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29.01.2004 10:50

Selig sind die Armen, denn ihrer ist das Himmelreich

Dr. Annette Trabold Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Deutsche Sprache

    Kleine Wörter mit großer Wirkung:
    Forschergruppe vom Institut für Deutsche Sprache veröffentlicht "Handbuch der deutschen Konnektoren"

    Selig sind die Armen, denn ihrer ist das Himmelreich

    Forschergruppe vom Institut für Deutsche Sprache veröffentlicht "Handbuch der deutschen Konnektoren"

    Von der Bibel bis zur Zeitung: Wer große Worte machen will, kommt ohne die kleinen Wörter nicht aus. Allerdings können die kleinen Wörter einen Text auch völlig sinnentstellen, wenn sie falsch gebraucht werden. Dies zeigt folgender Beleg aus einer großen deutschen Tageszeitung: "Der Architekt war erst wenige Tage zuvor aus der Psychiatrie entlassen worden, weil er gedroht hatte, US-Präsident Clinton zu enthaupten."

    Das Institut für Deutsche Sprache hat nun ein Handbuch erstellt, das 300 solcher "kleinen Wörter" (fachsprachlich Konnektoren genannt) der deutschen Gegenwartssprache untersucht. Konnektoren haben die Aufgabe, Sätze miteinander zu verknüpfen. Dazu gehören Konjunktionen und bestimmte Adverbien und Partikeln, wie zum Beispiel "und, als, wenn, weil, obwohl, teils - teils, außerdem" usw. Viele von ihnen werden täglich in der gesprochenen und geschriebenen Sprache verwendet. Anderen begegnen wir vor allem in literarischen Texten und im Feuilleton, etwa "alldieweil" ("Pegasus, du alter Renner, / Trag mich mal nach Afrika, / Alldieweil so schwarze Männer / Und so bunte Vögel da") oder "sintemal(en)" ("Suche nie, wo dies geschehen, / Widersprechend vorzugehen, / Sintemalen im Gemüt / Schon die höchste Macht entschied"). Ein Meister des Konnektorengebrauchs in der deutschen Literatur ist Wilhelm Busch, von dem diese beiden Zitate stammen. Bei ihm findet sich sogar ein ganzer Vers, der nur aus Konnektoren besteht: "Und Franz war wirklich angenehm, teils dieserhalb, teils außerdem." Diesen Vers hat sich die IDS-Forschergruppe daher auch zum Wahlspruch gemacht.

    Der jetzt vorliegende erste Teil des Konnektoren-Handbuches gibt Auskunft über alle Aspekte der Konnektoren-Grammatik. Dazu gehört zum Beispiel die Frage, an welchen Stellen im Satz Konnektoren stehen können bzw. müssen. Die typischste Stelle ist die "Scharnierstelle" zwischen den verknüpften Sätzen wie "denn" in dem Bibelspruch "Selig sind die Armen, denn ihrer ist das Himmelreich." Aber Konnektoren können auch andere Positionen im Satz einnehmen wie "denn" in den Sprichwörtern "Der Egel lässt nicht ab, er sei denn Blutes voll" oder "Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn." Mit den unterschiedlichen Positionen können Unterschiede in der Bedeutung verbunden sein.
    Konnektoren leisten einen wichtigen Beitrag zur sogenannten Kohärenz, zum inneren Zusammenhalt eines Textes. Texte, in denen Konnektoren fehlen, wirken unzusammenhängend; Texte, in denen sie falsch gebraucht sind, wirken widersinnig. Um sich verständlich und wirkungsvoll ausdrücken zu können, muss ein Autor die Konnektoren kennen und wissen, wie man sie benutzt. Deshalb sind sie auch fester Bestandteil im Sprachunterricht an den Schulen. Leider handelt es sich aber um ein Gebiet, über das die Sprachwissenschaft bis heute noch viel zu wenig weiß. Lange Zeit schenkten die Grammatiker gerade den kleinen Wörtern in der Sprache nur wenig Aufmerksamkeit. So enthalten die gängigen Darstellungen der deutschen Grammatik, vor allem die Schulgrammatiken, nur sehr oberflächliche, teilweise widersprüchliche und sogar falsche Informationen über Konnektoren und ihren Gebrauch. Das Handbuch der Konnektoren ist deshalb ein wichtiger wissenschaftlicher Beitrag zur Aufklärung dieses Gebietes.

    Nach dem Erscheinen des ersten Teils widmet sich die Forschergruppe am Institut für Deutsche Sprache nun der Bedeutung der Satzverknüpfer. Der zweite Teil des Handbuchs soll für jeden der 300 Konnektoren dessen Grundbedeutung beschreiben und genau erklären, wie sich in unterschiedlichen Verwendungsweisen die Feinheiten der Bedeutung verändern können. Hierzu wurden in den letzten Monaten an dem Mannheimer Institut bereits zwei Fachkolloquien mit Experten aus dem In- und Ausland veranstaltet.

    Literatur:
    Schriften des Instituts für Deutsche Sprache
    Herausgegeben von Ludwig M. Eichinger und Hans-Werner Eroms.
    Band 9:
    Pasch, Renate / Brauße, Ursula / Breindl, Eva / Waßner, Ulrich Hermann:
    Handbuch der deutschen Konnektoren. Linguistische Grundlagen der Beschreibung und syntaktische Merkmale der deutschen Satzverknüpfer(Konjunktionen,Satzadverbien und Partikeln). XXIII/800 S. - Berlin / New York: de Gruyter,
    2003.
    ISBN: 3-11-017459-6, Preis: 178,00 EUR


    Weitere Informationen:

    http://www.ids-mannheim.de/gra/konnektoren


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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