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11.12.2018 09:14

Facebook und Co.: Wie Medienkonsum Meinungen polarisiert

Florian Klebs Hochschulkommunikation
Universität Hohenheim

    Studie der Universität Hohenheim untersucht Einfluss der Social Media-Nutzung auf Einstellung zu Flüchtlingen / Neuerscheinung im Verlag Springer VS

    Intensivnutzer von Facebook und Co. sind kritischer gegenüber Flüchtlingen als der Bundesdurchschnitt – aber nur, wenn sie älter sind und zur Bildungsmitte gehören. Jüngere und höher gebildete Deutsche mit einer Vorliebe für personalisierte Nachrichten sind dagegen im Schnitt offener gegenüber Flüchtlingen. Das belegt eine neue Studie der Universität Hohenheim in Stuttgart. Ein Team von Kommunikationswissenschaftlern um den Online-Forscher Prof. Dr. Wolfgang Schweiger hat dieses Phänomen der Polarisierung von Meinungen durch Filterblasen wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse sind nun in einem Taschenbuch bei Springer VS veröffentlicht.

    Facebook, Twitter, YouTube, die Google-Suche und viele andere Nachrichtenkanäle im Internet haben eines gemein: Sie zeigen Nutzern vor allem Nachrichten, die dem eigenen Geschmack oder der eigenen politischen Einstellung entsprechen. Die Befürchtung: Eine umfassende und ausgewogene Mischung gesellschaftsrelevanter Nachrichten, wie sie Zeitungen, Nachrichten-Websites, TV- oder Radio-Nachrichten im Allgemeinen bieten, bleibt auf der Strecke.

    Es bilden sich sogenannte Filterblasen, die Inhalte vorfiltern und so eingeschränkte beziehungsweise ideologisch eingefärbte Weltsichten darstellen. Ob und wie diese Filterblasen die Polarisierung der Bevölkerung verstärken, hat Prof. Dr. Wolfgang Schweiger von der Universität Hohenheim mit seinem Team untersucht.

    „Je mehr sich Bürger über personalisierte Nachrichtenkanäle informieren, desto mehr Kontakt haben sie mit einseitigen Nachrichten, die ihre politische Meinung verstärken und letztlich zur Polarisierung von Einstellungen beitragen“, zieht Prof. Dr. Wolfgang Schweiger das Fazit der kommunikationswissenschaftlichen Studie.

    In einer repräsentativen Online-Befragung haben die Forscher eintausend Internetnutzer nach ihren Nachrichtengewohnheiten und persönlichen Eigenschaften wie Alter, Bildung sowie nach ihrer Meinung zur Flüchtlingsdebatte befragt.

    Zunächst beantworten die Wissenschaftler die Frage, wer sich besonders intensiv über personalisierte Nachrichtenkanäle im Netz informiert. Besonders populär sind sie bei jungen Leuten unter 30 – mit einer Ausnahme: Jüngere Menschen mit Hauptschulabschluss hängen noch stark an Fernseh- und Radionachrichten. Ältere Bürger nutzen allgemein weniger personalisierte Nachrichtenkanäle. In dieser Gruppe finden sich die größten Fans von Facebook, Twitter und Co. allerdings in der Bildungsmitte (v.a. mit mittlerer Reife) und unter Personen mit geringem Einkommen.

    Beispiel Flüchtlings-Debatte

    „Bei der Frage, ob die Nutzung personalisierter Nachrichten-Kanäle politisch extreme Einstellungen fördert, zeigen sich verblüffend gegenläufige Effekte“, so Prof. Dr. Schweiger. Menschen über 30, die oft personalisierte Nachrichtenkanäle nutzten, seien häufig Flüchtlingskritiker. Bei jüngeren Leuten sei dies umgekehrt: Je stärker sie personalisierte Nachrichtenkanäle nutzen, desto positiver stünden sie Flüchtlingen gegenüber.

    Bezüglich des Bildungsniveaus beobachtet der Wissenschaftler ein ähnliches Phänomen: „Während in der Bildungsmitte die Fans personalisierter Nachrichten flüchtlingskritischer sind als die Nutzer konventioneller Nachrichten, verhalten sich Deutsche mit Abitur genau umgekehrt: Je mehr sie sich auf personalisierte Nachrichten verlassen, desto zufriedener sind sie mit der deutschen Flüchtlingspolitik.“

    Die Wissenschaftler verwundert das nicht, vielmehr spiegele es den erwarteten Effekt wider: „Jüngere Menschen und Bürger mit hoher Bildung haben insgesamt positivere Einstellungen zu Flüchtlingen. Nutzen sie personalisierte Nachrichten intensiv, werden ihnen eher Inhalte angezeigt, die diese Einstellungen noch verstärken. Ältere Bürger der Bildungsmitte sind skeptischer gegenüber Flüchtlingen. Hier dürften daher kritische Inhalte vorherrschen, die ihre negativen Einstellungen verstärken.“

    Verlagsangaben

    Schweiger W, Weber P, Prochazka F, Brückner L Algorithmisch personalisierte Nachrichtenkanäle. Begriffe, Nutzung und Wirkung. Taschenbuch mit Softcover, 137 Seiten, ISBN 978-3-658-24061-5. Das Buch ist bei Springer VS erschienen und ist auf der Verlagsseite https://www.springer.com/de/book/9783658240615#aboutBook für 24,99 Euro bestellbar.

    HINTERGRUND: Die Autoren

    Prof. Dr. Wolfgang Schweiger ist Inhaber des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft, insbesondere Online-Kommunikation an der Universität Hohenheim. Dr. Patrick Weber, Fabian Prochazka und Lara Brückner sind wissenschaftliche Mitarbeiter am selben Lehrstuhl.

    Weitere Informationen
    Verlags-Homepage: https://www.springer.com/de/book/9783658240615#aboutBook

    Zu den Pressemitteilungen der Universität Hohenheim
    https://www.uni-hohenheim.de/presse

    Text: Dannehl


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Wolfgang Schweiger, Universität Hohenheim, Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, insbesondere interaktive Medien- und Onlinekommunikation,
    T +49 711 459 24471, wolfgang.schweiger@uni-hohenheim.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medien- und Kommunikationswissenschaften
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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