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10.06.2021 09:55

Kinder mit Diabetes Typ 1: Langzeitschäden von Anfang an durch spezialisierte Begleitung vermeiden

Dr. Adelheid Liebendörfer Pressestelle
Deutsche Diabetes Gesellschaft

    Gemeinsame Online-Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am 16. Juni 2021, 11.00 bis 12.00 Uhr

    Autoimmunerkrankung Diabetes Typ 1: immer mehr Kinder erkranken
    Langzeitschäden von Anfang an durch spezialisierte Begleitung vermeiden

    Die Diagnose „Diabetes Typ 1“ im Kinder- und Jugendalter stellt 100 Jahre nach der Entdeckung des Insulins längst kein Todesurteil für die Betroffenen mehr dar. Im Gegenteil: Ein normales Aufwachsen als „Gleiche unter Gleichen“ mit Besuch von Kindertagesstätte (KiTa), Schule, Sport und Freundinnen und Freunden ist heute möglich. Voraussetzung dafür ist – je jünger die Patientinnen und Patienten, desto mehr – ein umfassendes Behandlungskonzept. Dazu gehören etwa Unterstützung bei der Insulintherapie und Kontrolle der Stoffwechsellage in der Schule oder KiTa durch geschulte Teams sowie, bei Bedarf, psychosozialer Beistand. Denn das Management der Autoimmunerkrankung ist komplex. Es fordert den Betroffenen große Eigenverantwortung, Selbstdisziplin und seelische Widerstandskraft, die sogenannte Resilienz, ab. Auf der gemeinsamen Online-Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am Mittwoch, den 16. Juni 2021 um 11.00 Uhr, erläutern Expertinnen und Experten, wie ein normales Aufwachsen gelingen kann und welche Hilfsmittel etwa bei der Insulintherapie heute zur Verfügung stehen. Außerdem zeigen sie auf, wo noch Handlungsbedarf besteht.

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    Typ-1-Diabetes ist die häufigste Stoffwechselerkrankung im Kindesalter. Nach aktuellen Schätzungen leben in Deutschland 30 000 bis 32 000 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 19 Jahren mit der autoimmun bedingten Erkrankung (1). Die Erkrankungsrate steigt jedes Jahr um drei bis vier Prozent, besonders kleine Kinder sind von dem Zuwachs betroffen. „Woran das liegt, wissen wir nicht“, sagt Professor Dr. med. Andreas Neu, Präsident der DDG und Kommissarischer Ärztlicher Direktor der Abteilung Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie an der Kinderklinik Tübingen. „Es gibt zwar Antikörper und andere Marker, die eine Vorhersage und Risikoabschätzung hinsichtlich der Diabetesentstehung erlauben, bislang fehlen jedoch wirkungsvolle Strategien, die einen Ausbruch der Erkrankung verhindern könnten.“

    Manchmal ist der Auslöser ein Infekt, in anderen Fällen findet sich keine bestimmte Ursache, wenn ein bisher gesundes Kind oder Jugendlicher plötzlich an Diabetes Typ 1 erkrankt. Da der Körper bei der Autoimmunerkrankung kein oder nicht mehr ausreichend Insulin herstellen kann, müssen die Betroffenen das lebenswichtige zuckerregulierende Hormon mehrmals am Tag selbst zuführen. Dies geschieht entweder durch Spritzen, Insulinpens oder über eine Insulinpumpe, die am Körper angebracht ist. Dabei gilt es, die Insulindosis an die jeweilige Situation wie etwa Nahrungsaufnahme, Sport oder auch einen fieberhaften Infekt anzupassen.

    „Nur mit einem umfassenden Behandlungskonzept können wir gewährleisten, dass unsere jungen Patientinnen und Patienten primär als Kinder und Jugendliche gesehen werden und erst in zweiter Linie als Menschen mit einem Diabetes“, sagt Neu, Leiter der Behandlungseinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus vom Universitätsklinikum Tübingen. Ansonsten sei die Inklusion von Kindern mit Diabetes gefährdet (2). Hinzu komme: Unzureichend behandelt kann ein Typ-1-Diabetes schwere Folgeerkrankungen nach sich ziehen. „Es sind die gleichen, die man auch von der Volkskrankheit Diabetes Typ 2 kennt“, so Neu: „Der Zucker greift mit der Zeit Augen, Nieren, Gefäße und Nerven an. Im schlimmsten Fall treten später Blindheit und Herzinfarkt auf, auch Amputationen und Dialyse können notwendig werden“, sagt er. „Gerade wegen der langen Lebensdauer, die unsere jungen Patienten noch vor sich haben, ist es entscheidend, von Anfang an eine gute Behandlung zu ermöglichen. Nur sie gewährleistet stabile Blutzuckerspiegel und damit den Schutz der gefährdeten Organe und Gewebe.“

