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13.09.2019 11:21

Als Jesus ein „arischer Galiläer“ war

Till Bayer Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Tagung zum Eisenacher „Entjudungsinstitut“ vom 18. bis zum 20. September in Eisenach wird von Kirchenhistorikern der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Ludwig-Maximilians-Universität München geleitet.

    Jeglicher Einfluss des Judentums auf das Christentum sollte aus den Schriften und Glaubenspraktiken der evangelischen Kirche entfernt werden. Mit diesem Ziel gründeten evangelische Theologen, Kirchenleiter und Vertreter von elf Landeskirchen im Jahr 1939 das „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“, kurz „Entjudungsinstitut“, im Hotel auf der Wartburg in Eisenach.

    80 Jahre danach findet am selben Ort eine wissenschaftliche Tagung unter Leitung der Kirchenhistoriker Prof. Dr. Christopher Spehr von der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Prof. Dr. Harry Oelke von der Ludwig-Maximilians-Universität München statt. Vom 18. bis zum 20. September treffen sich dort Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, um bisherige Forschungen zum „Entjudungsinstitut“ zusammenzuführen und somit zur Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels der Kirchengeschichte beizutragen. Der Universität Jena ist diese Aufarbeitung ein besonders wichtiges Anliegen, nicht zuletzt, weil mit Walter Grundmann ein ehemaliger Jenaer Theologieprofessor an der Spitze des „Instituts“ stand.

    Wirkung des „Instituts“ in Ost- und Westdeutschland

    In Vorträgen und Diskussionsrunden nähert sich die Tagung dem Thema „Kirche und Anti-semitismus in der NS-Zeit“ aus verschiedenen Perspektiven. So wird etwa die Verbindung von Ideologie und Theologie der antisemitischen Einrichtung besprochen und mit ähnlichen pseudowissenschaftlichen Instituten der NS-Zeit verglichen. Ein weiterer Programmpunkt ist das Engagement der Bekennenden Kirche, einer Oppositionsbewegung evangelischer Christen, die das Eisenacher Institut heftig kritisierte. Überdies wird diskutiert, welche Auswirkungen das „Institut“ nach dem Ende des Nazi-Regimes in Ost- und Westdeutschland hatte und wie die evangelische Kirche mit ihrer NS-Vergangenheit umgegangen ist.

    Begleitet wird die Tagung von der Eröffnung der Sonderausstellung „Erforschung und Beseitigung. Das kirchliche ‚Entjudungsinstitut‘ 1939-1945“ im Lutherhaus Eisenach sowie von den christlich-jüdischen Begegnungstagen „Achava“, die am 19. September in Eisenach beginnen.

    Anmeldungen zur Tagung sind noch möglich. Da die räumlichen Kapazitäten begrenzt sind, gibt es jedoch nur begrenzt freie Plätze. Weitere Informationen zur Anmeldung sowie zum vollständigen Programm finden sich unter: https://bit.ly/2kE1YKI.

    Zu den Veranstaltern der Tagung zählen neben der Friedrich-Schiller-Universität Jena die Stiftung Lutherhaus Eisenach, die Wartburg-Stiftung Eisenach und die Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kirchliche Zeitgeschichte. Gefördert wird die Tagung u. a. vom Freistaat Thüringen, der Ernst-Abbe-Stiftung, der Union Evangelischer Kirchen und der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters.

    Jesus als „arischer Galiläer“ dargestellt

    Auf Betreiben der Kirchenpartei „Nationalkirchliche Einung Deutsche Christen“ wurde das „Entjudungsinstitut“ am 6. Mai 1939 in Eisenach gegründet und bestand bis 1945. Zur Umsetzung der angestrebten „Entjudung“ erarbeitete es das Gesangbuch „Großer Gott wir loben dich“ und den Katechismus „Deutsche mit Gott“. Auch suchte es Einfluss auf die Ausbildung von Theologen zu nehmen. Im Jahr 1941 brachte das „Institut“ ein „Volkstestament“ heraus, in dem Jesus nicht als Jude, sondern als „arischer Galiläer“ dargestellt wird.

    Durch Tagungen und Arbeitskreise sammelte das „Institut“ europaweit einen großen Unterstützerkreis. Kirchenleitende Persönlichkeiten und Professoren mehrerer Universitäten schlossen sich der Arbeit an. Schließlich kamen die Handlungen des „Instituts“ durch den Kriegsverlauf zunehmend zum Erliegen. Im Nachkriegsdeutschland fanden viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des „Instituts“ neue Tätigkeiten in Wissenschaft und Kirche. Auch deshalb bedarf das Thema – über die bereits geleistete Forschung hinaus – einer soliden wissenschaftlichen Aufarbeitung.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Christopher Spehr
    Theologische Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Fürstengraben 6, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 941130
    E-Mail: christopher.spehr[at]uni-jena.de

    Prof. Dr. Harry Oelke
    Evangelisch-Theologische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München
    Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München
    Tel.: 089 / 21803628
    E-Mail: h.oelke[at]evtheol.uni-muenchen.de


    Weitere Informationen:

    http://www.theologie.uni-jena.de/Fakult%C3%A4t/Veranstaltungskalender/Tagung_+Da...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Geschichte / Archäologie, Religion
    überregional
    Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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