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Vom "Zappelphilipp-Syndrom" bis hin zu schweren Behinderungen reichen die Folgen von Sauerstoffmangel bei Kindern während der Geburt. Um dieses Schicksal abzuwenden, prüfte Dr. Yves Garnier (Unifrauenklinik der RUB) verschiedene Substanzen und Techniken, die, während oder kurz nach der Geburt angewandt, Gehirnnervenzellen schützen können. Für seine Studien verlieh ihm die Universität Maastricht (NL) die internationale Doktorwürde PhD.
Bochum, 10.02.2003
Nr. 35
Nervenzellen schützen - Hirnschäden vermeiden
Therapien bei Sauerstoffmangel während der Geburt
Doppelpromotion für Bochumer Forscher in Maastricht
Vom "Zappelphilipp-Syndrom" bis hin zu schweren Behinderungen reichen die Folgen von Sauerstoffmangel bei Kindern während der Geburt. Um dieses Schicksal abzuwenden, prüfte Dr. Yves Garnier (Universitätsfrauenklinik der RUB im Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, Direktor: Prof. Dr. Arne Jensen) verschiedene Substanzen und Techniken, die, während oder kurz nach der Geburt angewandt, Gehirnnervenzellen schützen können. Für seine insgesamt sechs Studien, die er gebündelt in seinem Buch "Perinatal Brain Damage" veröffentlichte, verlieh ihm die Universität Maastricht (NL) die internationale Doktorwürde PhD.
Jedes Jahr erleiden 1.000 Neugeborene Hirnschäden
Auf Grund schwerer Geburtsverläufe mit Sauerstoffmangel des Kindes im Mutterleib erleiden in Deutschland jährlich ca. 1.000 Neugeborene einen Hirnschaden. Betroffen sind überwiegend frühgeborene Kinder mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g. Je nach Ausmaß und Lokalisation der Hirnschädigung entwickeln diese Kinder körperliche und geistige Behinderungen. Nicht selten sind auch Hör- und Sehstörungen sowie Beeinträchtigungen der intellektuellen Leistungsfähigkeit zu beobachten.
Nervensterben in zwei Wellen
Grund für diese lebenslangen Beeinträchtigungen ist das Absterben von Nervenzellen im Gehirn in zwei Wellen: Durch die mangelnde Durchblutung bricht der Zellstoffwechsel im Gehirn zusammen und es wird als Reaktion darauf vermehrt Glutamat produziert, einer der wichtigsten aktivierenden Stoffe im Gehirn. Er bewirkt die Ausschüttung von Calcium, das wiederum die Herstellung von Stoffen anregt, welche die Zellstrukturen zerstören. Wenn der akute Sauerstoffmangel vorbei ist, normalisiert sich der Zellstoffwechsel in einigen Hirnbereichen zwar wieder, in anderen jedoch bleibt er gestört. Die zweite Welle des Absterbens von Nervenzellen setzt ein, wenn die Durchblutung wiederhergestellt wird. Als Gründe dafür vermuten die Forscher u.a. entzündliche Prozesse und ein Ungleichgewicht zwischen hemmenden und aktivierenden Substanzen im Gehirn, wodurch möglicherweise der programmierte Zelltod (Apoptosis) in Gang gebracht wird.
Strategien im "therapeutischen Fenster"
Da ein beträchtlicher Teil der Zellschäden erst Stunden oder sogar Tage nach der Sauerstoffmangelsituation zustande kommt, versuchen die Wissenschaftler, während dieses "therapeutischen Fensters" einzugreifen. Besonders vielversprechend sind unterschiedliche medikamentöse Strategien, die Hirnschäden durch Sauerstoffmangel vermindern können. Dr. Garnier richtete sein Augenmerk in seinen Studien besonders auf sog. neuroprotektive (die Nervenzellen schützende) Substanzen und erzielte mit Flunarizin erste Erfolge. Darüber hinaus konnte er zeigen, dass auch das in der Geburtshilfe vielfach zur Wehenhemmung angewandte Magnesium das kindliche Gehirn vor Sauerstoffmangel schützt.
Forschungsschwerpunkt
An der Universitätsfrauenklinik beschäftigt sich die Forschergruppe um Prof. Jensen und Oberarzt PD Dr. Richard Berger seit vielen Jahren mit der Früherkennung und Vermeidung von Hirnschäden vor und während der Geburt. Die "Perinatale Neuroprotektion" ist ein Forschungsschwerpunkt der Ruhr-Universität.
Weitere Informationen
Dr. Yves Garnier, Universitäts-Frauenklinik im Knappschaftskrankenhaus Bochum Langendreer - Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, In der Schornau 23-25, 44892 Bochum, Tel. 0234/299-3300, Fax: 0234/299-3309, E-Mail: yves.garnier@ruhr-uni-bochum.de
Dr. Yves Garnier (m.) nahm in Maastricht seine Urkunde entgegen. Mit im Bild: Prof. Jensen (l.), Pro ...
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Personalia
Deutsch
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