    „Eine Verbesserung der Stoffwechsellage unserer jungen Patienten in den letzten 20 Jahren ist eindeutig nachweisbar“, sagt Neu. „Dennoch sind wir weit davon entfernt, die Therapieziele, die unsere internationale Fachgesellschaft, die International Society for Pediatric and Adolescent Diabetes (ISPAD), vorgibt, in der Breite zu erreichen.“ Nach wie vor zeigen einzelne Patientengruppen eine deutliche Verschlechterung der Stoffwechseleinstellung während der Pubertät. Immer wieder lehnen Schulen und KiTas Kinder mit Diabetes ab. Ebenso sei der Einsatz moderner Pumpentherapien mit integrierter kontinuierlicher Glukosemessung keineswegs flächendeckend. Dabei zeigen Studien einen klaren Vorteil einer Langzeittherapie per Insulinpumpen gegenüber Spritzen (3). Neu kritisiert: „Wegen der vermeintlich höheren Kosten muss bei älteren Kindern in der Regel erst ein Scheitern der Injektionstherapie belegt werden. Das kann nicht sein.“ Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Mediensprecher der DDG, fasst zusammen: „Inklusion und ein langes, möglichst gesundes Leben sind unsere Behandlungsziele.“

    Diabetes Typ 1 und 2 von Kindern und seine Besonderheiten sind eines der Themen auf der Online-Pressekonferenz der DDG und DGE am 16. Juni 2021.

    Literatur:
    (1) Neu A.: Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Kindes- und Jugendalter, Diabetologie und Stoffwechsel 15, 2020. DOI: 10.1055/a-1193-3781

    (2) Heinrich-Rohr M.: Unzureichende Versorgung gefährdet Inklusion von Kindern mit Diabetes mellitus Typ 1, 2019 Diabetologie und Stoffwechsel 14 (05): 380-387. DOI: 10.1055/a-0970-8886

    (3) Clemens Kamrath, Sascha R. Tittel, Thomas M. Kapellen, Thekla von dem Berge, Bettina Heidtmann, Katrin Nagl, Ulrike Menzel, Simone Pötzsch, Katja Konrad, Reinhard W. Holl: Early versus delayed insulin pump therapy in children with newly diagnosed type 1 diabetes: results from the multicentre, prospective diabetes follow-up DPV registry, Lancet Child Adolesc Health. 2021 Jan;5(1):17-2

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    Einladung: Gemeinsame Online-Pressekonferenz der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)

    Termin: Mittwoch, 16. Juni 2021, 11.00 bis 12.00 Uhr
    Link zur Veranstaltung: https://attendee.gotowebinar.com/register/8110770038371833360

    Programm:
    Reizthema Cortison - Wundermittel oder Teufelszeug? Aktuelle Sicht eines Endokrinologen
    Professor Dr. med. Stephan Petersenn
    Zukünftiger Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie e.V. (DGE) (ab 1.7.2021), ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg

    Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS) – die häufigste Hormonstörung fruchtbarer Frauen: Wie sieht die optimale Behandlung aus?
    PD. Dr. med. Susanne Reger-Tan
    Oberärztin an der Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel Diabeteszentrum Diabetologikum DDG, Zentrallabor - Forschung und Lehre Universitätsklinikum Essen

    Prädiabetes: Die Risiken sind unterschiedlich verteilt - Gezielte Typ 2 Diabetes-Prävention anhand der Einteilung in sechs Subtypen
    Professor Dr. med. Robert Wagner
    Leiter der Endokrinologischen Ambulanz am Universitätsklinikum Tübingen

    100 Jahre Insulin: Diabetes Typ 1 im Kindes- und Jugendalter - Was wichtig ist für eine normale Entwicklung
    Professor Dr. med. Andreas Neu
    Präsident der Deutschen Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Kommissarischer Ärztlicher Direktor der Abteilung Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie und Sozialpädiatrie an der Kinderklinik Tübingen, Leiter der Behandlungseinrichtung für Kinder und Jugendliche mit Diabetes mellitus

    Moderation: Dr. Adelheid Liebendörfer, Pressestelle DDG/DGE

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    Kontakt:
    Dr. Adelheid Liebendörfer/Michaela Richter
    Pressestelle
    Postfach 30 11 20
    70451 Stuttgart
    Tel.: 0711 8931-173/-516
    Fax: 0711 8931-167
    liebendoerfer@medizinkommunikation.org
    richter@medizinkommunikation.org
    http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
    http://www.endokrinologie.net
    ________________________________________________________

    Über die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG):
    Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit mehr als 9200 Mitgliedern eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der rund sieben Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.
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    Über die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE):
    Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie e. V. ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft im Bereich der Hormon- und Stoffwechselerkrankungen. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken „endokrin“ ausgeschüttet, das heißt nach „innen“ in das Blut abgegeben. Im Unterschied dazu geben „exokrine“ Drüsen wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach „außen“ ab.
    Hauptaufgabe der DGE ist die Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Endokrinologie – im Bereich der Grundlagenforschung ebenso wie im Bereich der klinischen Forschung. Sie vergibt mehrere Auszeichnungen und Stipendien an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die auf diesem Gebiet herausragende Erfolge vorweisen können.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Pressetermine
    Deutsch


     

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