen.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Volkhard Krech, Centrum für Religionswissenschaftliche Studien, Tel. 0234-3222395, volkhard.krech@rub.de

    Frederik Elwert M.A., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Centrum für Religionswissenschaftliche Studien, Tel. 0234-3224794, frederik.elwert@rub.de

    Redaktion: Arne Dessaul


    Bilder

    Pali-Kanon in der Analyse
    Pali-Kanon in der Analyse
    CERES/RUB
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Kulturwissenschaften, Religion, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).