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19.06.2019 11:00

DGFG veröffentlicht Jahresbericht 2018: 2.732 Menschen spendeten Gewebe

Kristin Becke Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation gGmbH (DGFG)

    Die Wahrscheinlichkeit, Organspender zu werden, ist nicht besonders hoch. Gleichzeitig wollen viele Menschen nach ihrem Tod noch etwas Gutes tun und wissen gar nicht, dass das auch nach dem normalen Herz-Kreislauf-Tod bis zu 72 Stunden möglich ist. Die Gewebespende ist für tausende Patienten, die auf ein Gewebetransplantat warten, ein Segen. Augenhornhaut- oder Herzklappentransplantationen schenken jedes Jahr vielen Patienten Hoffnung auf einen Neuanfang. Die DGFG konnte in 2018 insgesamt 2.732 Gewebeentnahmen realisieren, das sind über 16 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dadurch konnte die DGFG 5.517 Menschen mit Gewebe versorgen, darunter 3.672 Menschen mit einer Augenhornhaut.

    Im Jahr 2017 verstarben etwa 932.000 Menschen[1] in Deutschland. Ein Großteil der Verstorbenen könnte Gewebe spenden. Trotz dieser hohen Anzahl möglicher Spender beziehen Ärzte und Krankenhäuser immer wieder Gewebe aus dem Ausland[2]. Die DGFG geht davon aus, dass bei guter Organisation der Bedarf an Gewebetransplantaten komplett aus nationalen Spendeprogrammen gedeckt werden könnte.

    Keine Meldung, keine Spende

    Voraussetzung für jede erfolgreiche Gewebespende ist die Meldung möglicher Spender durch medizinische Einrichtungen. Viele Kliniken arbeiten auf vertraglicher Basis mit der DGFG zusammen. Im Jahr 2018 haben die Koordinatoren der DGFG über 36.000 Verstorbenenmeldungen bearbeitet. Darüber hinaus finden Gewebespenden auch im Rahmen von mobilen Entnahmen, z. B. bei Organspenden statt. 313-mal konnte die DGFG in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) Gewebespenden bei Organspenden in 2018 realisieren – das sind 80 Spenden mehr als im Jahr zuvor.

    Widerspruchslösung – (k)ein Ausweg?

    Das Jahr 2019 ist ein spannendes Jahr für die in der Organ- und Gewebespende tätigen Organisationen. Der aktuelle Gesetzentwurf sieht Strukturänderungen sowie die Widerspruchslösung vor. Das heißt, dass grundsätzlich bei jedem Menschen, der die Voraussetzungen erfüllt, eine Organ- und Gewebeentnahme zulässig ist – es sei denn, er hat zu Lebzeiten Widerspruch eingelegt. Die Entscheidung soll jederzeit revidiert werden können. Mit Einführung der Widerspruchslösung soll ein Register eingerichtet werden, in das Bürger ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ihre Entscheidung zur Organ- und Gewebespende eintragen lassen können. Die DGFG begrüßt grundsätzlich den neuen Gesetzentwurf, sieht die aktuelle Aufklärungssituation jedoch kritisch. „Angehörige müssen mit der Entscheidung zur Gewebespende gut leben können. Dass der Wille zur Organ- und Gewebespende in der Familie bekannt ist, dafür ist jeder einzelne von uns selbst verantwortlich. Regelmäßig informieren die BZgA und die Krankenkassen die allgemeine Bevölkerung dazu. Dabei vermissen wir jedoch umfassende Informationen zur Gewebespende. Hier besteht ein großes Defizit, woran wir alle gemeinsam arbeiten müssen. Aktuell können wir bei weitem nicht davon ausgehen, dass im Falle einer ‚stillen‘ Zustimmung (kein Widerspruch eingelegt und keine dokumentierte Entscheidung) der- oder diejenige umfassend über die Gewebespende informiert ist“, sagt Martin Börgel, Geschäftsführer der DGFG.

    Gewebespende nicht vergessen!

    Viele Menschen wissen nicht, dass neben Organen auch Gewebe, dazu gehören Augenhornhäute, Herzklappen, Blutgefäße, Knochen, Weichteilgewebe wie Knorpel, Sehnen, Bänder und Haut nach dem Tod gespendet werden können und der Hirntod dabei keine Rolle spielt. Gewebe werden nicht wie Organe durchblutet und können so auch nach Herz-Kreislauf-Tod gespendet werden. 2.381 Menschen, das sind 87,2 Prozent aller Gewebespender im Netzwerk der DGFG, waren in 2018 Herz-Kreislauf-Verstorbene. Gewebespenden sind auch nach vielen Krebserkrankungen oder bei einem hohen Lebensalter möglich. Mehr als die Hälfte der postmortalen Gewebespender war in 2018 75 Jahre alt oder älter. 38 Menschen waren Lebend-Gewebespender. Zur Lebend-Gewebespende zählt die Spende der Plazenta und der darin enthaltenen Amnionmembran im Rahmen einer geplanten Kaiserschnittgeburt. Im Rahmen einer Herztransplantation können Patienten ihr erkranktes Herz, bei dem oft noch die Herzklappen voll funktionsfähig sind, spenden.

