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03.12.2019 08:00

Mit Big Data in die Evolution blicken - Forscherinnen modellieren die Entwicklung der C4-Photosynthese

Geschäftsstelle IPK Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung

    - Der C4-Zyklus führt zu einer verstärkten Photosynthese und evolvierte über 62-mal unabhängig voneinander.
    - Dank Constraint-basierter Modellierung konnten Forscher herausfinden, welche Faktoren zur Entwicklung der C4-Eigenschaft beigetragen haben.
    - Die Studie war ein gemeinsames Projekt der Universität Bielefeld und des IPK in Gatersleben.
    - Die Ergebnisse wurden in eLife veröffentlicht.

    Laborforschung ist die wohl bekannteste treibende Kraft für den wissenschaftlichen Fortschritt. Jedoch stößt sie auch an ihre Grenzen, wenn es darum geht, evolutionäre Prozesse zu untersuchen. Hier kommen Big Data und rechnergestützte Modellierungen ins Spiel. Welches Potenzial dahinter steckt, demonstrieren Forscherinnen der Uni-versität Bielefeld und des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenfor-schung (IPK) in Gatersleben in einem gemeinsamen Projekt zur Erforschung der Evo-lution der C4-Photosynthese. Sie haben ein Modell entwickelt, mit dem sich nachvoll-ziehen lässt, wie sich diese Form der Photosynthese im Lauf der Evolution entwickelt hat. Ihre Studie präsentieren sie am heutigen Dienstag (03.12.2019) im Fachmagazin eLife.

    Alle Pflanzen, Algen und auch einige Bakterien betreiben Photosynthese – sie wandeln mit Hilfe von Son-nenenergie Wasser und Kohlendioxid (CO2) in Glukose um. Da sie ihre eigenen Nährstoffe produzieren, werden sie als autotrophe Organismen bezeichnet. Der Photosynthese-Prozess verläuft jedoch nicht in allen autotrophen Lebewesen gleich.

    Die am weitesten verbreitete Form der Photosynthese in Pflanzen ist die C3-Photosynthese. Hier ist das Enzym Rubisco für die Bindung des CO2 zuständig. Trotz seiner Dominanz in der Pflanzenwelt bringt die C3-Photosynthese einige Nachteile mit sich – Rubisco arbeitet sehr langsam und unspezifisch. Außer CO2 zu binden, kann Rubisco auch mit Sauerstoff reagieren. Diese Reaktion führt zur Bildung giftiger Nebenpro-dukte, die wiederum aufwändig abgebaut werden müssen. Aber im Lauf der Evolution haben sich alterna-tive Photosynthese-Arten entwickelt, die diese Nachteile vermeiden.

    Eine Alternative, die C4- Photosynthese, wurde unabhängig voneinander mindestens 62-mal in 19 ver-schiedenen Pflanzenfamilien entwickelt. Pflanzen mit der C4-Eigenschaft verstärken ihre Kohlenstofffixie-rung, indem sie eine biochemische Pumpe verwenden, um den CO2-Gehalt am Enzym Rubisco zu erhöhen. Als Ergebnis haben C4-Pflanzen, zum Beispiel Mais, erhöhte Wachstumsraten.

    Für ihre neue Studie zur Evolution der C4-Photosynthese haben Forscherinnen nun die Constraint-basierte Modellierung (CBM) angewandt. Dr. Andrea Bräutigam, Professorin für computergestützte Biologie am Centrum für Biotechnologie (CeBiTec) in Bielefeld, und Dr. Mary-Ann Blätke, Wissenschaftlerin in der IPK-Gruppe Netzwerkanalyse und Modellierung, wollten herauszufinden, wie die Evolution der C4- Photosyn-these verlaufen ist.

    CBM ermöglicht es, verschiedene physikalische, enzymatische und topologische Einschränkungen („cons-traints“) bei der Modellierung von Stoffwechselnetzwerken anzuwenden. So werden rechnergestützte Vorhersagen für experimentelle Szenarien möglich. Forschende können so unterschiedliche evolutionäre Pfade, je nach Einstellung der Einschränkungen, betrachten.

    Nachdem sie ihr Modell „C4-CBM“entwickelt hatten, konzentrierten sich Andrea Bräutigam und Mary-Ann Blätke darauf, die Einschränkungen zu finden, die zur Vorhersage der C4-Photosynthese als bestmögliche Lösung führten. „Sobald die Modelle stehen, kann man Evolution in der Computersimulation beobachten“, sagt Andrea Bräutigam. „In unserem Fall bildeten die Simulationen den evolutionären Verlauf von der C3- zur C4-Photosynthese in Abhängigkeit vom Kohlenstoffdioxid-Gehalt ab. “ Mary-Ann Blätke ergänzt: „Das Modell prognostizierte außerdem eine Art Zwischenstand als optimale Lösung unter bestimmten Voraus-setzungen und erklärte, warum so viele verschiedene Varianten der C4-Photosynthese existieren. Es zeig-te außerdem, dass Stickstoff und Licht spezielle Parameter sind, die eine Rolle in der Entwicklung der C4-Photosynthese spielten.“

    Die Studie zeigt, wie wirkungsvoll CBM für die Erforschung der Evolution komplexer Eigenschaften in Pflanzen ist. Gleichzeitig ebnet die erfolgreiche Analyse des C4-Entwicklungsprozesses den Weg für eine detailliertere Untersuchung der C4-Evolution und des C4-Stoffwechsels, und beleuchtet neue Ziele für zu-künftige Zuchtbemühungen bei C4-Nutzpflanzen.

    „Ein Stoffwechselnetzwerk, das den evolutionären Pfad der C4-Photosynthese korrekt voraussagt, wie hier gegeben, ist eine Voraussetzung, um detailliertere Fragestellungen zum C4-Stoffwechsel und dessen Evolution aufgreifen zu können“, sagt Mary-Ann Blätke. „So kann es als essentielle Grundlage für Folge-studien genutzt werden und als übergreifender Rahmen für Multiomics-Datenanalysen dienen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Andrea Bräutigam
    Universität Bielefeld
    Fakultät für Biologie/ Centrum für Biotechnologie (CeBiTec)
    Telefon 0521 106 8753
    E-Mail: andrea.braeutigam@uni-bielefeld.de

    Dr. Mary-Ann Blätke
    Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und
    Kulturpflanzenforschung (IPK) Gatersleben
    Telefon: 039482 5665
    E-Mail: blaetke@ipk-gatersleben.de


    Originalpublikation:

    Mary-Ann Blätke and Andrea Bräutigam. Evolution of C4 photosynthesis predicted by constraint-based modelling. eLife
    DOI: https://doi.org/10.7554/eLife.49305,


    Bilder

    Anhang
    attachment icon Die Biologinnen Prof.’in Dr. Andrea Bräutigam (li.) von der Universität Bielefeld und Dr. Mary-Ann Blätke (re.) vom IPK Gatersleben.

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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