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27.06.2019 11:30

Wie Zytomegalieviren in Schach gehalten werden

Susanne Thiele Presse und Kommunikation
Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung

    TWINCORE-Forscher entschlüsseln zelluläre Erkennungsmechanismen des Körpers, die das Zytomegalievirus unter Kontrolle halten

    Ein Großteil der Weltbevölkerung ist mit dem wenig bekannten Zytomegalievirus (CMV) infiziert, welches zur Gruppe der Herpesviren gehört. Eine Erstinfektion mit dem Virus erfolgt meist ohne Symptome, resultiert aber in einer lebenslangen versteckten Infektion. Ist das Immunsystem geschwächt, kann das Virus jedoch wieder aktiv werden und schwerste Infektionserkrankungen verursachen, die auch tödlich verlaufen können. Vor allem während der Schwangerschaft können diese Infektionen neuronale Schädigungen des heranwachsenden Kindes hervorrufen. Bislang gibt es noch keine Impfung, die effektiv gegen CMV-Viren schützt. Die bisher vorhandenen Therapien können die CMV-Infektion nur eindämmen, das Virus aber nicht vollständig zerstören. Wissenschaftler des TWINCORE, einer gemeinsamen Institution des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), gingen der Frage nach, wie eine CMV-Infektion von den Körperzellen erspürt wird und wie sich das Virus im Körper verbreitet. Ihre Ergebnisse wurden jetzt im renommierten Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.

    Die Mechanismen der Infektion mit Zytomegalieviren zu verstehen und aufzuklären, ist Gegenstand vieler Forschungsarbeiten. Einen ersten Schritt machten Wissenschaftler vor wenigen Jahren mit der Identifizierung eines Sensors für freie DNA im Zellplasma. Kurz darauf konnten TWINCORE-Forscher zeigen, dass dieses Sensorsystem, der sogenannte cGAS/STING-Signalweg, in Makrophagen und anderen Immunzelltypen eine Infektion mit Zytomegalieviren erkennen kann, da diese Viren DNA in sich tragen.

    In einem deutsch-französischen Projekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert ist, beobachteten die TWINCORE-Forscher, dass Mäuse, in denen der cGAS/STING-Signalweg ausgeschaltet wurde, kurz nach der Infektion zwar eine stark verminderte Immunantwort in der Leber zeigen, ansonsten die CMV-Infektion aber problemlos überstehen. Erst wenn neben dem cGAS/STING-Signalweg auch die Signalübermittlung über weitere Erkennungsrezeptoren ausgeschaltet ist, kommt es zu einer tödlich verlaufenden Erkrankung. „Überraschenderweise vermitteln bei einer CMV-Infektion alle wichtigen bisher bekannten Signalketten gemeinsam die Viruserkennung. So etwas ist bisher bei anderen Viren noch nicht beobachtet worden“, sagt die TWINCORE-Forscherin Pia-Katharina Tegtmeyer.

    Zufälle spielen oft eine wichtige Rolle beim Erkenntnisgewinn. In einer früheren Studie zeigten die Forscher, dass das Virus die Leber zwar befällt, sich aber nicht in andere Organe ausbreitet. Für ihre Experimente setzten sie ein Virus ein, das eine verkürzte Form des viralen Proteins MCK2 produziert. „Damals wussten wir nicht, dass das von uns benutzte Virus einen Defekt in seinem MCK2-Gen hat. Daher reparierten wir für die neue Studie das Virus mit modernsten molekulargenetischen Methoden und wiederholten das Experiment“, sagt Zsolt Ruzsics, der als Projektpartner am Institut für Virologie der Universität Freiburg forscht.

    Die Ergebnisse enthüllten gleich mehrere Überraschungen: Der cGAS/STING-Signalweg ist nicht dafür verantwortlich, dass das Virus in der Leber bleibt. Bei den Experimenten der TWINCORE-Forscher wandert das Virus erst ab Tag 8 in die Speicheldrüsen ein. Vermutlich befällt das Virus - dank seines Proteins MCK2 - Zellen des blutbildenden Systems, was die Wanderung von der Leber in die Speicheldrüsen ermöglicht. Dieser Mechanismus der Virusverbreitung ist in Mäusen ohne den cGAS/STING-Signalweg verstärkt.

    „Mit dieser Studie sind wir dem Mechanismus, wie eine CMV-Infektion erkannt wird und wie das Virus sich im Körper über verschiedene Organe verbreitet, ein gutes Stück näher gekommen“, sagt Ulrich Kalinke, Leiter des Instituts für Experimentelle Infektionsforschung und Direktor des TWINCORE. „Es gibt aber noch viel zu tun, bis wir genau verstehen, welche Komponenten des Immunsystems aktiviert werden müssen, damit das Virus vollständig eliminiert werden kann“.

    Diese Pressemitteilung und Bildmaterial finden Sie auch auf unserer Webseite unter dem Link https://www.helmholtz-hzi.de/de/aktuelles/news/news-detail/article/complete/wie-...

    Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung:
    Am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) untersuchen Wissenschaftler die Mechanismen von Infektionen und ihrer Abwehr. Was Bakterien oder Viren zu Krankheitserregern macht: Das zu verstehen soll den Schlüssel zur Entwicklung neuer Medikamente und Impfstoffe liefern. Das HZI ist Mitglied im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). http://www.helmholtz-hzi.de

    TWINCORE – Zentrum für experimentelle und klinische Infektionsforschung:
    Das TWINCORE ist ein im Jahr 2008 gemeinsam vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) und von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) gegründetes und betriebenes Forschungszentrum, in dem Mediziner und Naturwissenschaftler eng zusammenarbeiten. Der Schwerpunkt der Arbeit am TWINCORE in Hannover liegt auf der sogenannten Translation: Ergebnisse aus der Grundlagenforschung sollen effizienter und schneller in die medizinische Praxis überführt werden. http://www.twincore.de

    Ihre Ansprechpartner:
    Susanne Thiele, Pressesprecherin
    susanne.thiele@helmholtz-hzi.de
    Dr. Andreas Fischer, Wissenschaftsredakteur
    andreas.fischer@helmholtz-hzi.de

    Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung GmbH
    Presse und Kommunikation
    Inhoffenstraße 7
    D-38124 Braunschweig

    Tel.: 0531 6181-1400; -1405


    Originalpublikation:

    Pia-Katharina Tegtmeyer, Julia Spanier, Katharina Borst, Jennifer Becker, André Riedl, Christoph Hirche, Luca Ghita, Jennifer Skerra, Kira Baumann, Stefan Lienenklaus, Marius Doering, Zsolt Ruzsics, Ulrich Kalinke: STING induces early IFN-β in the liver and constrains myeloid cell-mediated dissemination of murine cytomegalovirus. Nature Communications 2019; doi: 10.1038/s41467-019-10863-0


    Bilder

    3D-Illustration von Viruspartikeln
    3D-Illustration von Viruspartikeln
    Fotolia
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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