idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
26.03.2020 19:00

Auch Neandertaler aßen Muscheln, Fisch und Robben

Romas Bielke Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Bereits die Neandertaler ernährten sich vor über 80.000 Jahren regelmäßig von Muscheln, Fisch und anderen Meeresbewohnern. Den ersten umfangreichen Nachweis dafür fand ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Universität Göttingen bei einer Ausgrabung in der Höhle von Figueira Brava in Portugal. Dr. Dirk Hoffmann vom Göttinger Institut für Isotopengeologie konnte die Ausgrabungslagen auf ein Alter von 86.000 bis 106.000 Jahren bestimmen. Sie stammen also aus dem Zeitraum, in dem die Neandertaler Europa besiedelten. Die Ergebnisse der Studie werden in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

    Nr. 46/2020

    Sperrfrist: Donnerstag, 26. März 2020, 19 Uhr MEZ

    (pug) Bereits die Neandertaler ernährten sich vor über 80.000 Jahren regelmäßig von Muscheln, Fisch und anderen Meeresbewohnern. Den ersten umfangreichen Nachweis dafür fand ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Universität Göttingen bei einer Ausgrabung in der Höhle von Figueira Brava in Portugal. Dr. Dirk Hoffmann vom Göttinger Institut für Isotopengeologie datierte Sinterlagen – Kalzitablagerungen, die wie Stalagmiten aus Tropfwasser entstehen – mit der Uran-Thorium-Methode, und konnte damit die Ausgrabungslagen auf ein Alter von 86.000 bis 106.000 Jahren bestimmen. Sie stammen also aus dem Zeitraum, in dem die Neandertaler Europa besiedelten. Die damalige Nutzung des Meeres als Nahrungsquelle wurde bislang nur dem anatonisch modernen Menschen (Homo sapiens) in Afrika zugeschrieben. Die Ergebnisse der Studie werden in der Fachzeitschrift Science veröffentlicht.

    Die Höhle von Figueira Brava befindet sich 30 Kilometer südlich von Lissabon an den Hängen der Serra da Arrábida. Heute direkt am Wasser gelegen, war sie damals bis zu zwei Kilometer von der Küste entfernt. Das Forschungsteam, das der Erstautor der Studie Prof. Dr. João Zilhão von der Universität Barcelona koordiniert, fand heraus, dass die dort lebenden Neandertaler routinemäßig Muscheln ernten, fischen oder Robben jagen konnten. Auf dem Speiseplan standen unter anderem Muscheln, Krebstiere und Fisch sowie Wasservögel und marine Säugetiere wie Delfin oder Seehund. Die Nahrung aus dem Meer ist reichhaltig an Omega-3-Fettsäuren und anderen Fettsäuren, die die Entwicklung von Hirngewebe begünstigen.

    Bislang wurde vermutet, dass ihr Konsum die kognitiven Fähigkeiten der afrikanischen Populationen steigerte. „Hiermit wurde unter anderem das frühe Auftreten einer symbolischen materiellen Kultur unter den modernen Menschen erklärt, wie zum Beispiel Körperbemalung mit Ocker, Verwendung von Ornamenten oder Dekoration von Behältern aus Straußeneiern mit geometrischen Motiven“, erklärt Hoffmann. „Solche Verhaltensweisen spiegeln die Fähigkeit des Menschen zum abstrakten Denken und zur Kommunikation durch Symbole wider, die auch zur Entstehung organsierterer und komplexerer Gesellschaften des modernen Menschen beitrug.“

    Die aktuellen Ergebnisse der Ausgrabung von Figueira Brava bestätigen nun, dass, falls der gewohnheitsmäßige Verzehr von Meeresbewohnern eine wichtige Rolle bei der Entwicklung kognitiver Fähigkeiten spielte, dies für den Neandertaler wie für den modernen Menschen gilt. Hoffmann und seine Koautoren fanden bereits zuvor heraus, dass Neandertaler vor mehr als 65.000 Jahren in drei Höhlen auf der Iberischen Halbinsel Höhlenmalereien angefertigt haben und dass perforierte und bemalte Muscheln ebenfalls den Neandertalern zugeordnet werden müssen.

    Originalveröffentlichung: J. Zilhão et al., Last Interglacial Iberian Neandertals as fisher-hunter-gatherers, Science, DOI: 10.1126/science.aaz7943

    Kontakt:
    Dr. Dirk Hoffmann
    Georg-August-Universität Göttingen
    Fakultät für Geowissenschaften und Geographie
    Abteilung Isotopengeologie
    Goldschmidtstraße 1, 37077 Göttingen
    E-Mail: dirk.hoffmann@uni-goettingen.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Dirk Hoffmann
    Georg-August-Universität Göttingen
    Fakultät für Geowissenschaften und Geographie
    Abteilung Isotopengeologie
    Goldschmidtstraße 1, 37077 Göttingen
    E-Mail: dirk.hoffmann@uni-goettingen.de


    Originalpublikation:

    J. Zilhão et al., Last Interglacial Iberian Neandertals as fisher-hunter-gatherers, Science, DOI: 10.1126/science.aaz7943


    Bilder

    Blick auf die drei Eingänge der Höhle von Figueira Brava in Portugal.
    Blick auf die drei Eingänge der Höhle von Figueira Brava in Portugal.
    João Zilhão
    None

    Horizontale Ansicht eines Betts mit Muschelschalen.
    Horizontale Ansicht eines Betts mit Muschelschalen.
    João Zilhão
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geowissenschaften, Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).