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02.04.2020 11:01

COVID-19: TU Wien entwirft einfaches Sauerstoff-Gerät

Dr. Florian Aigner Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Technische Universität Wien

    Es besteht nur aus wenigen einfachen Teilen und könnte in kurzer Zeit einsatzbereit sein: Ein neuartiges Sauerstoffgerät soll COVID-19-Kranken beim Atmen helfen.

    Es ist eine der aktuell größten Sorgen im Zusammenhang mit der COVID-19-Epidemie: Intensivstationen haben nur eine begrenzte Zahl an Beatmungsgeräten. An der TU Wien wurde daher nun ein Sauerstoffgerät entwickelt, das auf einfachen, vielfach erprobten Komponenten beruht und in wenigen Tagen fertiggestellt werden könnte. Die Luft, die von einem handelsüblichen Kompressor kommt, wird mit einer speziellen Membran mit Sauerstoff angereichert. Diese sauerstoffreiche Luft kann dann Patient_innen mit starken Lungenbeschwerden beim Atmen helfen.

    Durch eine solche Therapie, die schon in einem frühen Stadium einer stationären Versorgung begonnen werden kann, ließe sich eine Intubation und eine Beatmung mit einem herkömmlichen Beatmungsgerät verzögern oder ganz vermeiden. Besonders dann, wenn viele Patienten mit Atemschwierigkeiten gleichzeitig versorgt werden müssen, könnte diese Methode wertvolle Ressourcen sparen helfen. Je nach eingesetzter Kompressor- und Membrantrennkapazität könnte ein einzelner Aufbau 20 Personen und mehr gleichzeitig versorgen.

    Mehr Sauerstoff, höherer Druck

    Der Entwurf für das neuartige Sauerstoffgerät stammt von Prof. Margit Gföhler, Leiterin des Forschungsbereichs für Biomechanik und Rehabilitationstechnik (Institut für Konstruktionswissenschaften und Produktentwicklung, TU Wien) und Prof. Michael Harasek, der sich am Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften seit vielen Jahren mit Membrantechnologie beschäftigt. Medizinisch beraten wurden sie dabei vom Beatmungsspezialisten Dr. Alexander Aloy (Intensivmediziner und Lektor an der TU Wien).

    Wenn die Lunge den Körper nicht mehr mit ausreichend viel Sauerstoff versorgen kann, dann muss sie unterstützt werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten. Im Extremfall muss man intubieren und ein Beatmungsgerät verwenden. In vielen Fällen ist es aber ausreichend, die Funktionsfähigkeit der Lunge zu unterstützen, indem man die Patient_innen mit einem ausreichend starken Luftstrom mit hohem Sauerstoffgehalt versorgt. Genau das lässt sich mit einem relativ einfachen Konzept erreichen.

    „Die meisten Komponenten unseres Geräts findet man in einem ganz gewöhnlichen Baumarkt“, sagt Margit Gföhler. Nötig ist ein ölfreier Kompressor, ein Luftfilter, die Verrohrung und ein Behälter zum Befeuchten der Luft – und ein Modul mit einer Spezialmembran zum Erhöhen des Sauerstoffanteils. „Diese Membran ist der einzige nicht ganz alltägliche Bauteil – aber auch diese Membranen sind in der Industrie heute nichts Ungewöhnliches, sie sind kommerziell erhältlich und in ausreichender Menge verfügbar“, ist Michael Harasek überzeugt.

    Membrantechnologie: Sauerstoff von Stickstoff trennen

    Harasek arbeitet schon lange an Membrantechnologien zum Trennen von Gasen: „Normalerweise leitet man Luft durch eine solche Membran, um Stickstoff zu gewinnen und den Sauerstoff abzuscheiden. Das ist eine schon lange bekannte Technik. Wir müssen dieses Prinzip hier einfach nur umkehren: Wir verwenden nicht den Stickstoff, sondern den angereicherten Sauerstoff.“ Man erreicht so eine Sauerstoffkonzentration von ca. 40 %. Die Luft wird dann temperiert und befeuchtet und mit erhöhtem Druck über zwei Silikonschläuche oder einer Atemmaske in die Nase des Patienten oder der Patientin geleitet. Ein einziger Kompressor kann sauerstoffangereicherte Atemluft für mehrere kranke Personen liefern.

    Ein entscheidender Vorteil des Geräts ist, dass es ohne Sauerstoffflaschen auskommt – der Sauerstoff kommt einfach aus der Umgebungsluft. „Das ist wichtig, weil es für das Krankenhauspersonal sehr schwierig ist, immer im Auge zu behalten, welche Sauerstoffflaschen getauscht werden müssen. Und auch die Versorgung mit einer ausreichenden Zahl an Sauerstoffflaschen kann schwierig werden“, sagt Michael Harasek.

    „Wir sind bereits mit Firmen im Gespräch, die sich für diese Technik interessieren“, sagt Margit Gföhler. „Aus unserer Sicht ist es technisch jedenfalls möglich, solche Geräte in kurzer Zeit in Betrieb zu nehmen, falls es nötig sein sollte und die derzeit in den Krankenhäusern verfügbaren Technologien nicht mehr ausreichen.“
    Das Gerät ist zwar neu, aber der Effekt, den es leistet, ist eine medizinisch anerkannte Maßnahme: „Wir wissen, dass die Gabe von mit Sauerstoff angereicherter Luft bei COVID-19-Kranken mit Atemproblemen sehr hilfreich sein kann“, sagt Univ.Doz. Dr. Alexander Aloy.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Michael Harasek
    Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften
    Technische Universität Wien
    Getreidemarkt 9, 1060 Wien
    T +43-1-58801-166202
    biofluidslab@tuwien.ac.at
    michael.harasek@tuwien.ac.at

    Prof. Margit Gföhler
    Institut für Konstruktionswissenschaften und Produktentwicklung
    Technische Universität Wien
    Getreidemarkt 9, 1060 Wien
    T +43-1-58801-30615
    biofluidslab@tuwien.ac.at
    margit.gfoehler@tuwien.ac.at

    Univ.Lektor Dr. med Alexander Aloy
    Institut für Strömungsmechanik und Wärmeübertragung
    alexander.aloy@tuwien.ac.at


    Weitere Informationen:

    https://biofluidslab.tuwien.ac.at Nähere Informationen und weiterführende Literatur


    Bilder

    Ein ölfreier Kompressor (grau), Umgebungsluft (dunkelblau), Membraneinheit (gelb), Befeuchtung und Erwärmung (lila), Stickstoff (rot), bis zu 40 % Sauerstoff angereicherte Luft (hellblau)
    Ein ölfreier Kompressor (grau), Umgebungsluft (dunkelblau), Membraneinheit (gelb), Befeuchtung und E ...
    TU Wien
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Maschinenbau, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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