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12.10.2017 09:49

Im Jahr 2022 erstmals weltweit mehr fettleibige als untergewichtige Kinder und Jugendliche

Nils Ehrenberg Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie - BIPS

    Die Zahlen sind alarmierend. Innerhalb von 40 Jahren hat sich die Anzahl fettleibiger Kinder und Jugendlicher weltweit von 11 Millionen im Jahr 1975 auf 124 Millionen im Jahr 2016 erhöht. Und der Trend wird aller Wahrscheinlichkeit nach anhalten: Zwar stagniert der Anteil fettleibiger Kinder und Jugendlicher in den westlichen Industrienationen auf hohem Niveau, doch besonders in Asien erwarten die Autorinnen und Autoren einen massiven weiteren Anstieg in den kommenden Jahren. In die Studie flossen unter anderem auch Daten aus der vom BIPS koordinierten IDEFICS-Studie ein.

    Es war eine wirkliche Mammutaufgabe. Mehr als 1.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler trugen weltweit Daten zusammen. Messungen zu Gewicht und Körpergröße von fast 130 Millionen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen wurden analysiert. Noch nie waren so viele Probandinnen und Probanden Teil einer epidemiologischen Studie.

    Koordiniert wurde die Studie vom Imperial College London und von der Weltgesundheitsorganisation WHO. In die Mammut-Analyse flossen unter anderem auch die Daten der vom BIPS koordinierten IDEFICS-Studie ein, bei der mehr als 16.000 Kinder zwischen 2 und 9 Jahren aus acht europäischen Ländern untersucht wurden.

    Die nun im Fachmagazin The Lancet veröffentlichen Ergebnisse sind alarmierend. Eine Verzehnfachung innerhalb von vier Jahrzehnten. 124 Millionen fettleibige Kinder und Jugendliche im Jahr 2016. Dazu kommen noch einmal 213 Millionen Kinder und Jugendliche 2016, die zwar noch nicht fettleibig, aber bereits übergewichtig sind. „Diese Zahlen sind das Ergebnis einer Gesellschaft, in der gesunde Nahrungsmittel teurer und schwerer zugänglich sind als ungesunde. Gerade diese ungesunden, nährstoffarmen und kalorienreichen Nahrungsmittel werden von der Industrie massiv beworben“, sagt Prof. Dr. Wolfgang Ahrens, Leiter der Abteilung Epidemiologische Methoden und Ursachenforschung am BIPS und Koordinator der IDEFICS-Studie sowie der Nachfolgestudie I.Family.

    „Und dieser Trend wird anhalten. Seit einigen Jahren beobachten wir zwar, dass der Anteil fettleibiger Kinder und Jugendlicher in den westlichen Industrienationen auf hohem Niveau stagniert, besonders in Asien geht der rapide Anstieg ungebrochen weiter“, sagt Wolfgang Ahrens. „Der Handlungsbedarf ist damit drängender denn je. Nur mit national wie international koordinierten Maßnahmen, besonders von Seiten der Politik, können wir diesen alarmierenden Trend stoppen. Dazu gehören nicht nur Präventionsprogramme sondern auch Interventionen auf politischer Ebene – wie etwa das Verbot von an Kinder gerichteter Werbung für ungesunde Lebensmittel – und natürlich Aufklärung in Form von Bildung. Zudem ist die weltweite Fettleibigkeitsepidemie eine Gerechtigkeitsfrage: Gerade Familien mit niedrigem sozio-ökonomischen Status sind besonders stark betroffen und müssen vor den negativen Einflüssen der obesogenen – also dick machenden – Umwelt, in der wir heute leben, geschützt werden. Gesellschaften in ärmeren Nationen müssen bei Anbau, Herstellung und Vertrieb gesunder Nahrungsmittel unterstützt werden.“

    Ausgewählte Ergebnisse der Studie:

    - Im Jahr 1975 waren weltweit 11 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 19 Jahren fettleibig (davon 5 Millionen Mädchen und 6 Millionen Jungen).

    - Im Jahr 2016 waren weltweit 124 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 19 Jahren fettleibig (davon 50 Millionen Mädchen und 74 Millionen Jungen).

    - Die Anzahl fettleibiger Erwachsener stieg von weltweit 100 Millionen im Jahr 1975 (69 Millionen Frauen, 31 Millionen Männer) auf 671 Millionen im Jahr 2016 (390 Millionen Frauen, 281 Millionen Männer). Weitere 1.3 Milliarden Erwachsene galten 2016 als übergewichtig.

    - Der Anteil fettleibiger Kinder und Jugendlicher im Jahr 2016 war insgesamt in Polynesien und Mikronesien am höchsten (25.4% bei Mädchen und 22.4% bei Jungen). Den höchsten Anteil für Mädchen hat Nauru (33.4%), den höchsten für Jungen die Cook Islands (33.3%).

    - In Europa zeigen 2016 Mädchen aus Malta (11.3%) und Jungen aus Griechenland (16.7%) die höchsten Fettleibigkeitsanteile. Die geringsten Werte für Mädchen (3.2%) und Jungen (5%) zeigen sich in Moldawien.

    - In Deutschland waren im Jahr 2016 6.9% der Mädchen und 11.2% der Jungen fettleibig. Im weltweiten Vergleich liegt der deutsche Wert für Mädchen auf Platz 81 und der für Jungen auf Platz 101 (von jeweils insgesamt 200 Nationen).

    - Bei anhaltendem Trend werden im Jahr 2022 erstmals mehr Kinder und Jugendliche fettleibig als untergewichtig sein.

    Zahlreiche Karten, Grafiken und Tabellen zu den Ergebnissen der Studie finden Sie hier:
    http://www.ncdrisc.org/data-visualisations-adiposity-ado.html

    Das BIPS – Gesundheitsforschung im Dienste des Menschen

    Die Bevölkerung steht im Zentrum unserer Forschung. Als epidemiologisches Forschungsinstitut sehen wir unsere Aufgabe darin, Ursachen für Gesundheitsstörungen zu erkennen und neue Konzepte zur Vorbeugung von Krankheiten zu entwickeln. Unsere Forschung liefert Grundlagen für gesellschaftliche Entscheidungen. Sie klärt die Bevölkerung über Gesundheitsrisiken auf und trägt zu einer gesunden Lebensumwelt bei.

    Das BIPS ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft, zu der 91 selbstständige Forschungseinrichtungen gehören. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.700 Personen, darunter 9.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,8 Milliarden Euro.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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