    Hoher Bedarf an Herzklappen und Blutgefäßen

    2.732 Gewebespenden konnte die DGFG in 2018 realisieren. Den Großteil der gespendeten Gewebe bildet die Augenhornhaut: Insgesamt gingen 5.249 Augenhornhautspenden zur Aufbereitung in die Gewebebanken im Netzwerk der DGFG ein. Eine Augenhornhautspende kann bis zu 72 Stunden nach Todeseintritt durchgeführt werden, was mehr Zeit für die Organisation, die Aufklärung der Angehörigen und die Entnahme bedeutet. Bei Herzklappen und Blutgefäßen ist das Zeitfenster mit 36 Stunden wesentlich kleiner - der Bedarf in der Transplantationsmedizin jedoch bedeutend hoch. Experten gehen davon aus, dass jedes Jahr mehr als 500 Herzklappen und Blutgefäße benötigt werden, um Patienten operativ versorgen zu können. 124 Herzklappen und 75 Blutgefäße konnte die DGFG zur Transplantation vermitteln. Diese Gewebe stammten bisher überwiegend aus der Organspende. Die DGFG ist dabei, an mehreren Standorten ein Programm zur Spende kardiovaskulärer Gewebe (KVG) bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen zu etablieren, um den Spenderpool zu erweitern und so die Versorgung der oft sehr eingeschränkten Patienten zu verbessern. Die DGFG konnte in 2018 insgesamt 10 KVG-Spenden bei Herz-Kreislauf-Verstorbenen realisieren; in 2019 waren es bereits 13 Spenden.

    Die DGFG

    Die DGFG ist eine unabhängige, gemeinnützige Gesellschaft. Seit 1997 fördert die DGFG, damals noch als hundertprozentige Tochter der Deutschen Stiftung Organtransplantation, die Gewebespende. Mit Inkrafttreten des Gewebegesetzes in 2007 kam es zur räumlichen und rechtlichen Trennung von der DSO und zur Gründung der DGFG. Auf der Basis des Gewebegesetzes sind alle Tätigkeiten und Ablaufprozesse der Gewebespende gesetzlich geregelt. Für alle Gewebezubereitungen gilt das Handelsverbot. Die DGFG vermittelt ihre Transplantate über eine zentrale Vermittlungsstelle mit einer bundesweiten Warteliste. Jede medizinische Einrichtung in Deutschland kann Gewebe von der DGFG beziehen. Die DGFG refinanziert sich ausschließlich aus den Erstattungssätzen für die abgegebenen Gewebetransplantate. Die DGFG ist in ihrer Aufbaustruktur, der Freiwilligkeit der Unterstützung durch die Netzwerkpartner und ihrer Unabhängigkeit von privaten oder kommerziellen Interessen einzigartig in Deutschland. Gesellschafter sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, das Universitätsklinikum Leipzig, die Medizinische Hochschule Hannover, die Universitätsmedizin Rostock sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum Neubrandenburg.

    [1] Statistisches Bundesamt (2019). Daten der Lebendgeborenen, Totgeborenen, Gestorbenen und der Gestorbenen im 1. Lebensjahr. Zugriff am 12.06.2019 unter
    https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Geburten/Tabe...
    [2] Deutscher Bundestag (08.11.2018). Dritter Bericht der Bundesregierung über die Situation der Versorgung der Bevölkerung mit Gewebe und Gewebezubereitungen, S. 15. Zugriff am 12.06.2019 unter http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/19/056/1905675.pdf


    Weitere Informationen:

    https://gewebenetzwerk.de/dgfg-jahresbericht-2018-gewebespende/


    Bilder

    Über 3.600 Menschen konnte die DGFG mit einem Hornhauttransplantat versorgen.
    Über 3.600 Menschen konnte die DGFG mit einem Hornhauttransplantat versorgen.
    DGFG
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    Hoher Bedarf an Herzklappen und Blutgefäßen aus der Gewebespende
    Hoher Bedarf an Herzklappen und Blutgefäßen aus der Gewebespende
    DGFG
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    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin, Politik
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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