idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
21.04.2017 11:06

Krebsdiagnose mit Atemluft

Dr. Harald Rösch Wissenschafts- und Unternehmenskommunikation
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

    Neuer Test zur Früherkennung von Lungenkrebs misst kleinste Veränderungen in der Zusammensetzung des Atems

    „Tief einatmen – und wieder ausatmen“ – so könnte ein Test auf Lungenkrebs in Zukunft aussehen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim haben ein Verfahren entwickelt, das die Erkrankung bereits im frühen Stadium erkennen kann. Dazu untersuchten sie Atemproben auf Spuren von RNA-Molekülen, die durch Krebswachstum verändert sind. In einer Untersuchung an gesunden Probanden und Krebspatienten konnte der Atemtest den Gesundheitsstatus von 98 Prozent der Teilnehmer korrekt bestimmen. Es soll nun zusammen mit Lizenzpartnern so weiterentwickelt werden, dass er für die Lungenkrebsdiagnose eingesetzt werden kann.

    Die meisten Lungenkrebspatienten sterben fünf Jahre, nachdem die Erkrankung bei ihnen diagnostiziert wurde. Einer der Hauptgründe dafür ist der schleichende und weitgehend beschwerdefreie Beginn der Erkrankung, der oft unbemerkt bleibt. In den USA werden Hochrisikogruppen, wie etwa starke Raucher, daher routinemäßig im Computertomografen untersucht. Dabei können jedoch Patienten fälschlich als krank eingestuft werden.

    Gemeinsam mit Kooperationspartnern haben Forscher des Max-Planck-Instituts für Herz- und Lungenforschung nun einen Atemtest entwickelt, der deutlich präziser ist. Bei ihrer Untersuchung lag der Test mit der Diagnose Lungenkrebs in neun von zehn Fällen richtig. Damit hat die Methode eine derart hohe Trefferquote, dass sie im Klinikalltag zur Früherkennung angewendet werden könnte.

    Die Forscher haben dazu RNA-Moleküle analysiert, die vom Lungengewebe in die Atemluft abgegeben werden und die sich zwischen gesunden Probanden und Lungenkrebspatienten unterscheiden. Im Gegensatz zur DNA ist die RNA nämlich nicht in jeder Zelle gleich. Aus einem DNA-Abschnitt können mehrere RNA-Varianten, und damit auch unterschiedliche Proteine entstehen. In gesunden Zellen liegen solche Varianten in einem bestimmten Verhältnis vor. Die Wissenschaftler haben entdeckt, dass das GATA6- und das NKX2-Gen RNA-Varianten bilden, die sich hinsichtlich ihrer Menge zwischen entarteten und gesunden Zellen unterscheiden. Die Krebszellen gleichen dabei Lungenzellen im Embryonalstadium.

    Die Forscher haben eine Methode entwickelt, mit der sie die RNA-Moleküle isolieren können. Diese kommen im Atem nämlich nicht nur in geringen Mengen, sondern häufig auch in kleine Teile zerstückelt vor. Anschließend untersuchten sie die Zusammensetzung der RNA bei Probanden mit und ohne Lungenkrebs und berechneten aus diesen Daten ein Modell zur Diagnose der Erkrankung. In einem Test an 138 Probanden mit bekanntem Gesundheitszustand konnte der Test 98 Prozent der Patienten mit Lungenkrebs identifizieren. Bei 90 Prozent der entdeckten Auffälligkeiten handelte es sich tatsächlich um Krebs.

    „Die Atemluft-Analyse könnte die Erkennung von Lungenkrebs in frühen Stadien einfacher und zuverlässiger machen, sie wird die herkömmlichen Verfahren aber nicht völlig ersetzen können“, sagt Guillermo Barreto, Arbeitsgruppenleiter am Max-Planck-Institut in Bad Nauheim. „Er kann jedoch ergänzend eingesetzt werden, um frühe Krebsstadien besser zu erkennen und die falsch-positive Diagnosen zu reduzieren.“

    Die Wissenschaftler werden an den bevorstehenden umfangreichen klinischen Studien mitarbeiten. Außerdem suchen sie zusammen mit der Technologietransferorganisation Max-Planck-Innovation Lizenzpartner, die den Atemlufttest bis zur Marktreife weiterentwickeln und vermarkten. Darüber hinaus wollen die Forscher RNA-Profile auch zur Früherkennung anderer Erkrankungen nutzen. So könnten kleinste Veränderungen, gleich einem RNA-Fingerabdruck des Gewebes, kranke Zellen verraten und eine schnelle Behandlung ermöglichen.

    Originalpublikation:
    Mehta et al.
    Non-invasive lung cancer diagnosis by detection of GATA6 and NKX2-1 isoforms in exhaled breath condensate.
    Embo Molecular Medicine (DOI 10.15252/emmm.201606382)

    Ansprechpartner:
    Dr. Matthias Heil
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung, Bad Nauheim
    Telefon:+49 6032 705-1705
    E-Mail: matthias.heil@mpi-bn.mpg.de

    Dr. Guillermo Barreto
    Max-Planck-Institut für Herz- und Lungenforschung, Bad Nauheim
    Telefon:+49 6032 705-259
    E-Mail: guillermo.barreto@mpi-bn.mpg.de


    Bilder

    Anhand der unterschiedlichen Mengen abgegebener RNA-Moleküle lassen sich Krebszellen in der Lunge aufspüren.
    Anhand der unterschiedlichen Mengen abgegebener RNA-Moleküle lassen sich Krebszellen in der Lunge au ...
    MPI f. Herz- und Lungenforschung/ G. Barreto
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).