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22.11.2016 18:00

Ostthüringer stehen Zuwanderung positiv gegenüber

Sebastian Hollstein Stabsstelle Kommunikation/Pressestelle
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Soziologen der Universität Jena stellen Studie zu Migration und Arbeit in Ostthüringen vor

    Etwa 53 Prozent der Ostthüringer begrüßen Migration. Das geht aus ersten Ergebnissen der Regionalstudie „Arbeit und Leben“ hervor, die Soziologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durchgeführt haben. Demnach bewerten knapp über die Hälfte der Einwohner dieser eher strukturschwachen Region die Einwanderung von Ausländern eher positiv.

    „Wir sind überrascht über diese Zahl, widerspricht sie doch der Polarisierung, die das Thema in letzter Zeit erfahren hat“, sagt Dr. Stefan Schmalz, der gemeinsam mit Prof. Dr. Klaus Dörre die Studie im Rahmen des Verbundprojektes „rebeko“ geleitet hat. „So fürchten gerade einmal 6,2 Prozent eine Konkurrenz durch Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt.“ Man müsse allerdings auch festhalten, dass sich fast ein Fünftel der Befragten klar gegen Zuwanderung ausgesprochen habe, doch gebe es eine ähnlich große Menge an klaren Befürwortern. Grundsätzlich tendierten die Ostthüringer dazu, sich in Fragen zu diesem Thema eher zurückhaltend zu positionieren und sie relativierend zu beantworten, resümieren die Jenaer Experten. Das lasse auf eine unentschiedene Mehrheit schließen. Die öffentliche Diskussion nehme deshalb eine zentrale Rolle bei der Meinungsbildung ein.

    Die unentschlossene Mehrheit verhält sich eher still

    Während sich eine Minderheit im öffentlichen Raum und politisch oft lautstark – und nicht selten rassistisch und sozialdarwinistisch – gegen Migration äußere, verhalte sich die unentschlossene Mehrheit eher still. „Politische Akteure, die die Zivilgesellschaft integrativ und inklusiv gestalten wollen, sollten deshalb Debatten zu diesem Thema offensiv suchen und führen, um zum einen den Unentschiedenen Selbstbewusstsein und eine Stimme zu verleihen, und zum anderen, um die politische Deutungshoheit nicht den Migrationsgegnern zu überlassen“, sagt Schmalz. „Allein schon die stärkere Betonung der Erfolge von Integrationsbemühungen kann dabei nützlich sein.“

    Außerdem gewannen die Soziologen der Universität Jena aus der Befragung, an der insgesamt 2.188 Bewohner der sieben Landkreise und kreisfreien Städte Ostthüringens im Alter von 16 bis 75 Jahren teilgenommen haben, wichtige Erkenntnisse darüber, wie die Bewohner der Region zu ihrer Arbeitssituation stehen. Mehr als zwei Drittel der Befragten bewerten demnach die wirtschaftliche Entwicklung Thüringens positiv. Zudem fühlen sich die Ostthüringer aufgrund der stabilen Situation auf dem Arbeitsmarkt an ihrer Arbeitsstelle sicher. Doch eine Angleichung der Gehälter von Ost und West erwartet rund 80 Prozent der Befragten nicht. Mehr als ein Drittel fühlt sich unterbezahlt.

    Schlechte Arbeitsbedingungen werden nicht mehr hingenommen

    „Darüber hinaus sind die Ansprüche der Arbeitnehmer deutlich gewachsen“, sagt Klaus Dörre. „Das ,Hauptsache Arbeit', was lange Zeit nach der Wiedervereinigung galt, reicht nicht mehr aus. Der sogenannte opferbereite ,Arbeitsspartaner' verliert an Bedeutung.“ Etwa 63 Prozent der Studienteilnehmer würden etwa zum Wohle ihres Unternehmens nicht auf Gehalt verzichten oder mehr arbeiten. Schlechte Arbeitsbedingungen würden nicht mehr hingenommen. Das Anspruchsdenken ist generell gestiegen. „Dabei spielt die Vereinbarkeit von Arbeit und Leben die Hauptrolle“, informiert der Soziologe von der Universität Jena. „Insbesondere für junge Menschen sind etwa soziale Beziehungen außerhalb des Berufslebens enorm wichtig und sogar bedeutende Kategorien, um Beschäftigungsverhältnisse und Entlohnung zu bewerten.“

    Auch in diesem Bereich ergeben sich aus der Studie Handlungsempfehlungen an die Politik, vor allem im Hinblick auf die demografische Entwicklung der kommenden Jahre: Um Arbeitskräfte langfristig zu binden und die Arbeitssituation generell zu verbessern, müssen ein angemessenes Entgelt gezahlt sowie mehr Qualifizierungsangebote und gesündere Arbeitsbedingungen geschaffen werden. „Mit dem Niedriglohnumfeld um Unternehmen und Investitionen zu werben, kann dann nicht der richtige Weg sein“, sagt Schmalz.

    Generell seien beide Themenbereiche der Studie eng miteinander verbunden. „Die Politik muss die sozialen Probleme der Arbeitnehmer und der Arbeitslosen glaubhaft angehen, um nicht Rechtspopulisten das Feld zu überlassen“, resümieren die Jenaer Soziologen. „Denn vor allem Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen und mit niedrigem Einkommen neigen zu fremdenfeindlichen Einstellungen und haben geringes Vertrauen in die Gestaltungsfähigkeit der politischen Akteure.“

    Kontakt:
    PD Dr. Stefan Schmalz
    Institut für Soziologie der Universität Jena
    Carl-Zeiß-Straße 2, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945523
    E-Mail: s.schmalz[at]uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Die Leiter des Projekts „rebeko“ (Region, Betrieb, Kompetenzen) Prof. Dr. Klaus Dörre…
    Die Leiter des Projekts „rebeko“ (Region, Betrieb, Kompetenzen) Prof. Dr. Klaus Dörre…
    Foto: Jan-Peter Kasper/FSU
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    …und PD Dr. Stefan Schmalz von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
    …und PD Dr. Stefan Schmalz von der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
    Foto: Anne Günther/FSU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Gesellschaft, Wirtschaft
    regional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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