idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
06.10.2017 08:49

Psychodynamische Therapien wirksam wie andere „evidenzbasierte“ Behandlungen für psychisch Kranke

Dr. Romy Müller UNI Services
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

    Psychodynamische Therapien sind bei Menschen mit psychischen Erkrankungen nach dem aktuellen Stand der Forschung genauso wirksam wie andere „evidenzbasierte“ Verfahren wie beispielsweise die Kognitive Verhaltenstherapie. Dies geht aus einem gemeinsamen Forschungsprojekt von WissenschaftlerInnen der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), der Psychologischen Hochschule Berlin (PHB), der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt (AAU) sowie der Technischen Universität Dresden (TUD) hervor, dessen Ergebnisse am 1. Oktober in der renommierten Zeitschrift „American Journal of Psychiatry“ veröffentlicht wurden.

    Psychodynamische Therapieverfahren zählen in der aktuellen Versorgungspraxis neben psychopharmakologischen und kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlungsansätzen weltweit zu den am weitesten verbreiteten Behandlungsangeboten für Menschen mit psychischen Erkrankungen. In Zusammenhang mit Forderungen nach mehr Wirksamkeitsnachweisen gerieten psychodynamische Therapien in der jüngeren Vergangenheit zunehmend unter Rechtfertigungsdruck. In aktuellen Behandlungsleitlinien erscheinen sie häufig nur als Methode der zweiten Wahl, in manchen Ländern ist sogar ein weitgehender Ausschluss von der Regelversorgung zu verzeichnen.
    Vor diesem Hintergrund gingen Christiane Steinert (JLU), Thomas Munder (PHB), Sven Rabung (AAU), Jürgen Hoyer (TUD) und Falk Leichsenring (JLU) der Frage nach, wie wirksam psychodynamische Therapien im Vergleich zu „evidenzbasierten“ Verfahren sind. In einer Meta-Analyse fassten die AutorInnen 23 hochwertige randomisiert-kontrollierte Studien zusammen, in denen insgesamt 2.751 Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen untersucht wurden. Einundzwanzig Studien verglichen psychodynamische Therapie mit kognitiver Verhaltenstherapie, zwei Studien mit Pharmakotherapie. Die behandelten Störungsbilder umfassen depressive Erkrankungen (8 Studien), Angststörungen (4 Studien), Posttraumatische Belastungsstörungen (1 Studie), Essstörungen (4 Studien), Substanzbezogene Störungen (2 Studien) und Persönlichkeitsstörungen (4 Studien).

    Anders als in herkömmlichen Meta-Analysen wurden die in diesen Studien miteinander verglichenen Behandlungen nicht auf Unterschiedlichkeit, sondern erstmalig explizit hinsichtlich ihrer Gleichwertigkeit bewertet, was strengere methodische Maßstäbe erfordert. Zusätzlich berücksichtigten die WissenschaftlerInnen die Qualität der einbezogenen Studien sowie mögliche Interessenskonflikte innerhalb der Studien aber auch innerhalb des eigenen Forschungsteams. Sven Rabung zum Ergebnis der Studie: „Die zusammenfassende Auswertung der vorliegenden Studien belegt, dass die psychodynamischen Therapien grundsätzlich als genauso wirksam wie die evidenzbasierten Vergleichsbehandlungen, und speziell auch die kognitive Verhaltenstherapie, gelten können.“

    Rabung führt weiter aus: „Die vorliegende Meta-Analyse belegt somit eindrücklich das Potential psychodynamischer Therapien als gleichwertige Behandlungsoption im Reigen der verfügbaren evidenzbasierten Behandlungsalternativen. Dies ist von großer Versorgungsrelevanz, da jedes Therapieverfahren nur bei einem Teil der PatientInnen zum gewünschten Erfolg führt und deswegen potente Behandlungsalternativen benötigt werden.“

    Publikation: Steinert C, Munder T, Rabung S, Hoyer J, Leichsenring F: Psychodynamic Therapy: As Efficacious as Other Empiracally Supported Treatments? A Meta-Analysis Testing Equivalence of Outcomes. Am J Psychiatry 2017; 174:943–953; doi: 10.1176/appi.ajp.2017.17010057
    Begleitendes Editorial: Milrod B: The Evolution of Meta-Analysis in Psychotherapy Research. Am J Psychiatry 2017; 174:913–914; doi: 10.1176/appi.ajp.2017.17050539


    Weitere Informationen:

    http://Editorial Spotlight by American Journal of Psychiatry Deputy Editor Daniel S. Pine, M.D.: https://www.youtube.com/watch?v=j912SHKtoMM
    http://Audio Feature by American Journal of Psychiatry Deputy Editor Susan K. Schultz, M.D.: http://ajp.psychiatryonline.org/pb/assets/raw/journals/ajp/audio/2017/October_20...
    http://(Minute 5:20-7:15)
    http://Feature der American Psychiatric Association in “Psychiatric News”: http://psychnews.psychiatryonline.org/doi/full/10.1176/appi.pn.2017.7a4


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).